Warum sind Motorräder so ineffizient?

Sollten Motorräder nicht viel sparsamer fahren als Autos, fragen Leser immer wieder. Die Antworten darauf sind nur oberflächlich banal.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 716 Kommentare lesen

(Bild: Clemens Gleich)

Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Warum verbraucht ein aktueller VW Golf 1.0 eTSI 6 Liter und eine KTM 1290 Super Duke auch, obwohl sie viel weniger wiegt? Sie können diese Frage mit beliebigen Modellen und Antriebsarten umformulieren. Die Zahlen verschieben sich, die Frage bleibt bestehen: Müssten Motorräder nicht deutlich weniger verbrauchen? Und: Warum tun sie das nicht? Aus Gründen der Tradition verwendet dieser Text die Einheit "PS", um sie in Relation zu Masse (in kg) zu setzen, weil sich "kW pro kg" einfach noch nicht als Vorstellung durchgesetzt hat.

Der V-Motor der KTM 1290 Super Duke R liegt so weit von einem Golf-Motor entfernt, wie es ein Benzinmotor nur sein kann.

(Bild: KTM)

Der banalste Aspekt ist der der Auslegung. Ein Motorrad in Europa wird nicht auf Fortbewegung optimiert, sondern auf seinen primären Einsatzzweck, den Spaß. Das Segment heißt "Powersports". Der realistischere Vergleich wäre also das Motorrad mit einem Sportauto. Die KTM Super Duke MJ 2018 wiegt 218 kg vollgetankt und leistet 130 kW (177 PS). Setzen wir noch 80 kg Fahrer drauf, liegt das Leistungsgewicht bei knapp 1,7 kg pro PS. Der Golf wiegt mit DIN-Fahrer (75 kg), fast vollem Tank (DIN: 90 Prozent) und Automatikgetriebe 1365 kg. Ein Auto dieser Masse müsste für dasselbe Leistungsgewicht etwas über 800 PS leisten, um Parität beim Leistungsgewicht zu erreichen. Sie können ja einmal auf Spritmonitor durchblättern, was Autos in der Gegend 800 PS/1300 kg verbrauchen. Spoiler: Es sind mehr als 6 Liter.

Woran wiederum liegt das? An vielem. Ein Ingenieur mit der Aufgabe "Leistungsmotor" baut anders als einer mit der Aufgabe "Effizienzmotor". Aktuelle Effizienz-Pkw-Motoren zeigen ihren Sweet Spot typischerweise bei 80 Prozent Drosselklappenöffnung, niedrigen Drehzahlen und hohem Drehmoment. In diesem Bereich sind die Drossel- und Reibungsverluste am geringsten. Natürlich verliert ein Leistungsmotor an der Drossel ebenfalls Effizienz, sodass es auch dort das Paradoxon gibt, dass beherzter Gas geben zu erheblichen Verbrauchseinsparungen gegenüber mit geringer Last bei hoher Drehzahl Herumlullern führen kann.

Doch die Reibungsverluste nehmen quadratisch proportional zur Drehzahl zu, der Leistungsmotor wird hier also immer den Kürzeren ziehen. Deshalb senkt der Ingenieur im Effizienzmotor die Drehzahl in den typischen Leistungsprofilen ab, unterstützt vom Automatikgetriebe oder einer langen Gesamtuntersetzung. Der VW-Einliter-Dreizylinder legt seine besten Verbräuche hin, wenn er tief brummt und vibriert. Solche Auslegungen gibt es im Motorradbereich nur sehr selten. Noch seltener akzeptieren die Kunden es.

Der Dreizylinder im VW Golf 1.0 eTSI gefiel mir – im Kontext Auto. Im Motorrad wäre er ein Flop.

(Bild: Clemens Gleich)

Honda etwa hat in der NC-Reihe in einem halbierten Motorblock des Kleinwagens Honda Civic einen guten Kompromiss zwischen Motorrädrigkeit und sparsamen Verbräuchen gefunden, der zur Positionierung der Reihe passt. Triumph bietet in der Street Twin (Test) einen Drehmomentmotor an, an dem zur Erscheinung alle herummäkelten, weil er bei 900 cm3 Hubraum nur 65 PS Nennleistung liefert. Triumph druckste im Vorfeld der ersten Vorstellung mit der Nennleistungsnennung herum, weil die Ingenieure wussten, dass sie mit diesem Wert keine Sympathien erwarten durften. Die meisten Motorradschreiber gaben ihnen auch keine.

Doch wer auf der Street Twin kleine Landstraßen entlang surft, immer im Sweet Spot des Motors unten Mitte, der vermisst nicht viel und reibt sich an der Tankstelle die Augen: um die 3 l / 100 km sind problemlos beschwingt drin. Ich habe die Werte dieses Motors nicht ernst genommen, aber nachdem ich ihn dennoch einmal zufällig fuhr: Er ist toll, er generiert auf dem Konzept viel Freude und wenig Kosten.

Honda NC 750 X: milder Tallrounder mit interessantem, flach liegenden Effizienz-Zweizylinder. Häufigstes Erlebnis von Erstfahrern: "Huch, Drehzahlbegrenzer!"

(Bild: Honda)

Solche Motoren sind jedoch Ausnahmen in Nischen. Die meisten Motorradmotorentwickler legen das maximale Drehmoment weit nach oben, sodass a) eine hohe Nennleistung herauskommt und b) das Ganze sportlich fährt. Ein so optimierter Motor wird jedoch selbst bei niedrigen Drehzahlen unter peinvoll sparsamer Gashand nicht die Werte eines auf Effizienz optimierten Gesellen erreichen. Dazu kommt: Im Motorradbereich sprechen wir praktisch ausschließlich von Benzin-Saugmotoren, weil Aufladung Platz, Gewicht, Aufwand und Geld kostet. Diesel hat praktisch keine Relevanz, Elektro fängt erst langsam in den Führerschein-Segmenten M und A1 an. Die Effizienzsteigerungen der Aufladung fehlen also komplett. Kawasakis Aufladung in den H2-Modellen dient nicht der Effizienzsteigerung.

Der Kompressor schaufelt bei Topspeed so viel Luft in die Airbox, dass die Einspritzanlage über 30 l/100 km Benzin pumpt. In unter 20 Minuten wäre der 19-Liter-Tank leer, gäbe es Strecken, Fahrer und Hinterreifen, die das aushalten. Beim Herumbummeln braucht der H2-Motor gern das Doppelte von Motoren, die bei derselben Leistungsabgabe dasselbe Tempo mitfahren. Das zum Thema "Kompressorauslegungen und Effizienz".

Aufladung im Autobereich bedeutet meistens: Größe runter, Effizienz hoch. Im Motorradbereich gibt es nur einen aufgeladenen Serienmotor, und der lädt ganz klassisch deshalb auf, weil mehr Leistung mehr Leistung ist. Im Bild die Kawasaki Ninja H2, von der Kawa mittlerweile einige weitere Exoten abgeleitet hat.

(Bild: Kawasaki)

Die Konzentration auf sportliche Sauger-Ottomotoren geht dann Hand in Hand mit der Nutzung: Die Fahrer geben gern und viel Gas, was viel Energie kostet. Im Golf 1.0 kannst du gern und viel Gas geben und trotzdem effizienter fahren, weil der einfach nicht stark beschleunigen kann.

Mein wahlloses Eingangsbeispiel mit der Super Duke ist da nicht einmal besonders extrem. Aktuelle Superbikes haben (ohne Fahrer) mehr PS als kg – mit Saugmotoren! Blättern Sie ruhig weiter in Ihrem Autokatalog, was in solchen Sphären überhaupt noch vierrädrig existiert. Notieren Sie den Preis. Notieren Sie den Verbrauch. Schauen Sie dann auf z. B. eine Honda Fireblade. So rückständig schaut sie plötzlich nicht mehr aus.

Dasselbe Bild in elektrisch: Eine Zero SR/S verbrauchte im Test 9 bis 12 kWh/100 km brutto. Ein vergleichbar getretenes Auto nimmt dabei 30 bis 40 kWh, meist ohne vergleichbare Beschleunigungen zu erreichen. Die SR/S erreicht ihre Wheelie-Grenze (ungleich: Leistungsgrenze) bei 3,3 s von 0 auf 100 km/h. Wer aus dem Stand schneller sein will, braucht einen Porsche Taycan Turbo aufwärts, in dem er feststellen wird, dass bei Beschleunigungen mit Start oberhalb 0 km/h die Zero ihm dennoch oft wegfährt, aus Gründen der Masse.

Beschleunigt voll geladen wie ein Superbike: Zero SR/S. Verbrauch dabei: 9 bis 12 kWh / 100 km. Autos verbrauchen bei vergleichbarem Einsatz das Drei- bis Vierfache, meist ohne die Beschleunigung der Zero zu erreichen.

(Bild: Clemens Gleich)

Schließen wir diesen Abschnitt mit einem Umstand, der nicht überall bekannt ist: Klebrigere Reifen sind klebriger, sie erhöhen also den Fahrwiderstand und somit den Verbrauch. Betrachten Sie nun die typischen Gummimischungen auf Motorrädern und Autos. Ich würde übrigens niemandem raten, auf einer Zero SR/S oder SR/F oder einer Harley Livewire (Test) oder einer Energica Ego auf holzigen Energiesparreifen auszurücken.

Dieser Exkurs soll uns nicht vom Fakt ablenken, dass Motorräder tatsächlich Tank-to-Wheel weniger effizient sind als Autos, selbst bei solchen faireren Vergleichen. Das gilt für batterieelektrische Motorräder genauso. Die Reihe Batterie-Wandler-Motor-Getriebe-Hinterrad arbeitet im E-Motorrad ineffizienter als im E-Auto. Ein für alle Antriebsarten wichtiger Aspekt über 60 km/h, wenn der Luftwiderstand den Rollwiderstand übersteigt: Aerodynamik. Die zerklüftete Struktur eines Kraftrads mit sich frei drehenden Rädern ist toll für die Kühlung, aber ein Albtraum in Sachen Strömung – und das, noch bevor sich ein unförmiger Mensch in weiter Textilkombi draufsetzt.

Um dennoch hohe Endgeschwindigkeiten zu erreichen, setzen Sportmotorräder auf eine kleine Stirnfläche (denn der Gesamtwiderstand berechnet sich aus cW mal Stirnfläche), Vollverkleidung und eine "liegende" Fahrerposition auf den Rennstreckengeraden oder der Autobahn. Sie kennen das Rekordfahrtbild von Rollie Free auf der Vincent wahrscheinlich, sonst können Sie es anhand der Worte dieses Satzes in Google auffinden. Für Nichtsportmotorradfahrer: Haben Sie schon einmal diese Kuhle im Tank eines Sportlers betrachtet? Da muss das Kinnteil des Helms rein für eine "liegende" Position.

Derart intim an die Maschine gekuschelt liegt der kombinierte cW-Wert Maschine-Fahrer im Windkanal gemessen (siehe Fachzeitschrift Motorrad im Jahr 2000) bei knapp unter 0,5 (in Lederkombi, nicht mit flatterndem Polyester). Der VW Golf 7 kommt auf unter 0,3, wie die meisten modernen Autos. Selbst ein VW Tiguan kommt nur auf 0,32. Die Unterschiede hier liegen in den Stirnflächen. Sehen wir daher auf die Gesamtwindwiderstände cWA (cW Mal Stirnfläche A). Die Motorrad maß 2000 cWA-Werte zwischen 0,33 und 0,36 für eine Reihe von damaligen Sportmotorrädern, weil die (mit liegendem Fahrer) Stirnflächen von unter 0,7 qm hatten (die Breite des Messfahrers gab die Redaktion damals nicht an).

Der VW Golf 7 mit 2,2 qm Stirnfläche kommt auf einen cWA-Wert von 0,64. Das elektrische Rekordversuchsmotorrad WMC250EV kommt mit einem Lufttunnel in der Mitte auf einen cWA von 0,12 inklusive liegendem Fahrer. Der Erbauer White Motorcycle Concepts zeigt damit, dass sich für entsprechend flache Antriebskonzepte noch weitere Optimierungen finden ließen, die über stirnflächenverkleinernde Tieferlegung (betrachten Sie andere Rekordmotorräder) hinausgehen.

WMC250EV (5 Bilder)

Herr White und Team konstruierten kürzlich dieses sehr aufsehenerregende Rekordversuchsfahrzeug mit einem Lufttunnel.
(Bild: White Motorcycle Concepts)

Wir sehen hier ein Bild, das sich durch den ganzen Artikel ziehen wird: Das Motorrad ist bauartbedingt weniger effizient, überkompensiert das jedoch durch seine Wenigerkeit, in diesem Fall: weniger Stirnfläche überkompensiert eine deutlich schlechtere Aerodynamik. Gegenbeispiel: Der BMW iX glänzt auf dem Bildschirm mit einem cW-Wert von 0,25, zuzzelt jedoch dank seiner Stirnfläche von 2,82 m2 auf der Autobahn dennoch Strom wie ein Fachwerkhaus voller Nachtspeicheröfen. Die Beispiele decken sich mit unserer Realität, in der größer meistens effizienter bedeutet und kleiner dennoch sparsamer ist, nur (Thema dieses Textes) eben nicht größenlinear sparsamer.

Soweit zu den Banalitäten, die Sie sich vielleicht bereits gedacht haben. Kommen wir folgend zu den Details, die weniger banal und deshalb (hoffentlich) weniger bekannt sind. Seit in Italien im Jahr 2000 die Roller-Helmpflicht kam, gibt es in Europa keinen dominanten Zweiradverkehr mehr, sondern die Vierradler dominieren. Das Kraftrad wurde zur Nische oder zum Hobby. Werfen wir für die folgenden Betrachtungen also einen Blick auf Indien, wo Zwei- und Dreiräder einen wesentlich größeren Teil des Verkehrs ausmachen als bei uns.

Die Automobile Research Association of India (ARAI) untersuchte im Jahr 2016 die Effizienzen eines kleinen SUV, eines 125-cm3-Rollers und eines 125-cm3-Motorrads. 100 bis 150 cm3 sind typische Hubraumgrößen in Indiens motorisierten Zweirädern. Die Fahrzeuge fuhren den Modified Indian Drive Cycle (MIDC), eine auf Indien modifizierte Ableitung des NEFZ und einen auf Indien modifizierten World Motorcycle Test Cycle (WMTC). Die gemessenen Gesamteffizienzen (Tank to Wheel) entsprachen dabei ziemlich genau den aus der Rechnung erwarteten Werten: 24 Prozent für das Auto, 9 Prozent für den Roller, 12 Prozent für das Motorrad.

Wieso schaut die Suzuki GSX-R 125 so schmächtig aus? Weil Suzuki die Jahresproduktion für Europa in ein paar Tagen baut und den Rest des Jahres die Millionen für Asien. Asiatische Bedürfnisse trumpfen daher: klein, schmale, leichte Räder, wenig Gummi, wenig Gewicht, also: wenig Kosten.

(Bild: Suzuki)

Ein Teil des Unterschieds geht auf die Motoren zurück, denn offene, kleine, günstige Motoren lassen sich schwieriger optimieren als ein Automotor mit Start/Stopp und variabler Ventilsteuerung (sehr selten bei Motorrädern, und dann eher rudimentär). Alles, was zu Anfang dieses Textes steht eben. Das Ergebnis überrascht daher kaum. Auto: 26 Prozent, Roller: 14 Prozent, Motorrad: 15 Prozent. Hier spielt obendrein hinein, dass Zweiradgetriebe auf Preis (Asien) oder Fahrspaß (Europa) optimiert werden, statt darauf, den Motor möglichst oft in seinem Sweet Spot zu betreiben (Auto).

Wo geht die restliche Energie beim Zweirad verloren? Im Antriebsstrang. Rollerhersteller bauen aus Kostengründen meistens ein stufenloses Getriebe mit einem Gummiriemen ein. Die Effizienz dieser Konstruktion im Test: 65 Prozent. Das ist für ein Getriebe sehr schlecht. Gummi-Riemenscheibengetriebe performen in Bereichen niedriger Last unterirdisch, was sich auf ihre Gesamteffizienz niederschlägt. Die ARAI schlägt daher vor, effizientere stufenlose Wälzkörpergetriebe einzusetzen, Konstruktionen wie Torotrak, Nissan Extroid CVT, Mazaro RVT oder das DFTV der kraftvoll benannten Firma "Ultimate Transmissions". Diese sollen Effizienzen von bis über 95 Prozent erreichen – ohne Teillastprobleme.

Sequenzielles Sechsganggetriebe, hier aus der KTM 1290 Super Duke. Es muss sich (wie die meisten Motorradgetriebe) das Öl mit Motor und Nasskupplung teilen.

(Bild: KTM)

Doch warum ist das sequenzielle Schaltgetriebe des 125er-Motorrads (83 Prozent Effizienz) schlechter als das Autogetriebe (90 Prozent)? Nun, die Zahnräder sind ineffizienter, die Panschverluste im kleinen Getriebegehäuse höher, verschärft durch die höheren Drehzahlen. Motorradgetriebe werden zudem mit Motoröl geschmiert, das sie sich zusätzlich mit der Nasskupplung teilen. Leichtlauf-Additive wie in Autoölen können daher nicht eingesetzt werden, sonst kann die Kupplung unter Last durchrutschen. Dazu kommt der Endantrieb. Der Kardanantrieb mit einer Umlenkung dürfte nahe ans Auto heranreichen mit bis über 90 Prozent. Im Motorradbereich gibt es gelegentlich Kardantriebe mit zwei Umlenkungen in Quermotor-Tourenmotorrädern. Dann liegt die Effizienz zwischen 80 und 90 Prozent.

Eine der ganz wenigen Fortschritte beim Ketten-Endantrieb: Regina HPE, hier an ihrem Debut-Motorrad BMW M 1000 RR. Die Hartbeschichtung soll Schmierung überflüssig machen. Wie Sie sehen, hält die Hartbeschichtung natürlich keinen Dreck ab.

(Bild: Clemens Gleich)

Helmut Bönsch schrieb in seinem Buch "Fortschrittliche Motorradtechnik" von 1985 "durch die unvermeidlich starken Änderungen des Betriebszustandes" beim Kettenantrieb von einer Effizienz von 80 bis 92 Prozent. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Eine gut gefettete Kette gegenüber einer geölten Kette verliert schon 1 bis 3 PS Leistung. Eine schlecht gepflegte Kette entsprechend mehr. Als Alltagsfahrer: Die einzigen real existierenden gut gepflegten Ketten sind die an gelegentlich gefahrenen Sonntagsmaschinen und Rennstreckenmotorrädern. Der Rest ist die meiste Zeit zu verschmockt für eine optimale Effizienz, denn sonst wären wir länger am Kette putzen als am Fahren. Die ARAI könnte außer für Wälzkörpergetriebe also zusätzlich für Kettenöler plädieren.

Bitte schreiben Sie uns, wenn Ihnen weitere, hier nicht diskutierte Aspekte einfallen. Am Ende möchte ich das Bild zurechtrücken: Ja, das Motorrad ist ineffizienter als das Auto. Nein, es ist nicht ressourcenfressender. Im Gegenteil. Da es viel kleiner ist, liegen alle Ressourcenverbräuche bei vergleichbaren Auslegungen auch wesentlich niedriger – nur eben nicht linear niedriger. Im ARAI-Test verbrauchte das Auto 4,5 l/100 km, der Roller 2 l und das Motorrad 1,3 l. Sie erkennen: Die indischen Testzyklen werden in sehr gemächlichem Tempo gefahren. Sie erkennen außerdem, warum die Inder so viel Motorrad fahren: Es ist trotz der Nonlinearität absolut betrachtet viel billiger, von der Anschaffung über den Betrieb bis zum Ersatz.

Auf einer Ducati Panigale auf einer Rennstrecke. Leistbar. Als ich die Preise für Autokunden sah, traten mir die Tränen in die Augen.

(Bild: Ducati)

Zur europäischen Sicht: Eine Honda Fireblade mit drei "R" im Namen und 218 PS auf 201 kg vollgetankt kostet unter 23.000 Euro neu – alles straßenlegal. Ein Motorrad mit dem (Fahrer eingerechnet) Leistungsgewicht eines Porsche 911 GT3 kostet meistens weniger als die Hälfte der Fireblade.

Noch einmal halbiert komme ich auf dem Gebrauchtmarkt an ein gefährlich schnelles Sportmotorrad. Im Betrieb sind alle schönen Dinge von der Alpentour bis hin zum Rennstreckentraining mit Motorrad so viel billiger als mit dem Auto, dass mir schmerzhaft die Augen tränen, wenn ich die Kosten solcher Bonbons für Autofahrer sehe. Diese Metriken ziehen nicht nur junge Menschen zu Motorrädern. Und von den faszinierenden Besonderheiten der Kurvenfahrt habe ich da noch gar nicht angefangen.

Wie könnte es noch besser werden? Ich denke: Indem wir uns auf die Stärken der Wenigerkeit besinnen, statt wie beim Auto Effizienzgewinne durch Masse und Größe zu vernichten. Kleine, leichte und damit in Relation günstige Motorräder erfreuen mit derselben Kurvenfahrdynamik wie die Großen, oft sogar mehr. Da KTM keine Anstalten macht, eine neue zu bauen, werde ich meine 690 Duke R behalten, bis sich in hoffentlich ferner Zukunft ihr unweigerliches Ende in einer Einzylinderrüttelnresonanzkatastrophe einstellt. Die Maschine wiegt unter 160 kg vollgetankt, der Motor leistet 75 PS, sie macht alles von Terminfahrten über Touren bis hin zu Rennstrecke, und wenn ich auf einem adipösen Testmotorrad voll einem Zentner nutzlosem Feature-Geraffel in herrlicher Landschaft unterwegs bin, denke ich mir oft: Ich wäre hier jetzt lieber auf meiner Duke. Dem Weniger die Zukunft!

Mit meiner KTM 690 Duke R auf winterlicher Tour. Weniger Zylinder, weniger Gewicht, weniger breite Reifen, weniger Verbrauch, weniger Schwellenkosten. Ich vermisse auf ihr: nichts. Ich vermisse auf anderen Motorrädern: sie.

(Bild: Clemens Gleich)

(cgl)