Bundestag: Bundesrechnungshof rügt Social-Media-Aktivitäten der Fraktionen
Die Fraktionen im Bundestag verstoßen bei ihrer Online-Öffentlichkeitsarbeit gegen Finanzregeln, hat der Rechnungshof eruiert.
Alle Fraktionen des deutschen Bundestags verstoßen mit ihren Auftritten in Sozialen Netzen gegen finanzielle Vorschriften: Sie bewerben weniger ihre fraktionelle Arbeit als vielmehr ihre politischen Parteien. Das dürfen sie aber nicht. Der Bundesrechnungshof fordert deutlichere Vorschriften und höhere Strafen.
Die Fraktionen im Bundestag erhalten zusammen jährlich 140 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Aus diesen Mitteln finanzieren sie auch ihre Öffentlichkeitsarbeit einschließlich ihrer Auftritte in Sozialen Netzen. Der Bundesrechnungshof hat geprüft, wie die Fraktionen ihre Auftritte auf Facebook, X, Instagram und YouTube unmittelbar vor der letzten Bundestagswahl 2021 genutzt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Fraktionen "überwiegend nicht an die engen gesetzlichen Vorgaben" halten.
Denn mit dem Geld aus dem Steuertopf dürfen die Fraktionen zwar ihre eigene Arbeit bekannt machen, sie dürfen aber keine Werbung für wahlwerbende Parteien treiben. Doch genau das tun sie.
Über 75 Prozent der Postings unzulässig
In der Woche vor der Bundestagswahl 2021 haben die Fraktionen laut Bericht des Bundesrechnungshofs jeweils mit mindestens 75 Prozent ihrer Beiträge in den geprüften Sozialen Netzen gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen. So seien aufgrund Partei- oder Wahlwerbung alle neun Beiträge, die die SPD-Fraktion damals veröffentlicht hat, unzulässig gewesen. Gleiches gilt demnach für 187 von 193 Beiträgen der damaligen Linksfraktion. Bei den Fraktion von CDU/CSU, Grünen, FDP und AfD hat es nicht viel anders ausgesehen.
Die Übeltäter halten die "engen gesetzlichen Vorgaben für nicht praktikabel" und akzeptierten sie daher nicht, meint der Bundestag. "Der Rechtsrahmen für die Nutzung sozialer Medien durch die Fraktionen ist reformbedürftig", schlussfolgern die Prüfer. Die gegenwärtige Rechtslage sei unzureichend und erleichtere die Umgehung des Verbots der verdeckten Parteienfinanzierung. Vor allem im Zusammenhang mit Wahlen könne die Finanzierung der Fraktionen das verfassungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit der Parteien verletzen.
Klar Kanten, schnelle Strafen
Der Appell der Prüfer lautet daher: "Gesetzgeber und Ältestenrat des Deutschen Bundestages sollten die gesetzlichen Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen reformieren und mit untergesetzlichen Normen so präzisieren, dass für alle Akteure verbindlich, klar und zeitgemäß geregelt wird, was erlaubt ist und was nicht." Der Rechnungshof moniert zudem, dass Verstöße nicht geahndet würden und wirksame Sanktionsmechanismen fehlten. Er schlägt daher vor, im Abgeordnetengesetz "eine praktikable und rechtssichere Abgrenzung fraktioneller, nach außen gerichteter Informationsarbeit zu parteibezogenen Inhalten" festzuschreiben. Detailfragen könnten durch Ausführungsbestimmungen des Ältestenrates geklärt werden.
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Mit Blick auf den Sanktionsmechanismus will der Hof die Verwaltung des Parlaments in die Pflicht nehmen. Nur sie könne die zuständige Stelle für "die rechtsverbindliche Prüfung und Bewertung von Maßnahmen der Fraktionen und für Sanktionen ihnen gegenüber" sein. Konkret bringt er etwa "Strafzahlungen mit einer pauschalierten Mindesthöhe" ins Spiel, um Verstöße "unattraktiv" zu machen. Zudem können sich die Kontrolleure eine Löschpflicht für unzulässige Beiträge vorstellen. So solle sichergestellt werden, "dass die Nachteile der Sanktion die Vorteile einer rechtswidrigen Verwendung der Fraktionsmittel überwiegen". Strafen müssten zudem kurzfristig greifen und wirken. Nach einer Wahl blieben sie "überwiegend wirkungslos".
(ds)