DSA-Verstöße: EU-Kommission droht X mit Strafe

Die Kommission hat Elon Musks Kurznachrichtendienst im Visier und untermauert ihre Vorwürfe gegen die Plattform. Bei DSA-Verstößen drohen X hohe Strafen.

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 Smartphone mit dem "X"-Logo auf dem ansonsten dunklen Display liegt auf der Tastatur eines geöffneten Notebooks.

(Bild: sdx15/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission geht aufgrund vorläufiger Untersuchungsergebnisse davon aus, dass der Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) gegen den Digital Services Act (DSA) verstößt und droht mit empfindlichen Strafen. Dabei richtet sich das Augenmerk der EU-Aufseher insbesondere auf den blauen Haken, den zahlende X-Nutzer erhalten. Darüber hinaus wirft die Kommission dem Unternehmen von Elon Musk mangelnde Transparenz bei Werbung und fehlende Unterstützung der Wissenschaft vor.

"Die Kommission hat X heute von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass sie in Bereichen im Zusammenhang mit Dark Patters, Transparenz der Werbung und Datenzugang für Forscher gegen das Gesetz über digitale Dienste verstößt", teilte die EU-Kommission am Freitagmittag in Brüssel mit.

Die EU-Aufseher werfen X vor, dessen Umgang mit dem blauen Haken für "verifizierte Konten" entspreche "nicht der Branchenpraxis" und täusche die Nutzer. "Da jedermann einen solchen 'überprüften' Status abonnieren kann, beeinträchtigt er die Fähigkeit der Nutzer, freie und fundierte Entscheidungen über die Authentizität der Konten und die Inhalte, mit denen sie interagieren, zu treffen", heißt es aus Brüssel.

Dabei steht der blaue Haken nicht mehr für verifizierte Konten. Früher verlieh Twitter einigen überprüften Konten etwa von Prominenten oder Institutionen einen blauen Haken – und damit Glaubwürdigkeit sowie einen gewissen Status ("Blue Checks"). Seit der Übernahme durch Elon Musk steht das Symbol bei X inzwischen für Nutzer, die für den Dienst bezahlen und dadurch einige Zusatzfunktionen nutzen können.

Darüber hinaus bemängelt die Kommission, dass X den Transparenzanforderungen des DSA hinsichtlich der Werbung nicht nachkommt. Das Gesetz zwingt die Plattformen dazu, eine für Nutzer durchsuchbare Datenbank sämtlicher Werbeeinblendungen für ein Jahr vorzuhalten. Die von X bereitgestellte Lösung sei "kein durchsuchbares und zuverlässiges Werbearchiv", sondern sei wegen Zugangsbarrieren "für seine Transparenzzwecke gegenüber den Nutzern ungeeignet". Als dritten Kritikpunkt führt die Kommission den unzureichenden Zugang für Forschungsprojekte an.

Der Digital Services Act verpflichtet große Plattformen wie Facebook oder X, mehr Transparenz über die Moderation der Inhalte und Werbung herzustellen. Im April 2023 hatte die Kommission X als große Plattform ("Very Large Online Platform", VLOP) eingestuft, und damit dem neuen Gesetz unterworfen. Im Dezember hat die Kommission dann offiziell ein Verfahren gegen X eingeleitet. Auch gegen Meta (Facebook und Instagram), AliExpress sowie TikTok hat die EU-Kommission ein Verfahren eingeleitet.

Die Kommission betont, dass eine Entscheidung in dem Verfahren gegen X noch nicht gefallen ist. "X hat nun das Recht auf Verteidigung, aber wenn wir unsere Auffassung bestätigen, werden wir Geldbußen verhängen und erhebliche Änderungen erfordern", sagt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton.

Mit der Übermittlung der vorläufigen Ergebnisse geht das Verfahren in die nächste Phase. X kann nun auf die Vorwürfe reagieren, sie entkräften oder Abhilfemaßnahmen ergreifen. Damit könnte das US-Unternehmen eine mögliche Strafe abwenden. Sollte die Kommission eine Strafe verhängen, kann das Unternehmen dagegen vor Gericht gehen.

Eine Strafe wegen DSA-Verstößen kann bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Zum aktuellen Umsatz von X sind allerdings nur Schätzungen bekannt, seitdem Musk das Unternehmen im Oktober 2022 von der Börse genommen hat. Für das letzte Börsenjahr 2022 stehen rund 4,4 Milliarden US-Dollar Umsatz zu Buche. Unbestätigten Medienberichten zufolge soll der Umsatz 2023 auf 3,4 Milliarden US-Dollar geschrumpft sein – Tendenz weiter fallend.

Update

Am Freitagabend hat sich Elon Musk zu den erneuten Vorwürfen der EU-Kommission geäußert. "Die Europäische Kommission hat X einen illegalen Geheimvertrag angeboten: Wenn wir stillschweigend Meinungsäußerungen zensieren, würden sie uns nicht bestrafen. Die anderen Plattformen haben diesen Deal akzeptiert. X nicht", erklärte Musk auf X. Später schob er noch nach: "Wir freuen uns auf eine sehr öffentliche Auseinandersetzung vor Gericht, damit die Bürger Europas die Wahrheit erfahren."

(vbr)