Die wichtigsten Motorräder 2023 – Teil zwei

Mit einem Querschnitt durch alle Preislagen, Stile und Zwecke bietet die Auswahl für 2023 unter Enduro-, Sport- und Tourenkrädern sogar ein Hightech-Retrobike.

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Ducati Panigale V4 R

Ein besonders arges Eisen ist die Ducati Panigale V4 R. Natürlich finden Sie auch deutlich volkstümlichere Motorräder unter den interessantesten Bikes 2023.

(Bild: Ducati)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Nach dem ersten Teil folgt nun der nächste Schwung interessanter Motorrad-Modelle für 2023. Bei vielen Bikes zeigt sich, dass die Hersteller nicht immer nur mehr Leistung anbieten, sondern den Fokus oft auf verbesserte Fahrwerke, noch aktuellere Elektronik und auf das Feilen an Details legen.

Ein großer Teil der Verkäufe entfällt inzwischen auf die Mittelklasse und so verwundert es nicht, dass die Marken hier ihre Präsenz verstärken. Viele Fahrer sehen offenbar keinen Sinn mehr in immer gewaltigeren Leistungen, zum anderen neigen die Kunden auch zum Sparen. Dennoch wollen die Hersteller nicht ganz auf die Faszination der Bikes mit überbordender Kraft verzichten. Den daraus resultierenden Image-Gewinn sollte man nicht unterschätzen. So beginnt die Aufzählung gleich mit der 210 PS leistenden BMW M 1000 R und umfasst auch die Ducati Panigale V4 R mit 240 PS, doch werden das seltene Anblicke auf den Straßen bleiben.

Die BMW S 1000 R gilt mit 165 PS schon als sehr schnelles Naked Bike, doch die bayerische Marke hat ihre sonst so vornehme Zurückhaltung aufgegeben und schickt die M 1000 R ins Rennen um die Käufergunst.

Es ist nach dem Superbike M 1000 RR das zweite Motorrad, das von der M GmbH entwickelt wurde. Die M 1000 R leistet brachiale 210 PS bei 13.750/min und soll 280 km/h erreichen – ohne Verkleidung heißt es da gut festhalten. Der Motor übernimmt die Shift-Cam-Technologie des Superbikes, was ihm ein kräftiges Drehmoment über fast den gesamten Drehzahlbereich sichert. Die BMW-Ingenieure gaben der M 1000 R auch Winglets wie in der MotoGP mit auf den Weg, die den Anpressdruck erhöhen sollen. Das wird auch bitter nötig sein, denn trotz der Mehrleistung vergrößerten die Entwickler im Vergleich zur Basis-Version das Kettenrad um zwei Zähne und übersetzten die Gänge vier bis sechs kürzer.

Der Hersteller verspricht für das 199 kg leichte Naked Bike eine Beschleunigung von 0 auf 200 km/h in nur 7,5 Sekunden. Logisch, dass BMW die modernsten elektronischen Assistenzsysteme einbaut. Die M 1000 R kostet 22.600 Euro und gegen 5500 Euro Aufpreis gibt es noch das M-Competition-Paket, das auch federleichte Felgen aus Kohlefaserlaminat umfasst.

Mit dem Namen BSA können heute wohl nur noch Oldtimer-Liebhaber etwas anfangen, dabei gehörte die Marke einst zu den größten Motorradherstellern der Welt, ging aber 1973 bankrott. 2016 kaufte der indische Mahindra-Konzern die Markenrechte auf und verkündete, wieder BSA-Motorräder bauen zu wollen.

Ein halbes Jahrhundert nachdem das Werk in England geschlossen wurde, kommt eine neue BSA Gold Star – aus Indien. Sie sieht ihrer historischen Vorgängerin erfreulich ähnlich mit rundlichem Tank, einer großzügig bemessenen Sitzbank, Rundscheinwerfer, hohem Lenker, zwei Feder-Dämpferbeinen an der Schwinge und Drahtspeichenfelgen. Um die Gold Star authentisch wirken zu lassen, blieben die Entwickler – entgegen dem Trend zum Reihenzweizylinder – beim Einzylinder. Ein kleiner Schönheitsfehler für Puristen wird der Wasserkühler sein, aber ohne Flüssigkühlung waren wohl die Emissionsvorgaben nicht einzuhalten.

Dennoch ist der 652 cm3 große Einzylinder mit zwei Nockenwellen, vier Ventilen und Doppelzündung noch hübsch nostalgisch verrippt. Mit 46 PS dürfte die 213 kg schwere Gold Star nicht gerade sportlich zu bewegen sein, doch dafür ist die BSA auch nicht gedacht. In Großbritannien wird die BSA für 6800 Pfund angeboten, umgerechnet rund 8000 Euro. Leider kann BSA noch nicht sagen, wann die Gold Star auch in Deutschland zu haben sein wird.

Der chinesische Hersteller CF Moto ist bereits mit einigen Modellen auf dem europäischen Markt vertreten. Sie überraschen mit ansprechendem Design und akzeptabler Qualität, vor allem aber mit günstigen Preisen.

Der nächste Coup heißt 800 NK (für Naked Bike) und war auf der Eicma noch als Concept-Bike zu sehen, im Dezember hat CF Moto ein Foto des Serienmodells veröffentlicht, wie es 2023 auf den Markt kommen soll. Angetrieben wird sie vom Reihenzweizylinder aus der KTM 790 Duke, denn CF Moto hat eine Partnerschaft mit der österreichischen Marke für deren Vertrieb in China. Das Design der 800 NK ist modern und aggressiv und es ist kein Geheimnis, das KTM-Hausdesigner Kiska an ihr mitgearbeitet hat.

Ein markanter Scheinwerfer mit V-förmigen Tagfahrlicht, ein kompakter Tank und ein knappes Heck sind angesagte Stilelemente. Der am Concept-Bike noch vorhandene Doppelrohrauspuff und die teure Einarmschwinge sind dem Rotstift zum Opfer gefallen. Leistungsmäßig soll es die CF Moto 800 NK auf 100 PS bringen, für die EU wird es noch zusätzlich eine zweite, elektronisch etwas abgespeckte 95-PS-Version geben, um sie auf 48 PS drosseln zu können. Angeblich soll das Naked Bike nur 186 kg wiegen. Über den Preis ist noch nichts bekannt.

Auf die Frage: "Darf es etwas mehr sein?" antworten Ducatisti grundsätzlich mit "ja", wenn es um die Leistung geht. Den Wunsch erfüllt der Hersteller aus Bologna auch 2023 den gern mit der 240 PS leistenden Panigale V4 R. Gilt die Basis-Panigale schon als extrem sportlich, so bildet die R-Version das Homologationsmodell für die Superbike-WM. Deshalb darf sie nur 998 cm3 statt 1103 cm3 Hubraum haben.

Dass sie dennoch mit 218 PS im Straßentrimm mehr Leistung hat als das Schwestermodell (216 PS), liegt unter anderem daran, dass sie ihre Höchstleistung bei 15.500/min statt 13.000/min abgibt. Doch es kommt noch besser: Durch die mitgelieferte Racing-Auspuffanlage steigt die Leistung auf 237 PS bei irrwitzigen 16.500/min und wer das Spezialöl von Shell einfüllt, erreicht laut Ducati dank reduzierter Reibung gar 240 PS.

Dazu bietet die Panigale V4 R edelste Technik wie Pleuel aus Titan, superleichte Kolben und eine Trockenkupplung. Als Federelemente kommen nur feinste Öhlins-Komponenten zum Einsatz und die Elektronik gewährt auch im harten Rennstreckeneinsatz Sicherheit. Ducati gibt als Trockengewicht für die V4 R nur 172 kg an. Dass soviel High Tech nicht billig sein kann, weiß der Ducati-Fan. Er muss 43.990 Euro für die Panigale V4 R berappen.

Auch die Honda Hornet kehrt 2023 zurück. Allerdings verzichtete Honda beim Design auf allzu große Ähnlichkeit mit der vor zwei Jahrzehnten sehr beliebten Vorgängerin, vielmehr passten die Designer die Optik der aktuellen CB 500 F an.

Einen hochgelegten Endschalldämpfer oder einen Reihenvierzylinder suchen die Fans der alten Hornet vergeblich. Dafür kann die CB 750 Hornet mit einem brandneuen 755-cm3-Reihenzweizylinder mit 270 Grad Zündversatz glänzen, der 92 PS bei 9500/min leistet und damit, laut Hersteller, 205 km/h erreicht. Der Brückenrahmen besteht aus Stahl mit angeschweißtem Rahmenheck. Sie bringt 190 kg auf die Waage und dürfte sich mit ihrem Radstand von 1420 mm als sehr agil erweisen. Aus Kostengründen bekam sie eine nicht einstellbare Gabel, das Federbein ist in Vorspannung und Zugstufe einstellbar.

Auf Höhe der Zeit zeigt sich die Hornet mit LED-Licht rundum, TFT-Display und angemessenen elektronischen Assistenzsystemen, die das Fahren sicherer und entspannter machen. Honda hat auch an kleinere Fahrer gedacht und beließ die Sitzhöhe bei 795 mm. Um sicher zu gehen, dass die neue CB[  750 Hornet sich gut verkauft, bietet Honda sie zum Kampfpreis von 7890 Euro an.

An Exklusivität ist die Horex Regina Evo kaum zu schlagen. Bei dem im nostalgischen Retro-Stil gehaltenen Bike besteht der Rahmen, die Schwinge, die Kotflügel, der Lampentopf und die Sattelhalterung aus Kohlefaserlaminat.

Der Horex-Besitzer ist die Firma 3Carbon und bekannt als Karbonteile-Zulieferer der Formel 1. So kommt es, dass die Neuauflage der legendären Horex Regina aus den 1950er Jahren, die ihrer Vorfahrin tatsächlich ähnlich sieht, trocken nur 133 kg wiegen soll. Befeuert wird sie von einem flüssigkeitsgekühlten 600er-Einzylinder mit 48 PS. Wo das Auge auch hinschweift, erblickt es edle Detaillösungen wie das in den Lampentopf eingelassen Instrument oder den Solo-Sattel aus einem Mix aus echtem Leder und 3D-Mesh, der sich auf 790 oder 810 mm Höhe einstellen lässt. Pünktlich zum 100.  Geburtstag der Marke Horex kommt die Regina Evo auf den Markt. Nur über den Preis schweigt sich der Hersteller bislang aus, Fachleute rechnen mit über 30.000 Euro für das exklusive Schmuckstück.

KTM und Gelände sind ein Synonym, unzählige WM-Titel konnte die österreichische Marke bereits erringen. Da muss es umso schmerzhafter gewesen sein, dass sich die Reiseenduro 890 Adventure R in der heiß umkämpften Mittelklasse nicht so gut wie die Konkurrenzmodelle von Yamaha und Honda verkaufte. Für 2023 hat deshalb Design-Guru Kiska noch einmal Hand angelegt. Das dadurch etwas gefälligere Design lässt den länglichen Split-Scheinwerfer nicht mehr einsam in der Gegend stehen, sondern in die Verkleidung übergehen.

Tank und Sitzbank erhielten eine Form, die den Fahrer besser integriert. Tatsächlich wirkt die 890 Adventure R nun gefälliger, was ihre Chancen auf dem Markt erhöhen dürfte. Die Ingenieure überarbeiteten zudem die WP-Xplor-Federelemente auf sensibleres Ansprechen. Mit 240 mm Federweg vorne und hinten scheut die 890 Adventure R auch vor anspruchsvollem Gelände nicht zurück. Das TFT-Instrument wurde neu entwickelt und umfasst moderne elektronische Assistenzsysteme wie zum Beispiel Kurven-ABS. Der Reihenzweizylinder blieb unangetastet und leistet weiterhin muntere 105 PS und 100 Nm Drehmoment. Der Preis der 890 Adventure R wurde von KTM für 2023 auf 15.549 Euro erhöht.

Viele trauern den geländegängigen Einzylinder-Enduros der 1980er und 1990er Jahre hinterher, die dank geringem Gewicht und langen Federwegen noch wirklich offroad-tauglich waren. Doch eine kleine französische Motorradschmiede bringt mit chinesischer Schützenhilfe nun wieder einen solchen Geländeeintopf auf den Markt.

Die Mash X-Ride 650 Trail erinnert optisch wohl nicht zufällig an die Yamaha XT 500, die Urgroßmutter aller Viertakt-Enduros. Ein solider Stahlrahmen bildet das Rückgrat, der Motor stammt von Shineray aus China und ist ein ziemlich exakter Nachbau des Einzylinders der Honda NX 650 Dominator von 1988. Seine 644 cm3 Hubraum stemmen in Euro-5-Norm immerhin noch 40 PS und 50 Nm Drehmoment.

Als Classic mit 17-Zoll-Rädern gibt es sie schon seit zwei Jahren, doch nun baut Mash ihr vorne ein 21-Zoll- und hinten ein 18-Zoll-Rad mit Enduroreifen an und spendierte ihr eine stabile, voll einstellbare 43 mm-Gabel von Fast-Ace, um sich auch im Gelände wacker zu schlagen. Ihr Gewicht von 180 kg mit vollem 12-Liter-Tank ist da schon üppig, aber das kann einen echten Enduristen nicht schrecken. Die Mash soll nur 5999 Euro kosten.

Der indische Hersteller Royal Enfield expandiert auf dem europäischen Markt mit erstaunlichen Zuwächsen. Nach der Meteor 350 schiebt der älteste Motorradhersteller der Welt die Hunter 350 als Retro-Bike im Stil der 1970er Jahre hinterher: Ein rundlicher Tank, eine gut gepolsterte Sitzbank, ein Rundscheinwerfer, eine Telegabel mit Faltenbälgen und zwei Federbeine an der Schwinge runden das Erscheinungsbild ab.

Die Hunter 350 trägt den luftgekühlten, langhubigen 349-cm3-Einzylinder der Meteor, die sich in Indien bereits über 100.000 Mal verkauft hat. Mit 20 PS geht es eher beschaulich vorwärts, auch wenn die Hunter 350 nur 181 kg auf die Waage bringt. Kombiniert mit einem Radstand von nur 1370 mm erweist sie sich für ein Retro-Bike als erstaunlich handlich. Dank der niedrigen Sitzhöhe von 790 mm ist sie uneingeschränkt für eher Kurzgewachsene tauglich.

Für eine Royal Enfield bietet sie ein hochmodernes Feature: Auf einem zusätzlichen, kleinen Display lässt sich per Bluetooth vom Smartphone ein Turn-by-Turn-Navi darstellen. Die Royal Enfield Hunter 350 gibt es schon ab 4490 Euro.

Die DL 650 V-Strom von Suzuki ist ein eher unauffälliges Modell, das sich aber mit ihrem V2-Motor schon seit 2004 im Programm hält und unzählige zufriedene Besitzer gefunden hat. Jetzt gönnt Suzuki ihr endlich eine Nachfolgerin, die zwar V-Strom 800 heißt, aber keinen V-Motor, sondern einen Reihenzweizylinder besitzt, der so auch im Naked Bike GSX-8S zum Einsatz kommt, aber in der Enduro mit 84 PS ein PS mehr leistet.

Das Design der V-Strom 800 wurde an die V-Strom 1050 DE angelehnt, die sich wiederum an der Urahnin DR Big 750 von 1988 orientiert. Die V-Strom 800 bekommt einen Entenschnabel und einen fast senkrechten Windschild, dazu zwei kleine, übereinander angeordnete LED-Scheinwerfer. Suzuki gibt ihr ordentliche 220 mm Federweg vorne und hinten mit auf den Weg, dazu ein 21 Zoll großes Vorderrad und Drahtspeichenfelgen.

Die Sitzbank erscheint großzügig bemessen und ein Gepäckträger ist serienmäßig vorhanden. Dank 20 Liter Tankvolumen dürften auch lange Etappen kein Problem sein. Mit 230 kg Leergewicht ist die V-Strom 800 allerdings im Vergleich zur Konkurrenz in der Mittelklasse relativ schwer geraten. Ihr Preis beträgt 11.500 Euro.

(fpi)