Ex-VW-Chef Diess: Deutsche Autoindustrie ist stark im Premiumsegment
Herbert Diess hat den Volkswagen-Konzern über Jahre geführt. Nun mahnt er an, Elektroautos aus Deutschland müssten die besten der Welt sein​.
- Martin Franz
- mit Material der dpa
Volkswagen hat wechselvolle Jahre hinter sich, und vermutlich auch vor sich. Der frühere Konzernchef Herbert Diess hat einen Teil der Vergangenheit maßgeblich mit gestaltet, und nicht alles davon war eine Glanzstunde im Management. In der ZDF-Sendung Markus Lanz äußerte er sich dazu, wie die deutsche Autoindustrie seiner Auffassung nach die aktuellen Probleme bewältigen kann.
Die deutsche Autoindustrie sei trotz ihrer aktuellen Krise nicht verloren. Sie sei stark im Premiumsegment, weil es einen starken Heimatmarkt gebe samt einer vorteilhaften Dienstwagenbesteuerung, den deutschen Autobahnen und dem gesamten Cluster rund um Hersteller und Zulieferer, argumentierte Diess. Etwas Ă„hnliches mĂĽsse nun bei teuren Elektroautos gelingen.
"Können die Welt wieder beherrschen"
Der weltweite Leitmarkt für E-Mobilität werde zwar China sein, auch wegen der Größe, meinte Diess. Das müsse man anerkennen. Das Thema Premiumfahrzeuge sei in der "neuen Welt" der Automobilbranche mit ihren Flottengrenzwerten aber offen. "Wir brauchen einen starken Heimatmarkt für Elektro-Fahrzeuge im Premiumsegment", sagte Diess. Deutschland müsse Hauptmarkt für teure E-Autos werden. "Das muss gelingen mit schnellem Laden, mit günstigem Strom", sagte der frühere Konzernchef mit Blick auf die Politik. "Und dann können wir die Welt wieder beherrschen."
Deutschland habe immer noch eine starke Position in China, während der Wettbewerb dort auch für andere ausländische Hersteller hart sei. Nun müsse die deutsche Autobranche zeigen, dass sie "die besten Elektroautos der Welt" herstellen, sagte Diess. "Und dann müssen die auch im Heimatmarkt erfolgreich sein. Wir können da draußen nichts verkaufen, wo der deutsche Kunde sagt, will ich nicht."
RĂĽckendeckung fĂĽr Sparkurs
Diess stand bis August 2022 an der Spitze des Volkswagen-Konzerns. Seinem Nachfolger Oliver Blume hatte er jüngst Rückendeckung beim verschärften Sparkurs gegeben. Volkswagen schließt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen nicht länger aus. Auch andere Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW haben zu kämpfen und mussten ihre Prognosen senken, während den deutschen Autozulieferern der Wandel zur Elektromobilität zu schaffen macht.
Diess übernahm im Frühjahr 2018 die Konzernspitze von Matthias Müller, der den Grundstein für eine Neuausrichtung in der Antriebsstrategie von Volkswagen legte. In die Ära Diess fielen unter anderem die verunglückten Starts von Golf 8 und ID.3. Beide hatten zu Beginn mit massiven Software-Problemen zu kämpfen, die VW nur langsam in den Griff bekam. Inzwischen kann VW in diesem Bereich gut mithalten, doch der Ruf ist in dieser Hinsicht ruiniert. Dazu kam eine anfangs stark schwankende Fertigungsqualität beim ID.3. Für seine Aussage "Ebit macht frei", die zur Motivation dienen sollte, musste sich Diess 2019 öffentlich entschuldigen. Seit Januar 2024 ist er Vorsitzender des Verwaltungsrats bei "The Mobility House".
(mfz)