IDF: Mit "Plattformierung" zurück zu alter Stärke

Parallelimus und WiMax sind die Marschziele des CPU-Primus: Alle Intel-Prozessoren werden künftig mit mehreren Cores und mehrfachen Programm-Threads arbeiten.

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Von
  • Erich Bonnert

Intels Vizechef Paul Otellini räumte gleich zum Auftakt des Intel-Entwicklerforums IDF ein, dass dem Unternehmen in letzter Zeit einige Patzer passiert sind. "Ich will keine schmutzige Wäsche waschen, aber jeder weiß, dass Craig [Intel-Vorstand Barrett] heftig Kritik geübt hat." Der Chipriese stellte etwa unvermittelt die Entwicklung seines Single-Core-Desktopchips mit dem Codenamen Tejas ein, der kurz vor der Marktfreigabe stand. Auch die bereits angekündigte LCOS-Technik für Projektionsfernseher liegt auf Eis. Darüber hinaus mussten Chipsätze gleich nach Lieferstart zurückgerufen werden (Southbridge ICH6) oder hatten Fehler (kein ECC bei i925X, PCIe-Problem beim E7520) und es gab Verzögerungen bei mehreren Desktop-PC- und Server-Prozessoren (Pentium 4 "Prescott", Pentium M "Dothan", Xeon FSB800 "Nocona") und Chipsätzen (Alviso mit FSB533, DDR2 und PCIe für Pentium M).

Die Ursachen sieht Otellini in zu vielen parallelen Entwicklungsströmen innerhalb des Konzerns. "Wir kommen zurück zur stringenten Plattformierung unserer Produkte", warb er um Verständnis. In Zukunft sollen die Planungsmethoden für die Plattformen wieder traditionellen Mustern folgen. Dies bedeute auch, dass der Vorreiter der Branche "wieder konservativer planen und ankündigen" werde -- ein Eingeständnis dafür, dass man offenbar einige Male zu viel zu früh versprochen hat.

Dann will Intel auch wieder eine Termintreue von über 90 Prozent erreichen, versprach der designierte Nachfolger von Vorstand Barrett. Für alle CPU-Entwicklungen sind sowohl Doppel- beziehungsweise Multi-Cores als auch die Unterstützung mehrerer Threads (Hyper-Threading) vorgesehen. Die ursprünglich nur für den mobilen (Notebook-)Einsatz entwickelte Centrino-Plattform soll verstärkt auch bei Server-und Blade-Server-Produkten zum Einsatz kommen. An konkreten Multi-Core-Systemen konnte Otellini allerdings nur die längst erwartete einen 64-Bit-Itanium vorführen (Montecito). Doppelkern-Versionen der Xeons oder des Pentium 4 waren nicht konkret zu sehen. Trotzdem schätzte Otellini, dass in zwei Jahren über 40 Prozent aller verkauften Desktop-PC-Prozessoren, 85 Prozent aller Server- und 70 Prozent aller Notebook-Prozessoren mehrere Kerne haben werden. Parallelismus sei eine gute Möglichkeit zur Leistungssteigerung "jenseits der Gigahertz". Als zukünftiges Anwendungsbeispiel erwähnte er die "Vanderpool Technology" (VT), also die Hardware-Unterstützung für mehrere virtuelle Maschinen auf einem PC. Mit dieser Partitionierungs-Technik ließen sich auch Linux und Windows gleichzeitig betreiben.

Die neue Zurückhaltung gilt allerdings offenbar nicht für Intels Pläne zur drahtlosen Vernetzung. Auf die Integration des WLAN-Standards 802.11 für kurze Entfernungen soll postwendend eine flächendeckende Infrastruktur für den Weitverkehrs-Richtfunk WiMax (802.16) folgen, der kürzlich als Standard ratifiziert wurde. Den passenden Chip mit Codenamen Rosedale hat Intel angeblich schon fertig -- es soll das erste System-on-Chip-Modul (SoC-) für WiMax sein und noch in diesem Jahr in Mustern an OEM-Kunden ausgeliefert werden.

Im nächsten Jahr sollen die ersten Basisstationen mit Intels ProWireless-5116-Interface in Betrieb gehen, sagte Otellini. Ab 2006 plant Intel die Integration der Chipsätze in Mobil- und Desktoprechner. Otellini erwartet eine Technologie-Explosion, die "nur mit der Einführung der Mobiltelefonie vergleichbar" ist: Laut Studien von Goldman Sachs und McKinsey werde der drahtlose Datenverkehr jährlich um 56 Prozent wachsen. Mit WLAN (Centrino), WiMAX und UWB arbeitet Intel also weiter fleißig an der Vision des "Radio Free Intel".

Zum Intel Developer Forum USA Fall 2004 siehe auch:

(Erich Bonnert) / (tol)