LKW-Maut: Schwarzer Peter gesucht [Update]

Bei den Schuldzuweisungen wegen der Verzögerungen beim Einbau der On Board Units für die satellitengestützte LKW-Maut müssen auch schon einmal Impulsverteiler als Sündenböcke herhalten.

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Von
  • Detlef Borchers

Wer für den schleppenden Einbau der On Board Units (OBUs) bei der satellitengestützten LKW-Maut verantwortlich ist, darüber gibt es Streit unter den Protagonisten. Bekannt wurde, dass das Maut-Konsortium Toll Collect bereits 100.000 Geräte einbaufertig personalisiert hat, dass jedoch bislang nur etwa 20.000 OBU eingebaut wurden. Dementsprechend appellierte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe in Berlin an die Spediteure, "jetzt die Chance zu nutzen" und die OBU in die LKW einzubauen. Die Spediteure machen ihrerseits ganz andere Manöver: Viele Betriebe, in denen Fahrer Sommerurlaub haben, legen ihre LKW still. Eine solche temporäre Stilllegung rechnet sich bereits nach 4 Tagen, verhindert aber den Besuch einer zum OBU-Einbau oder -Umbau autorisierten Werkstatt.

Karlheinz Schmidt, Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr (BGL), machte jedoch noch andere Faktoren ausfindig. Nach seinen Ausführungen müssten plötzlich 125 Euro teure so genannte Impulsgeber in die LKW montiert werden, damit die Technik überhaupt funktioniere. Diese Impulsgeber seien derzeit nicht lieferbar, erklärte Schmidt in seiner Stellungnahme zu den Verzögerungen im Zeitplan.

Die von Schmidt angeführten Impulsgeber sind technisch gesehen Splitter, auch Impulsverteiler genannt, die das Tachosignal (V-Signal) an die OBU weiterleiten. In der Regel verfügt ein LKW über mehrere Ausgänge für das V-Signal. Impulsverteiler kommen dort zum Einsatz, wo die V-Signal-Ausgänge schon durch andere Geräte besetzt sind. In der Regel sind dies Navigations- und Telematikcomputer für das Flottenmanagement. Nach Auskunft von KFZ-Zulieferern sind entsprechende Splitter in großen Stückzahlen verfügbar und zudem wesentlich billiger als vom BGL-Geschäftsführer genannt. Dass die Spediteure einen "plötzlichen" Bedarf an Splittern haben, wird von den Einbau-Werkstätten wiederum verwundert dementiert. In der Regel wüssten die für den Fuhrpark Verantwortlichen genau, was in den LKW an Technik eingebaut ist, heißt es dort.

Das Tachosignal wird bei der deutschen LKW-Maut als Prüfparameter benötigt, falls das GPS-Signal nicht empfangen werden kann. In anderen Maut-Systemen gilt die umgekehrte Funktion: Beim Schweizer Mautsystem wird GPS zur Prüfung benutzt, während das Tachosignal zur Berechnung der Maut dient. Im Unterschied zu Deutschland ist in der Schweiz allerdings das gesamte Straßennetz mautpflichtig. Die Probleme mit dem deutschen, auf Autobahnstrecken ausgerichteten Maut-System haben dazu geführt, dass sich Schweden und Großbritannien für die Schweizer Variante vorentschieden haben. Einzig die Tschechei will eine auf Autobahnen ausgerichtete Schwerlastabgabe, hat sich aber noch nicht zwischen der deutschen und österreichischen Maut-Technik entschieden. Eine eigene Technik soll nicht entwickelt werden.

Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland, zu RFID und zu möglichen Datenschutzproblemen siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)