Missing Link: Patente versus Solidarität – Kampf um den Impfstoff gegen Covid-19

Seite 3: Großbritannien und EU im Hintertreffen

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Die britische Regierung fürchtet laut jüngsten Berichten schon, selbst ins Hintertreffen zu geraten, weil US-Präsident Trump den an der Universität Oxford entwickelten Impfstoff zu Wahlkampfzwecken gerne ganz schnell einsetzen würde. Britische Blätter überschlugen sich mit Meldungen über einen Kommentar der Downing Street, dass das Vereinigte Königreich als erstes dran sei.

Auch die EU hatte inzwischen nachgezogen, für mindestens 1,1 Millionen Dosen. Man sei mittlerweile schon mit fünf Impfstoffherstellern handelseinig. Auf der anderen Seite des Globus hat das chinesische Unternehmen Sinovac Verträge mit Indonesiens Regierung abgeschlossen.

Der Run auf nationale Kontingente spielt den Herstellern in die Hände, die exklusiv und hinter verschlossenen Türen mit den Ländern verhandeln. Trotzdem machen die reichen Länder mit. Alves und seine Mitstreiter sehen darin im besten Fall „bürokratische Behäbigkeit“, im schlimmsten Fall eine kaltschnäuzige Rückkehr zu "business as usual".

Die Bekenntnisse zur Gesundheit – beziehungsweise einem möglichen Impfstoff – als globalem Gut haben die ACT-A Ankündigung nicht sehr lange überlegt, finden Alves und Vertreter anderer NGOs. Verärgert sind die Aktivisten hierzulande nicht zuletzt darüber, dass die deutsche Regierung nicht dem im Juni nachgeschobenen Solidarity Call for Action bei der WHO angeschlossen haben. Von den EU-Mitgliedsländern unterstützen nur Belgien, die Niederlande und Portugal den Solidarity Call.

Wie das Projekt Covax Facility ist der Solidaritätsaufruf darauf bedacht, die Absichtserklärungen des ACT-A praktisch umzusetzen. Er geht einen großen Schritt weiter als der Impfstoff-Einkaufspool und formuliert konkrete Maßnahmen, die darauf abzielen, Impfstoffe, Medikamente und Diagnosetechnologie auch wirklich so schnell wie möglich global zur Verfügung stellen zu können. Kernpunkt des Solidaritätsaufrufes ist ein Teilen von Wissen über Wirkstoffe und Methoden.

Costa Rica präsentierte mit dem sogenannten Covid-19 Technoloy Access Pool (C-TAP) dabei fünf Kernpunkte, wie der rasche Austausch von Know-how sichergestellt werden soll. So sollen Daten über die Sequenzierung der Erreger gepoolt werden. Das hat am Beginn der Pandemie, als die akademische Welt der Epidemiologen sich auf den neuen Erreger stürzte, gut funktioniert. Genau die gleiche Offenheit verlangt C-TAP auch für die Ergebnisse der aktuell in verschiedenen Ländern laufenden klinischen Studien. Deren Ergebnisse müssen öffentlich gemacht werden, fordern die C-TAP Unterstützer. Generell soll das Modell Innovation durch Kooperation befördert werden.

Vor allem aber bedarf es für die rasche Verteilung von Medikamenten gegen Covid-19, von Diagnosetechnologie und Impfstoffen kostenfreier Lizenzen und das ist der Punkt, an dem die globale Solidarität endet. Das zeigen die Deals von Ländern mit Impfstoffherstellern deutlich. Dabei könnten, so Punkt fünf der C-TAP-Erklärung, Regierungen und Geldgeber etwas tun.

„Regierungen und andere Geldgeber werden ermutigt, ihre Finanzierungszusagen an pharmazeutische Unternehmen und andere Innovatoren an Bedingungen über die diskriminierungsfreie Verteilung, erschwingliche Preise und die Veröffentlichung der Daten von Tests zu knüpfen“, fordern die C-TAP Signatare.