Missing Link: Patente versus Solidarität – Kampf um den Impfstoff gegen Covid-19

Seite 6: Transparenz als Heilmittel

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Schon lange, eigentlich seit den Tagen, in denen lebensrettende Aids-Medikamente den Bevölkerungen ganzer Länder vorenthalten wurden, kämpft Love dafür, dass Pharmaunternehmen ihre Karten bezüglich der Finanzierung neuer Wirkstoffe auf den Tisch legen müssen.

Italien machte als erstes Land im vergangenen Monat den größten Schritt in diese Richtung. Dort müssen Pharmaunternehmen jetzt offenlegen, welche öffentlichen Mittel für die Erforschung eines Medikaments eingesetzt wurden. Auch zur Preispolitik, zu Marketingbudgets und einigen anderen Kennzahlen müssen sich die Unternehmen in Italien künftig äußern. Italien hatte sich im vergangenen Jahr bemüht, eine solche Regelung über die WHO zum generellen Standard zu machen. Verabschiedet wurde am Ende aber nur eine deutlich abgeschwächte Regelung.

Mit zu den Gegner gehörte auch die Bundesregierung. Warum? Das Gesundheitsministerium führt Verfahrensfragen an. Die Resolution sei unter Umgehung des WHO Exekutivrates gefasst worden und das habe es „in den vergangenen 10 Jahren nicht gegeben“. Daher habe sich Deutschland auch distanziert. Aktivist Love kämpft dagegen weiter dafür, dass beispielsweise die im Rahmen von Operation Warp Speed dem Unternehmen Moderna abgetrotzte Zusage, die öffentliche Finanzierung bei Werbebotschaften deutlich zu machen, auch eingehalten wird.

„Der Lackmustest des Patentrechts wird kommen, wenn ein Impfstoff gefunden und patentiert ist,“ sagt Reto Hilty, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb. Denn dann werde es darum gehen, weite Teile der Weltbevölkerung zu versorgen, und dabei könne man „nicht einfach die Verantwortung der Pharmaindustrie in die Schuhe schieben.“ Natürlich, meint Hilty, sei dann die internationale Gemeinschaft gefordert.

Hilty warnt davor, das Patentrecht undifferenziert zum Sündenbock zu stempeln. Dass es heute in vielen Bereichen Defizite im Bereich der Medikamenten- und Impfstoffforschung gibt – Organisationen wie KEI oder MSF sprechen von einem klaren Marktversagen – kann man seiner Meinung nach nicht dem Patentrecht anlasten. Vielmehr sieht er den durch Regulierung von Massenprodukten entstandenen Preisverfall als Problem für profitorientierte Investoren.