Missing Link: Patente versus Solidarität – Kampf um den Impfstoff gegen Covid-19

Seite 4: Viel Geld, keine Konditionen

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Die Bundesregierung unterstützt mit rund einer Milliarde die Impfstofferforschung und -entwicklung. Mit 230 Millionen beteiligt man sich an CEPI. 750 Millionen wurden vom BMBF Mitte Juli ausgelobt, um die Impfstoffforschung in Deutschland zu beschleunigen. Zwar enthalten die Ausschreibungsrichtlinien eine Verpflichtung, Ergebnisse klinischer Studien zu veröffentlichen. Auch wird laut den Förderrichtlinien des BMBF „erwartet, dass auch ein angemessener Anteil der Produktion eines zugelassenen Impfstoffs für die bedarfsgerechte Versorgung in Deutschland zugänglich gemacht wird.“

Doch in Bezug auf Preise bleiben die Richtlinien sehr offen und von kostengünstigen oder kostenfreien Lizenzierungen – oder gar einem Verzicht auf Patentierung – ist nicht die Rede. Das Justizministerium erklärt, es spiele für die Patentierbarkeit erst einmal keine Rolle, unter welchen organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen eine Erfindung gemacht wurde. Aber war da nicht das Arbeitnehmererfindungsgesetz? Genau, sagt das Ministerium, und fügt an, dass auch das Zuwendungsrecht ein Instrumentarium bereithalte, um für einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Unternehmen als Zuwendungsempfängern und der öffentlichen Hand als Zuwendungsgeber zu sorgen.

Das Bundesministerium für Gesundheit teilt auf Anfrage mit, es lägen Erklärungen der Unternehmen vor, „dass die mit Bundesmitteln in Deutschland entwickelten Impfstoffe neben Deutschland auch anderen Staaten zugänglich gemacht werden und die breite Bevölkerung in Deutschland frühzeitig mit Impfdosen versorgt wird.“ Unabhängig davon werden „Rahmenverträge“ mit Impfstoffherstellern ausgehandelt. Deutschland sei an diesen Verhandlungen mit beteiligt, so das Ministerium. Nach viel Interessenausgleich klingt das nicht.

Von einem „business as usual“ kann nach Ansicht des Gesundheitsministeriums gar keine Rede sein, das zeige schon der rasante Fortschritt in der Covid-19-Forschung. Laut WHO sind aktuell 142 Impfstoffkandidaten in verschiedenen Stadien der präklinischen Entwicklung und Erprobung. 31 sind laut WHO-Statusbericht vom 25. August bereits in einer der drei klinischen Phasen, sechs davon in der entscheidenden dritten klinischen Phase, bei der die Wirkung mit größeren Patientengruppen getestet wird. Neben Oxford/Astra Zeneca, Biontech/Pfizer und Moderna sind es drei chinesische Impfstoffkandidaten (Universitäten Wuhan und Beijing, beide zusammen mit Sinopharm und Sinovac).

„Außerdem werden weltweit in zahlreichen groß angelegten multizentrischen Studien potentielle Arzneimittel auf ihre mögliche Wirksamkeit zur Behandlung und Prophylaxe von COVID-19 hin untersucht“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Pharmaunternehmen und Hersteller arbeiteten Hand in Hand und auch das zeige, „dass alle Marktbeteiligten eine hohe Bereitschaft haben, auch unter Inkaufnahme erheblicher finanzieller Risiken Arzneimittel und Impfstoffe zu entwickeln.“

Natürlich werden auch die künftigen Corona-Impfstoffe patentiert, bestätigt auch der VFA. Das sei das ganz normale Geschäft der Unternehmen. Das Argument, dass Patentierung die Forschung zumindest bis zur Anmeldung des Patents behindere, denn eine Anmeldung muss ja ihre Neuheit belegen, überzeugen den VFA-Lobbyisten Throm nicht. Er findet: „Man muss sich irgendwann entscheiden, ob man viele Projekte haben will. Dann muss man den Patentschutz akzeptieren“, sagt er. Die Alternative seien „ganz wenige Projekte“, weil niemand sich traue, das Risiko einzugehen. Oder man müsse alle Projekte öffentlich fördern und dann, so sagt er, „dann kann man das schon machen. Ich glaube aber nicht, dass es das bessere Modell ist.“