MotorraÌder aus Indien: Weltweite Wachstumschancen
Seite 2: Traditionsmarke Norton in indischer Hand
FĂŒr den nĂ€chsten Paukenschlag sorgte TVS, als sie 2020 die insolvente Traditionsmarke Norton fĂŒr rund 19 Millionen Euro kauften. FĂŒr TVS, die einen Jahresumsatz von 1,9 Milliarden Euro vorweisen konnten, war es geradezu ein SchnĂ€ppchen, schlieĂlich erwarben sie damit einen legendĂ€ren Namen. TVS wollte aber nicht die alten Hallen in Donington ĂŒbernehmen und zog in kĂŒrzester Zeit ein neues Werk bei Birmingham hoch.
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Dort soll das Superbike V4 SV wieder vom Band laufen, jedoch mit grĂŒndlich ĂŒberarbeiteter Technik. So schön das Sportmotorrad auch war, es hatte konstruktive MĂ€ngel, die aber nun behoben sein sollen, wie der neue CEO von Norton, der Deutsche Dr. Robert Hentschel, versicherte. Der 1200-cm3-V4 leistet jetzt 185 PS und kommt ebenfalls in dem neu entworfenen CafĂ©Â Racer V4 CR zum Einsatz. Auch das Retrobike Commando 961 mit einem luftgekĂŒhlten Reihenzweizylinder wird weiter produziert. Noch ist lediglich die Commando erhĂ€ltlich und das auch nur in GroĂbritannien, aber TVS plant langfristig alle Modelle auch in der EU zu verkaufen, sobald sie die Euro-5-Norm bestanden haben.
KTM ging frĂŒh nach Indien
Die Zusammenarbeit mit japanischen Marken hat bei indischen Motorradherstellern eine lange Tradition, der heutige MarktfĂŒhrer Hero begann 1984 mit einer Honda-Kooperation, aber Bajaj war der erste indische Motorradproduzent, der ein Joint Venture mit einer europĂ€ischen Marke einging. KTM-Chef Stefan Pierer erkannte schon 2007 das Potenzial einer gĂŒnstigen Produktion in Indien, wĂ€hrend die Entwicklung in Ăsterreich verblieb. Er wusste, dass weiteres Wachstum fĂŒr KTM nur auf dem indischen Markt möglich war.
Ab 2011 liefen die kleinen Duke-Modelle zwischen 125 und 390 cm3 Hubraum bei Bajaj in Pune vom Band und entwickelten sich rasch zu Bestsellern. Zudem konnte KTM auf das Vertriebsnetz von Bajaj in Indien und SĂŒdostasien zurĂŒckgreifen. KTM stieg vor allem durch die preiswerte Duke-Baureihe zum gröĂten europĂ€ischen Motorradproduzenten auf. Bajaj hĂ€lt inzwischen 49 Prozent der KTM-Aktien, profitiert also in jeder Hinsicht.
NĂ€chster Bajaj-Partner wird Triumph
2017 landete Bajaj den nĂ€chsten Coup, als sie ĂŒberraschend eine Zusammenarbeit mit Triumph besiegelten. Die britische Marke entwickelt zurzeit ein Einzylindermodell, das es in zwei HubraumgröĂen mit 250 und rund 500 cm3 geben wird. Sie soll angeblich noch 2023 prĂ€sentiert werden und wie eine verkleinerte Ausgabe der Triumph Speed Twin aussehen. Da die englische Marke einen sehr guten Ruf in Indien genieĂt, rechnet sie sich fĂŒr das gĂŒnstige Modell gute Chancen auf dem dortigen Markt aus, aber auch als Einsteigermodell in Europa.
MotorraÌder aus Indien (8 Bilder)
Rajiv Bajaj, Managing Director von Bajaj Auto Ltd., sieht kein Problem darin, sowohl mit Triumph als auch KTM â die untereinander in Konkurrenz stehen â MotorrĂ€der zu bauen. In einem Interview erklĂ€rte er, dass eine KTM in Indien als Sportmotorrad empfunden und Triumph eher den klassischen Genussfahrer ansprechen wĂŒrde. Er prognostizierte beiden Marken langfristig einen Absatz von je einer halben Million MotorrĂ€dern in Indien.
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Einen anderen Weg schlĂ€gt Mahindra ein. Bekannt als Auto- und Nutzfahrzeughersteller, investierte die Marke in den letzten Jahren auch in den Motorradmarkt. 2014 erwarb sie zunĂ€chst die Aktienmehrheit an Peugeot Motocycle und ist seit 2019 Alleinbesitzer. Der tschechischen Marke Jawa kaufte Mahindra 2016 das Recht ab, ein eigenes Modell, die Jawa CL 300, in Indien fĂŒr den heimischen Markt zu bauen.
Im gleichen Jahr sicherte sich Mahindra die Namensrechte der legendĂ€ren Marke BSA, die 1972 Pleite gegangen war. Eigentlich sollten zĂŒgig neue BSA-Modelle entstehen, doch die Corona-Pandemie verzögerte das Vorhaben. Ende 2021 konnte endlich die neue BSA Goldstar 650 prĂ€sentiert werden. Das Retro-Bike mit Einzylindermotor bleibt optisch dicht an seinem historischen Vorbild. Sie wird in Indien gefertigt und ist in Europa bislang nur in GroĂbritannien erhĂ€ltlich.
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Indien wÀchst weiter
Indien ist ein stetig wachsender Wirtschaftsgigant. Das gilt auch fĂŒr den Motorradmarkt, der auf dem Subkontinent von existenzieller Bedeutung ist, dient das Kraftrad dort doch als tĂ€gliches Transportmittel von Millionen Menschen. Auch wenn in Indien rund 30 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, wĂ€chst der Wohlstand besonders in der Mittelschicht, deshalb interessieren sich immer mehr Inder fĂŒr MotorrĂ€der ĂŒber 150 cm3. Die indischen Hersteller, die sich auf dem europĂ€ischen und nordamerikanischen Motorradmarkt mit groĂen HubrĂ€umen etablieren wollen, setzen auf bekannte Markennamen.
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(fpi)