"One Laptop per Child": Der Politik fehlt das Denken in großen Maßstäben

Ein OLPC-Mitarbeiter forderte grundsätzlichen Wandel im Erziehungssystem der Entwicklungsländer. Der nigerianische Erziehungsminister stellte angesichts der Situation im Erziehungswesen den Sinn des OLPC-Laptops in Frage.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mangelndes Denken in großen Maßstäben ersticke das Projekt "One Laptop per Child" (OLPC), meinte OLPC-Mitarbeiter Walter Bender gegenüber der BBC. Das Projekt, dessen einst als 100-Dollar-Laptop tituliertes XO-Notebook die Ausbildungssituation von Kindern in Entwicklungsländern verbessern soll, leide darunter, dass sich Politiker nicht auf das Projekt verpflichten wollten, da "Wandel Risiko bedeutet".

Die XO-Mobilrechner sind speziell auf Kinderbedürfnisse angepasst und sollen zur Verbesserung der Bildungssituation künftig millionenfach in Entwicklungs- und Schwellenländer geliefert werden. Der mittlerweile für rund 200 Dollar angebotene tragbare Computer des OLPC-Projekts wurde von Nicholas Negroponte vom MIT Media Lab auf dem zweiten UN-Weltgipfel der Informationsgesellschaft in Tunis im Herbst 2005 vorgestellt. Bis auf Sonderaktionen wie "Give one Get one" wird der Notebook nicht einzeln verkauft, sondern Entwicklungs- und Schwellenländer sollen in großen Stückzahlen kaufen und in ihrem Schulsystem einsetzen. Intel beispielsweise will mit dem Classmate PC ähnliche Ziele erreichen, mittlerweile arbeiten der Chipkonzern und das OLPC-Projekt aber auch teilweise zusammen.

Bender warf den Politikern in Entwicklungsländern nun vor, in mangele es an "big thinking". Es müsse einen einschneidenden Wandel geben, da das Erziehungssystem in vielen Ländern an den Kindern vorbeigehe. Dagegen hatte in einem anderen BBC-Interview Nigerias Erziehungsminister Igwe Aja-Nwachuku die Notwendigkeit von Laptops für grundsätzlich schlecht ausgestattete Schulen in Frage gestellt. Er bezweifelte den Sinn der Einführung von OLPC-Laptops, wenn die Kinder in den Schulen nicht einmal Stühle zum Sitzen hätten. "Wir sind mehr daran interessiert, eine sehr solide Grundlage für qualitativ hochwertige Ausbildung zu legen, die effizient, effektiv, für alle zugänglich und bezahlbar ist", meinte Aja-Nwachuku. Die Regierung Nigerias hatte angekündigt, OLPC-Laptops bestellen zu wollen, überprüft dies nun aber, auch unter Berücksichtigung alternativer Angebote von Intel und Microsoft.

Bender dagegen warf gegenüber der BBC nicht nur den Politikern vor, nicht groß genug zu denken und immer nur eine Politik der kleinen Schritte zu versuchen, wo doch ein grundsätzlicher Wandel notwendig sei. Er erklärte auch, dass es immer noch eine konzertierte Desinformationskampagne gegen das OLPC-Projekt gebe. Es gebe aggressive Bestrebungen, das Wohltätigkeitsprojekt zu unterminieren. Er wolle nicht über die Urheber der Kampagne spekulieren, "aber wo immer sie herkommt, sie existiert".

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