PKW-Maut soll in zweiter Ausbaustufe elektronisch werden

Die an diesem Wochenende erneut von der CSU angeheizte Diskussion um eine bundesweite PKW-Maut ist auch eine Diskussion um die Maut-Technik.

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  • Detlef Borchers

Die an diesem Wochenende erneut von der CSU angeheizte Diskussion um eine bundesweite PKW-Maut ist auch eine Diskussion um die Maut-Technik. Im Südwestrundfunk meldete sich der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) zu Worte und begrüßte den neuen bayerischen Vorstoß für eine PKW-Maut. Oettinger zufolge sollte die PKW-Maut zunächst nur eine einfache Vignettenlösung sein, dann aber in zweiter Ausbaustufe durch eine elektronische Maut nach dem Vorbild der LKW-Maut abgelöst werden. Eine wegstreckenabhängige Maut sei gerechter und würde die ökologisch denkenden Wenigfahrer belohnen, erklärte Oettinger. Als Voraussetzung für seinen Maut-Vorschlag nannte Oettinger die Abschaffung der KFZ-Steuer.

Oettingers Zweistufenplan dürfte es in der hitzigen vorweihnachtlichen Maut-Debatte schwer haben. Zunächst wird es von all den Kommentatoren unterstützt, die die LKW-Maut für einen deutschen Exportschlager halten. So heißt es in der Rheinischen Post: "Wenn die deutsche Politik einigermaßen vernunftgestützt arbeitet, dann wird sie früher oder später das satellitengestütze Maut-System auch für Personenwagen einführen. Das Milliarden Euro teure System von Toll Collect ist technologisch schlicht zu gut, um es nicht zu nutzen." Eine variable Maut, in der die Autobahnen je nach Baukosten unterschiedlich teuer sind, sei eine gerechte Sache. Allerdings wurden auch Stimmen laut, die Zweifel daran äußern, dass die zweite Ausbaustufe überhaupt zünden kann. In der FAZ spricht der Kommentator davon, dass "die Ausstattung aller Personenwagen – allein in Deutschland fast 44 Millionen – mit Bordgeräten zur satellitengestützten Mauterfassung ein äußerst zeitaufwendiges und teures Unterfangen" wäre.

Eine Berechnung, ob das auf eine Million LKW ausgelegte Mautsystem überhaupt 44 Millionen PKW verarbeiten kann oder ob es für die Größenordnung nicht geeignet ist, können derzeit weder Befürworter noch Gegner der streckenabhängigen PKW-Maut vorlegen. Auch Umweltschützer wie der Bund für Umwelt und Naturschutz finden an dem Vorschlag keinen Gefallen. Sie machen darauf aufmerksam, dass der Bund in diesem Jahr mit der LKW-Maut einen neuen Einnahmerekord von 3,1 Milliarden Euro erzielt, die Investitionen in den Straßenbau und den Verkehrswegeplan hingegen nicht gewachsen sind.

Von diesen 3,1 Milliarden bekommt Toll Collect eine Betreibervergütung von 600 Millionen. Sollte ein PKW-Mautsystem aufgebaut und integriert werden, so müsste diese Vergütung erheblich angehoben werden. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte Hans-Karsten Kirchmann, der neue Geschäftsführer von Toll Collect, dass die Datenmengen von 44 Millionen Autofahrern sich "im Prinzip" verarbeiten lassen. Allerdings bräuchte Toll Collect dafür ein neues Rechenzentrum. Außerdem müssten PKW-OBUs in den Werkstätten nach und nach eingebaut werden. Kirchmann betonte gegenüber der Zeitung, dass eine Tarifdifferenzierung nach Regionen und Tageszeiten schon beim LKW-System möglich sei. Dazu bedürfe es nur eines Software-Updates, wenn die Politik die Preisgestaltung verändern wolle.

Zur satellitengestützten LKW-Maut und weiteren Vorhaben zur elektronischen Verkehrskontrolle siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)