Studie: Straßenverkehrsaufkommen immer noch unter Niveau der Vor-Coronazeit

Der Pkw-Bestand in Deutschland wächst, dennoch gebe es im Autoverkehr eine Entlastung, hat der Thinktank Agora Verkehrswende herausgefunden.

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Blick von schräg oben auf eine Autobahn in Bremen

A27 in Bremen

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 4 Min.

Das Verkehrsaufkommen auf den Straßen in Deutschland hat noch nicht wieder das Niveau der Zeit vor Ausbruch des Coronavirus erreicht. Beispielsweise waren auf den Autobahnen im vorigen Jahr 7 Prozent weniger Pkw unterwegs als 2019, ähnlich war es auf Bundesstraßen, ergab eine Analyse des Thinktanks Agora Verkehrswende (PDF) auf Basis eines Berichts des Beratungsunternehmens KCW. In Großstädten wie Berlin, Hamburg und München sei der Autoverkehr ebenfalls entlastet, teilweise sei das deutlicher zu beobachten. Dabei habe es Ende 2023 mit 49 Millionen so viele zugelassene Pkw gegeben wie nie zuvor.

Im öffentlichen Verkehr habe die Zahl der Fahrgäste nach starken Einbrüchen während der Coronavirus-Pandemie noch nicht ganz das Vor-Corona-Niveau erreicht, aber die Verkehrsleistung dort habe insgesamt zugenommen, ergab die Analyse. In Fernzügen habe sie um 6 Prozent zugenommen, weil die Fahrgäste längere Strecken zurücklegen. Im Busverkehr werde weiterhin weniger Strecke zurückgelegt, die Personenkilometer auf der Schiene im Stadt- und Regionalverkehr liege 2 Prozent über dem Niveau von 2019.

"Trotz leicht steigender Bevölkerungszahlen und einem stetig wachsenden Pkw-Bestand hat der Autoverkehr gegenüber 2019 abgenommen", sagte Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende. Das geänderte Verkehrsaufkommen seit der Pandemie lasse sich zurückführen auf neue Homeoffice-Regelungen in vielen Betrieben, das Deutschlandticket und vermutlich auch auf den Anstieg der CO₂-Bepreisung für fossile Kraftstoffe.

Für den Bericht hat KCW Daten zum Verkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen, zum öffentlichen Verkehr sowie zum Kfz- und Rad-Verkehr in ausgewählten Städten ausgewertet. Dazu gehören beispielsweise Zähldaten, die einige Kommunen selbst erheben. Ebenfalls herangezogen wurden Zahlen des ADAC, laut denen zwar das Staugeschehen im Jahr 2023 zugenommen, aber immer noch nicht das Niveau von 2019 erreicht habe.

Aus der amtlichen Statistik gehe hervor, dass die jährliche Kilometerleistung von 13.900 km pro Pkw im Jahr 2017 auf 13.600 km zwei Jahre später gesunken sei. Während der zwei Corona-Jahre sank er auf 12.000 km, seitdem sei er auf etwa 12.300 km angestiegen. Das ergaben Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts. Wegen der steigenden Zulassungszahlen nahm der Verkehr allerdings zu – mit Ausnahme der Corona-Jahre, und liege nun bei 90 Prozent des Vor-Corona-Niveaus.

Um ihre Vermutung zu untermauern, es werde mittlerweile weniger von zu Hause zur Arbeit und zurück gependelt, zog Agora Energiewende Zahlen des ifo Instituts heran. Demnach sei der Anteil von knapp einem Viertel derjenigen, die wenigstens teilweise heimarbeiten, seit 2022 nahezu konstant geblieben. In Online-Stellenanzeigen werde für 20 Prozent aller offenen Jobs die Option Homeoffice geboten.

Agora Verkehrswende fasst seine Beachtungen als "Vorboten der Mobilitätswende" zusammen, allerdings mit Fragezeichen versehen. Es seien wünschenswerte Trends zu sehen, die mit politischen Instrumenten zu beschleunigen seien, meinte Philine Gaffron, Projektleiterin Städtische Mobilität bei Agora Verkehrswende. "Zum einen geht es darum, das Angebot im öffentlichen Verkehr auszubauen und die Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr zu verbessern; zum anderen darum, die volkswirtschaftlichen Kosten des Autofahrens verursachergerecht anzurechnen und die über Jahrzehnte gewachsenen Privilegien des Autoverkehrs abzubauen."

Für Kommunen hätten sich durch die jüngst beschlossene Reform des Straßenverkehrsrechts wichtige neue Handlungsspielräume eröffnet, erklärte Gaffron weiter. Mitte Juni hat der Bundesrat eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes gebilligt. Dadurch können die Gemeinden künftig Tempo-30-Zonen und Sonderfahrspuren leichter einrichten.

(anw)