Vorstellung BMW S 1000 XR und M 1000 XR: Die Langstreckensprinter

BMW hat den Sporttourer S 1000 XR überarbeitet und mehr Leistung eingehaucht. Zusätzlich stellen sie ihm eine noch flottere Variante zur Seite, die M 1000 XR. ​

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BMW S 1000 XR

(Bild: BMW)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Die S 1000 XR erfreut sich unter sportlich ambitionierten Tourenfahrer seit Jahren großer Beliebtheit. Das Crossover-Bike, eine Mischung aus Sportler und Reiseenduro, punktete seit 2014 mit bequemer Sitzposition, viel Komfort durch relativ lange Federwege, gutem Windschutz und beeindruckenden Fahrleistungen. Sie trug den Reihenvierzylinder aus dem Superbike S 1000 RR, der allerdings in der Höchstleistung auf 160 PS gekappt wurde, 2019 stieg sie auf 165 PS. Für den Modelljahrgang 2024 nahm sich die Entwicklungsabteilung das Erfolgsmodell noch einmal vor. Durch strömungsoptimierte Einlasskanäle und ein angepasstes Mapping leistet der Motor nun 170 PS bei unveränderten 11.000/min.

Fünf Pferdestärken mehr dürften sich in den Fahrleistungen kaum bemerkbar machen, aber die waren bisher schon exzellent, BMW gibt für den Sprint von null auf hundert km/h 3,3 Sekunden an. Viel interessanter dürfte für die Kunden sein, dass die Sitzbank komplett neu gestaltet wurde, immerhin ist die S 1000 XR auch ein Tourenmotorrad. Sie rückt von der kuhlenartigen Form ab und wuchs um 10 mm in der Höhe auf 850 mm. Auch die nutzbare Sitzbankfläche ist jetzt größer, das bedeutet, dass der Fahrer mehr Platz und Spielraum hat, was nicht nur auf langen Distanzen, sondern auch bei sportlicher Fahrweise eine echte Verbesserung darstellt. Der Kunde kann beim Kauf ohne Aufpreis eine um drei Zentimeter niedrigere oder zwei Zentimeter höhere Sitzbank auswählen.

Das Heck erhält durch leicht geänderte Seitenteile ein etwas anderes Design. Auch die Front bekommt eine Aufwertung durch einen in Fahrzeugfarbe lackierten "Schnabel" und die Kühlerverkleidung zeigt jetzt eine genarbte Oberflächenstruktur, auch die Lenkerklemmung glänzt in einem neuen Design. BMW hat zudem das hintere Federbein für ein sensibleres Ansprechen neu abgestimmt und den Quickshifter "Schaltassistent Pro" für mehr Präzision optimiert.

BMW S 1000 XR (6 Bilder)

Für den Modelljahrgang 2024 hat BMW die S 1000 XR überarbeitet.
(Bild: BMW)

Die Ausstattung wird bei der neuen S 1000 XR erweitert durch das serienmäßige "Headlight Pro" mit adaptivem Kurvenlicht, das ein LED-Tagfahrlicht mit einschließt. Ebenfalls im Preis inbegriffen sind nun Keyless Ride, eine Batterie mit 12 statt 9 Ah und ein USB-Ladeanschluss. Laut den technischen Daten steigt das Leergewicht der S 1000 XR aufgrund der umfangreicheren Ausstattung um ein Kilogramm auf 227. BMW bietet die S 1000 XR in den Lackierungen "Blackstorm Metallic", "Gravityblue metallic" und "Lightwhite uni/Motorsport" an. Erfreuliches gibt es vom Preis zu berichten: Es bleibt, trotz verbesserter Ausstattung, bei 19.280 Euro.

BMW S 1000 XR (3 Bilder)

Ab 2024 ist auch der "Schnabel" in Fahrzeugfarbe lackiert.
(Bild: BMW)

Für mehr Aufsehen dürfte die M 1000 XR sorgen. Sie ist das dritte Motorradmodell, das von der M GmbH entwickelt wurde. Da ist eine deutlich gesteigert Leistung gewissermaßen Pflicht und mit 201 PS markiert die M 1000 XR sogar einen neuen Rekord in der Kategorie Sporttourer. Die Spitzenleistung erreicht der kaum gezähmte Superbikemotor bei 12.750/min (in der S 1000 RR leistet er 210 PS bei 13.700), dreht aber bis maximal 14.600/min weiter. Der Reihenvierzylinder verfügt über ShiftCam-Technologie, bei der Schaltnockenwellen zur Variierung der Ventilsteuerzeiten und des Ventilhubs auf der Einlassseite zum Einsatz kommen. Ab 9000/min wird durch eine axiale Verschiebung auf die zweite Nocke der Welle gewechselt. Die Ventile des Motors bestehen aus Titan, zudem sind die Schäfte der Einlassventile hohlgebohrt.

Als wenn die M 1000 XR nicht schon genug Power hätte, wählten die Ingenieure bei der Sekundärübersetzung ein Kettenrad mit 47 statt 45 Zähnen für bessere Beschleunigung, außerdem sind die Getriebeübersetzungen der Gänge vier bis sechs kürzer. Sie stürmt in 7,4 Sekunden auf Tempo 200 und nimmt der S 1000 XR dabei 1,3 Sekunden ab. Im Durchzug von 100 auf 140 km/h im letzten Gang braucht die M nur 2,7 Sekunden, 1,1 Sekunden weniger als die S.

BMW M 1000 XR (3 Bilder)

Die M 1000 XR ist mit 201 PS der stärkste Sporttourer auf dem Markt.
(Bild: BMW)

Optisch lässt sich M 1000 XR von der S 1000 XR auf Anhieb unterscheiden, denn sie erhält Winglets an der Verkleidung. Sie erhöhen den Anpressdruck, bei 220 km/h soll die Vorderradlast 11,4 kg mehr betragen als ohne Winglets. Die M verzichtet auf das semi-aktive Fahrwerk "Dynamik ESA" der S 1000 XR. Stattdessen sorgt eine voll einstellbare Upside-down-Gabel mit Closed-Cartridge-Einsätzen für sensibles Ansprechverhalten.

Die M GmbH kürzte vorne und hinten die Federwege von je 150 mm auf 138 mm. Damit geht zwar etwas Komfort verloren, aber BMW meint es ernst mit den Rennstreckenambitionen der M 1000 XR – wie sinnvoll das bei einem hochbauenden Sporttourer ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Fahrwerksgeometrie der M änderte sich im Vergleich zur S, so schrumpft der Radstand von 1552 auf 1548 mm, der Lenkkopfwinkel von 65,1 auf 64,9 Grad und der Nachlauf steigt von 116 auf 117 mm.

BMW M 1000 XR (3 Bilder)

Der Reihenvierzylinder der M 1000 XR stammt aus dem Superbike S 1000 RR und verfügt über ShiftCam-Technologie für variable Steuerzeiten der Einlassventile und des Ventilhubs.
(Bild: BMW)

Den Sportgedanken unterstreichen auch die Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung. Ein Endschalldämpfer aus Titan mit Endkappe aus Kohlefaserlaminat von Akrapovic trägt ebenso dazu bei, wie die 1288 Gramm leichte Batterie, die allerdings statt 12 Ah nur noch 5 Ah liefert. Nichts für den morgendlichen Kaltstart im Winter. BMW gibt das Leergewicht der M 1000 XR mit 223 kg an, das sind fünf weniger als bei der S 1000 XR. Die blau eloxierten M Bremszangen stammen aus der Superbike-WM und beißen vehement auf zwei 320-mm-Bremsscheiben.

An elektronischen Assistenzsystemen finden sich bei der M 1000 XR zusätzlich auch das Fahrmodi "Race" und drei frei konfigurierbare "Race Pro"-Modi in der Serienausstattung. Dazu gesellt sich die neueste Generation der "Dynamischen Traktionskontrolle DTC" und "Wheelie-Funktion" sowie Quickshifter, Hill-Start-Control Pro, Launch Control und Pit-Lane-Limiter. Die letztgenannte Funktion dient dazu, bei Rennen in der Boxengasse die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten, was in Verbindung mit einem Sporttourer doch etwas absurd klingt.

Das 6,5 Zoll große TFT-Display entstammt aus der BMW M[ ]1000[ ]RR. Sie bietet unter anderem vier verschiedene Screen-Darstellungen, eine Start-Animation mit M-Logo, neue Darstellung des Drehzahlmessers und eine über einen Freischaltcode nutzbare OBD-Schnittstelle für den M GPS-Datalogger. Warum die M 1000 XR im Gegensatz zur S 1000 XR Lenkerendenspiegel hat, die für den Einsatz auf der Rennstrecke umständlich entfernt werden müssen und dann die Lenkerenden offen lassen, erschließt sich nicht.

Wem die M 1000 XR noch nicht sportlich genug ist, kann zum optionalen "M Competition Paket" greifen. Es enthält Hinterradabdeckung, Seitenverkleidungen, Vorderradkotflügel, Innenabdeckung, Abdeckung des Zündschlosses und sogar Räder aus Kohlefaserlaminat sowie einstellbare Fußrasten und einen M GPS-Laptrigger, der z. B. die Rundenzeiten, Durchschnittsgeschwindigkeit, maximale Verzögerung und Schräglagenwinkel anzeigt. Die M 1000 XR, die es ausschließlich in "Blackstorm metallic" mit "M Motorsportfarben" gibt, ist im Vergleich zur S mit 25.900 Euro erheblich teurer. Aber dafür erhält der Kunde den stärksten Sporttourer der Welt mit modernster Elektronik.

(mfz)