E-Fuels: Produktionsanlage in Chile nimmt Betrieb auf
Siemens, Porsche und eine Reihe weiterer Firmen haben in Chile eine Anlage zur Produktion von synthetischem Kraftstoff in Betrieb genommen.
- Martin Franz
- mit Material der dpa
Siemens Energy und Porsche haben nahe der Stadt Punta Arenas eine Fabrik für E-Fuels eröffnet. "Das ist nur der Anfang einer neuen Ära", ist sich Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner sicher. Die Anlage "Haru Oni" bei Punta Arenas ist nach Angaben der Unternehmen weltweit die erste Anlage zur industriellen Herstellung von E-Fuels.
Beteiligt sind an der Fabrik auch die Unternehmen HIF, Exxon Mobil, Enel, Enap und Gasco. Bei dem Projekt wird zunächst mit Strom aus Windenergie Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Anschließend wird CO₂ aus der Luft gefiltert und mit dem Wasserstoff über den Zwischenschritt Methanol zu E-Fuel umgewandelt.
E-Fuels: Dekarbonisierung des Bestands
In der Pilotphase werden mit einer Windturbine mit 3,4 Megawatt Leistung 130.000 Liter pro Jahr hergestellt. Porsche nimmt die gesamte Menge ab und will den Treibstoff zunächst im Motorsport, bei Probefahrten mit Kunden und für die Betankung von Oldtimern einsetzen. Für Porsche durchaus ein gewichtiges Argument, denn 70 Prozent aller jemals gebauten Porsche-Fahrzeuge seien noch immer auf der Straße. "Wir wollen den Fahrern die Möglichkeit geben, ohne schlechtes Gewissen ihre Fahrzeuge weiterzubetreiben", sagte Steiner.
Global kaum relevant
In den kommenden Jahren soll die Kapazität gesteigert werden. In der nächsten Ausbaustufe werden 40 Windräder die Energie für die Herstellung von E-Fuels liefern. Bis 2025 sollen etwa 55 Millionen Liter jährlich hergestellt werden, bis 2027 rund 550 Millionen Liter. Sollte das gelingen, würde die Anlage "Haru Oni" jährlich einen Bruchteil dessen liefern, was aktuell täglich an Erdöl verarbeitet wird. Momentan sind das global etwa 100 Millionen Barrel Erdöl (ca. 15,9 Milliarden Liter) pro Tag, von denen etwa 80 Prozent verbrannt werden.
HintertĂĽr offengehalten
Künftig könnten E-Fuels direkt als Treibstoff oder als Beimischung zu herkömmlichem Benzin angeboten werden. Ob sich das wirtschaftlich rechnet, hängt nach Einschätzung von Porsche vor allem vom Gesetzgeber ab. Sollte die Beimischung von diesem Treibstoff verpflichtend werden oder steuerlich stark begünstigt werden, könnten E-Fuels trotz eines aktuell noch recht hohen Herstellungspreises attraktiv werden. Die Betreiber der Pilotanlage haben sich eine Hintertür aufgehalten, sollte die Nachfrage nach E-Fuels nicht anziehen. Die Fabrik stellt in einem ersten Schritt Methanol her, der auch anderweitig vertrieben werden kann.
"Mit Methanol haben wir einen Grundstoff, den man schon direkt als Treibstoff für Schiffe nutzen kann. Außerdem kann man daraus auch Kerosin herstellen, denn gerade im Flugverkehr wird es auf lange Sicht sehr schwer, das Kerosin durch Elektrifizierung zu ersetzen", sagte Markus Speith von Siemens Energy. "Diese Flexibilität wollten wir uns erhalten."
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Wind im Ăśberfluss
Kritik am insgesamt geringen Wirkungsgrad weist man vor Ort zurück. "Die Effizienz ist gar nicht so entscheidend. Ohne uns würde der Wind hier gar nicht genutzt",so Rolf Schumacher von der Betreibergesellschaft der Anlage, HIF Global. Im Süden von Chile sei Wind gewissermaßen im Überfluss vorhanden. Damit würden die Windkraftanlagen dort wesentlich häufiger unter Volllast laufen und in etwa dreimal soviel Energie wie vergleichbare Windräder in Deutschland produzieren.
Keine Alternative zum Elektroauto
Für Porsche ist die Investition in E-Fuels keine Alternative zum Elektroauto, sondern eine Ergänzung. "Wir halten daran fest, bis 2030 rund 80 Prozent der Neufahrzeuge zu elektrifizieren", sagte Porsche-Beschaffungs-Vorständin Barbara Frenkel. "Mit E-Fuels wollen wir zur Dekarbonisierung der Bestandsflotte beitragen." Im Süden von Chile hoffen die Menschen auf eine neue Wachstumsindustrie in der strukturschwachen Region. "Vor genau 77 Jahren wurde hier erstmals Öl entdeckt", sagte der Bürgermeister von Punta Arenas, Claudio Radonich. "Jetzt hat sich das Paradigma geändert. Früher stand das Öl für Wohlstand, jetzt der Wind."
(mfz)