Österreich kauft Mautbetreiber
Die staatseigene österreichische Autobahngesellschaft Asfinag hat für 208 Millionen Euro die Firma Europpass LKW Mautsysteme übernommen, die in Österreich als LKW-Mautbetreiber tätig ist.
Die staatseigene österreichische Autobahngesellschaft Asfinag hat für 208 Millionen Euro die Firma Europpass LKW Mautsysteme übernommen, die in Österreich als LKW-Mautbetreiber tätig ist. Mit der rückwirkend zum 1.1.2005 geltenden Übernahme von Europpass ist der italienische Autobahnmaut-Spezialist Autostrade International nicht mehr an der österreichischen Maut beteiligt.
Nach Schätzungen von Mautexperten hat Autostrade mit dem Verkauf von Europpass einen Gewinn von 150 Millionen Euro erzielt und sich taktisch in eine sehr gute Position gebracht, weil die staatseigene Asfinag laut Vertrag die österreichische Technologie nicht im Ausland anbieten darf. Nach einem Bericht der Börsen-Zeitung will die Autostrade den Gewinn nutzen, um zusammen mit Siemens Österreich ein im Wiener Siemens-Mautkomptenzzentrum entwickeltes Maut-System in Tschechien anzubieten. Der tschechische Markt gilt dabei als Sprungbrett für die Einführung der LKW-Maut in anderen osteuropäischen Ländern: Während Tschechien in seiner Ausschreibung von einem Bedarf von etwa 130.000 On-Board-Units (OBU) ausgeht, soll Siemens in Asien nach Fertigungsanlagen suchen, die mindestens 500.000 OBUs produzieren können.
In Österreich selbst nährt der Maut-Deal sich hartnäckig haltende Gerüchte, nach denen die Asfinag die LKW-Maut um eine PKW-Maut erweitern will. Besonders die SPÖ spricht dabei von einem "Indiz für eine kommende PKW-Maut", was der österreichische Verkehrsminister Hubert Gorbach dementierte. Allerdings sorgte er mit der Mitteilung für Aufsehen, dass die Asfinag möglicherweise nach 2006 privatisiert werden könnte. Mit der Übernahme der Europpass habe sich die Autobahngesellschaft zu einem international aufgestellten Autobahnbetreiber entwickelt, erklärte der Minister.
In Deutschland erklärte die Kanzlerkandidatin Angela Merkel gegenüber dem Magazin "Auto Motor Sport", dass eine PKW-Maut mit der CDU/CSU nicht kommen wird. "Weder ein generelles Tempolimit auf Autobahnen noch eine Maut für PKW sind mit der Union zu machen", verkündete die CDU-Politikerin. Gerüchte, nach denen die Verhandlungen über den vom deutschen Maut-Betreiber Toll Collect zu zahlenden Schadensersatz für die verspätet gestartete LKW-Maut darauf hinauslaufen könnten, dass der Bund Toll Collect für einen symbolischen Euro übernimmt und danach privatisiert, wurden von Merkel nicht kommentiert.
Zur satellitengestützten LKW-Maut in Deutschland siehe auch:
- Nun doch ein Vorzeigeprojekt -- Das LKW-Mautsystem soll zum Exportschlager werden, c't 2/05, S. 68
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/03, S. 92
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Vor 10 Jahren: Autobahnmaut mit GSM und GPS
- SPD lehnt PKW-Maut ab
- Sommer, Sonne, OBU
- Bund fordert vom Konsortium über 5,1 Milliarden Euro
- Verband zweifelt Kontrollsystem für LKW-Maut an
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(Detlef Borchers) / (jk)