Neue Musterverträge für den IT-Erwerb der Öffentlichen Hand

Das BMI hat die EVB-IT um einen Vertragstyp für die Beschaffung von IT-Systemen erweitert, die EVB-IT System. Während die Musterverträge die Position der Öffentlichen Hand stärken, müssen Auftragnehmer zahlreiche Fallstricke beachten.

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Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat im Herbst 2007 die Musterverträge "Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen" um einen Vertragstyp für die Beschaffung von IT-Systemen erweitert. Der folgende Beitrag gibt, auch für den Nichtjuristen, einen Überblick über die Systematik und den Inhalt der EVB-IT System. Zudem hebt er wichtige Punkte hervor, die von Anbietern von IT-Systemen beim Einsatz der EVB-IT System zu beachten sind.

Bei den Ende August 2007 veröffentlichten "Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen" (EVB-IT) für die Erstellung von IT-Systemen (EVB-IT System) handelt es sich um einen neuen EVB-IT-Vertragstyp. Dieser bezieht sich auf die Beschaffung komplexer IT-Systeme, bei denen die Öffentliche Hand als Auftragnehmer sämtliche Produkte und Leistungen – also Hardware, Software sowie Integrations- und andere Leistungen – von nur einem Anbieter erwirbt.

Die EVB-IT sind Musterverträge für viele Arten der Beschaffung von IT-Leistungen, die von der Öffentlichen Hand, beispielsweise von Bundesbehörden, beim Einkauf von IT-Leistungen zu verwenden sind – für Bundesbehörden beispielsweise sind sie sogar verpflichtend. Die EVB-IT Musterverträge regeln hauptsächlich beiderseitige Leistungspflichten und legen fest, welche Konsequenzen Leistungsstörungen haben.

Anders als die in der Privatwirtschaft weitaus bekannteren "Verkaufs- oder Lieferbedingungen" sind die EVB-IT primär als "Einkaufsbedingungen" konzipiert. Ihre Regelungen sind daher aus Sicht des – verhandlungsstarken – Einkäufers formuliert. Aus diesem Grund weichen sie von der Gesetzeslage weniger zu Lasten des Einkäufers ab als dies Verkaufsbedingungen üblicherweise tun. So werden Auftraggeber (Einkäufer) in der Regel in Einkaufsbedingungen weniger weit reichende Einschränkungen der Haftungsbestimmungen vorschlagen als sie vielfach in Verkaufsbedingungen zu finden sind. Auch die festgesetzten Gewährleistungsfristen fallen in Einkaufsbedingungen typischerweise deutlich länger aus.

Alleingang des BMI

Den Inhalt der verschiedenen EVB-IT-Vertragstypen verhandelt das BMI üblicherweise – aus Selbstverpflichtung – mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (Bitkom) als Vertreter der Privatwirtschaft. Die neuen Vertragsbedingungen des Typs EVB-IT System hat das BMI allerdings im Alleingang veröffentlicht – ohne den Segen der privaten Wirtschaft. Während der Bitkom vor allem mittelständische Unternehmen durch die neuen Konditionen benachteiligt sieht und den Vorstoß des BMI kritisiert, sprechen sich die Wirtschaftsvertreter gleichzeitig für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen aus, um die Belange der Privatwirtschaft in dem EVB-IT System Mustervertrag angemessen zu berücksichtigen.

Das BMI hat mittlerweile die EVB-IT System überarbeitet. Die neue Version der EVB-IT System (PDF) gilt seit dem 12. Oktober 2007. Die vom BMI vorgenommenen Überarbeitungen sind aber nur redaktioneller Natur und betreffen nicht deren Inhalt.