Der Wanderer: Opels Elektro-Bulli Zafira-e Life Elegance im Test

Seite 2: Die wirklich weite Fahrt wird anstrengend

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Das Wandern ist mit diesem Elektrobus also möglich, die wirklich weite Fahrt dagegen wird anstrengend. Surfer, die von Hamburg aus ins rund 470 Kilometer entfernte „Cold Hawaii“ Klitmøller wollen, um die idealen herbstlichen Wellen und Winde zu nutzen, brauchen Geduld. Im Gegenzug dazu haben sie immer eine Standheizung, und vor allem verpesten sie die frische Luft an der dänischen Küste nicht mit den Abgasen der üblichen Alt-Diesel.

Die Maßstäbe eines Selbstzünders darf man an ein elektrisches Nutzfahrzeug fraglos nicht anlegen. Innerhalb eines gewissen Radius geht alles wunderbar und viel besser und leiser als früher. Der Zafira-e schafft wie beschrieben circa 250 km, und mit zwei Zwischenladungen von etwa 20 Minuten reicht es für 400 km. Darüber aber wird es mühsam, und die Flexibilität, die im gewerblichen Fernbereich abgefordert wird, kann der Opel naturgemäß nicht bieten. Um dem Reichweitenproblem abzuhelfen, bietet sich Wasserstoff als Energieträger an, 2021 sollen mehrere Versuchsträger mit Brennstoffzelle entstehen.

Opel Zafira-e Life im Test 2 (8 Bilder)

Bitte entschuldigen Sie die Unordnung: Bei voller Bestuhlung ist der Kofferraum begrenzt. Wenn dann noch Typ 2-Kabel, Notladekabel und Fangnetz herumliegen, sieht das so aus.
(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Der Durchschnittsverbrauch über 882 Testkilometer lag bei 29,8 kWh / 100 km. Der Minimalwert im Kolonnenverkehr auf der Bundesstraße betrug 23 kWh / 100 km, und auf kurzen Stadtstrecken mit ausgekühltem Innenraum können es auch über 40 kWh werden. So ist es halt bei diesem Format.

Zurück zu den Campern: Das bekannte Unternehmen Hymer bietet den auf dem Zafira basierenden Crosscamp bisher nur mit Dieselmotor an, aber das wird sich sicher ändern. Dazu kommt, dass der Opel Zafira-e baugleich mit dem Citroën Spacetourer, dem Peugeot Traveller sowie dem Toyota Proace Verso ist. Zu diesen Pkw-Versionen kommen die abgespeckten Nutzfahrzeugvarianten unter den Namen Opel Vivaro, Citroën Jumpy-e, Peugeot Expert und Toyota Proace Electric. Die meisten sind neben den beiden Batteriegrößen in drei Radständen bestellbar. Irgendwo bei 42.000 Euro vor Subventionen (Vivaro-e, 50 kWh, kurz) liegt der Einstiegspreis. Der PSA-Konzern nutzt in der Kooperation mit Toyota die Skaleneffekte: Eine ganze Armada rollt los.

Der Testwagen hat Opel heise Autos wie so oft in der Maximalausstattung zur Verfügung gestellt. Und der Opel Zafira-e Life Elegance hat mehr zu bieten als den elektrischen Antriebsstrang: Positiv fielen zum Beispiel die serienmäßig beidseitigen Schiebetüren auf. Das geteilte Panoramadach lässt viel Licht für die Passagiere in der zweiten Reihe herein, die über einen kleinen Spiegel über dem Innenspiegel im Blickfeld des Fahrers liegen. Kinder, aufgepasst. Die Anhängelast beträgt immerhin eine Tonne. Wenig im Vergleich zu den Diesel-Bussen (1,8 bis 2,3 t), aber besser als nichts, was bei Elektroautos auch häufig genug vorkommt.

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Negativ war, dass die Fahrautomatisierungssysteme durchgehend veraltet sind. Es lässt sich leben mit einem konventionellen Tempomaten, mit Anzeigenadeln im Cockpit und mit einer Sprachsteuerung, bei der Straße und Ort für die Navigation immer in exakt dieser Reihenfolge genannt werden müssen. Es entspricht aber nicht dem allgemeinen Stand der Technik. Darüber hinaus ist der Verstellbereich des Fahrersitzes zu klein, sodass es für sehr große Menschen unbequem wird.

Diese Schwächen ändern nichts an dem attraktiven Angebot, das Opel macht. Ja, der Zafira-e Life ist viel teurer als ein vergleichbares Modell mit Dieselmotor. Die Differenz beträgt über 10.000 Euro, und die Nutzbarkeit ist bei Elektroautos nicht gleichwertig zum klassischen Selbstzünder. Das muss jeder wissen. Wer sich für das Fahren ohne Verbrennungsmotor entschieden hat, ist sich dieser Veränderungen meistens bewusst. Zusätzlich lockt die reduzierte Versteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines Firmenautos: Bei einem Bruttolistenpreis von unter 60.000 Euro (das ist mit weniger üppig ausgestatteten Modellen des Zafira-e möglich) ist es ein Viertel des normalerweise üblichen Prozents pro Monat, darüber ist es die Hälfte.

Konkurrenz Fehlanzeige? Fast. Volkswagen bietet wie beschrieben den e-T6 an. Im Werk Hannover beginnt bereits der Umbau für den ID.Buzz, der jedoch noch zwei Jahre auf sich warten lässt. So bleibt als einziger ernsthafter Wettbewerber der Mercedes EQV. Er hat eine mit 90 kWh nochmals größere Batterie, aktuelle Assistenzsysteme und ist teurer.

Abseits dieser Überlegungen hat der Zafira-e einen Pluspunkt, der typisch für diese Bauart ist: Er ist sympathisch und sozial akzeptiert. Einen Schlüsselkratzer über die Wagenlänge, wie er auf schwarzen Großstadt-SUVs regelmäßig zu finden ist, gibt es hier nicht.

Opel hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Autor hat die Fahrenergie bezahlt.

(fpi)