E-Auto Skoda Citigo e iV im Test: Fit für alle Gelegenheiten?

Ein kleines E-Auto, das trotz großer Batterie relativ wenig kostet: Skodas Citigo e iV könnte für viele das erste Elektroauto werden. Kein schlechter Start.

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Test Skoda Citigo e iV

(Bild: Clemens Gleich)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

In Sachen Elektroauto-Nachfrage läuft es bei der Volkswagen AG: Der solide E-Golf (Basis: Golf 7) findet vor allem nach den letzten Preissenkungen Kunden und wird wie geplant bis KW 45 gebaut. Der ID.3 soll in seiner 1st Edition aller Probleme zum Trotz ab Spätsommer ausgeliefert werden. Und das Update der Up-Varianten (VW Up, Skoda Citigo, Seat Mii, kurz „Upmiigo“) schlägt als kleines, vergleichsweise günstiges E-Fahrzeug ebenfalls ein. Nach Christophs Test des VW e-Up im Winter fuhr ich jetzt im Frühjahr dasselbe Konzept in grün, mit einem Skoda-Flügelpfeil darauf.

An der Plattform (“New Small Family“) hat sich wenig geändert im Vergleich zum ersten E-Up. Nun fand ich eben den allerdings auch schon recht gut. Die Bedienung des elektrischen Antriebsstrangs über einen Automatik-Wählhebel aus dem Teileregal funktionierte so gut, dass man schnell auf sehr gute Verbrauchswerte kam, auch wenn die hilfreichen Automatismen des E-Golfs fehlen. Neu kamen seitdem hinzu: ein neues Infotainment-System, ein Spurhalteassistent und die größere Batterie. Anders am Citigo e iV im Vergleich zum aktuellen e-Up: der Skoda-Parkticket-Halteclip hinter der Frontscheibe und ein, zwei Aufpreisdetails, die VW vorbehalten bleiben (zum Beispiel die eher fragwürdige Rückfahrkamera).

Im Prinzip ist der Citigo e iV das, was sich Kunden schon vom ersten e-Up wünschten: Er ist günstiger (der erste E-Up kostete 26.900 Euro) und deckt mit der von rund 16 kWh netto auf jetzt 32 kWh netto gewachsenen Batteriekapazität mehr Ausreißer im Fahralltag ab. Konkret in meinem Fall heißt das: Ich kann mit dem Citigo e iV entspannt nach Würzburg und zurück über die Autobahn fahren, auch im Winter. Das sind insgesamt rund 100 km. Mit der ersten Generation muss man da schon vor der Fahrt rechnen, mit welcher Geschwindigkeit das klappen könnte, und dann darf nichts mehr dazwischenkommen. Mit den aktuellen Akkus kann ich das mit großem Reichweiten-Sicherheitspuffer einfach bei Tempomat 120 fahren.

Skoda Citigo e iV Standards (9 Bilder)

Die Farbe ("Kiwi-Grün") kam überall sehr gut an. Steht dem kleinen Kistchen eben gut.
(Bild: Clemens Gleich)

Die Ingenieure haben die größere Kapazität durch andere Zellen erreicht. Die neuen LG-Zellen sind dichter gepackt, aber deutlich temperaturempfindlicher. Kollege Christoph maß im Winter nur geringe Ladeleistungen. Doch auch jetzt im Frühjahr bei 17° bis 22° C überschreitet die Ladeleistung kaum jemals 30 kW. Die maximale Herstellerangabe liegt wie in der Antriebs-Erstgeneration bei 40 kW. Die durchschnittliche Ladeleistung ist so, dass es im städtischen Umfeld wahrscheinlich schlauer gewesen wäre, statt CCS-Stecker ein Ladegerät mit 22 kW AC anzubieten, für das überall Lader stehen. Die maximale AC-Ladeleistung liegt bei 7,4 kW, der Schuko-Ladeziegel bietet maximal 2,4 kW. Damit wird der Wagen allerdings über Nacht nicht voll, wenn die Reichweite einigermaßen ausgenutzt werden soll.

Anhand dieser Eckdaten weiß der belesene Elektroexperte schon: Der Citigo e iV ist kein Auto für alle Zwecke. Langstreckenfahrten über mehr als zwei-, dreihundert Kilometer werden zäh, im Winter gar ärgerlich. Wer so etwas ohne andere Optionen öfter im Kalender hat, dem rate ich vom Kauf ab. Es wäre das falsche Werkzeug für den Einsatzzweck. Dazu kommt eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h und ein damit korrelierender relativ hoher Verbrauch bei der deutschen Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Der kleine Citigo glänzt in der Stadt, im Speckgürtel und auf dem Land für alle kürzeren bis mittleren Tagesstrecken. Er wird ein häufiges Erstelektroauto sein und ein beliebter Zweitwagen.

In die kastenförmige Karosserie passt bei umgelegten Sitzen ein Familien-Wocheneinkauf. Die Übersichtlichkeit im Auto ist grandios. Rückwärts sieht der Fahrer fast so gut wie vorwärts. Gäbe es mehr Heckaussichten wie im Citigo, die Aufpreislistenverkäufe von Rückfahrkameras gingen rapide zurück. Für den Einsatz in einer „New Small Family“ sprechen robuste Materialien und die asymmetrisch zweigeteilt umlegbare Rückbank. Hinweis: Hinten nur Ausstellfenster.

Für zwei Personen kann dieses Auto ohnehin alles bis auf Angeben. Viele Mitfahrer empfanden lackierten Stahl sichtbar im Innenraum als negativ – wahrscheinlich, weil es so selten geworden ist. Ich finde es gestalterisch ganz gut umgesetzt, und lackiertes Blech lässt sich leichter reinigen als der typische schwarze Autofilz (Kofferraum). Doch der Mehrpreis gegenüber den Citigo-Benzinern zeigt sich nicht in einem teurer anmutenden Innenraum.

Leider bringt der Citigo e iV zwei Design-Entscheidungen mit, über die sich schon E-Up-Käufer damals ärgerten: Die Temperierung schnappt beim Abstellen jedes Mal auf 22° C zurück. Nur bei ganz kurzen Stopps behält das System die vorher eingestellte Temperierung, die meistens eben nicht auf 22° C stehen dürfte, weder im Winter noch im Sommer. Die Volkswagen AG erklärte damals, das sei zum Strom sparen, was anhand der zu erwartenden Resultate schon damals absurd war.

Ebenso merkt sich das System die vorher eingestellte Rekuperationsstufe nicht, wohl aus denselben Gründen. Es stimmt, dass gleichmäßig Segeln am effizientesten ist. In der Stadt muss ich aber eben häufig langsamer werden, und obwohl die Rekuperation per Bremspedal gut funktioniert, will man als E-Fahrer doch möglichst viel mit nur einem Pedal fahren. Das neue Infotainment-System hätte die Möglichkeit geboten, beide Kritikpunkte im Rahmen der Integration abzustellen. Schade.

Das System auf der Mittelkonsole besteht aus schlichten, großen Schaltern, einem einfarbigen Bildschirm für die Temperierung und einem hochauflösenden LCD-Schirm darunter für Radio und den ganzen Rest. Als Navi kann man sein Smartphone in einen Halter hängen, hinter dem a) Kühlluft und b) Strom per USB für dieses Gerät bereitgestellt werden. Leider war Skodas dazugehörige App „Move and Fun“ zum Test kurzzeitig nicht verfügbar im App Store. Sie entspricht in Funktionsumfang und Bedienung jedoch vollständig dem VW-Äquivalent, das wir im Test des VW Up GTI besprachen. Der wichtigste Punkt der App: Sie enthält kostenlose Karten für Offline-Navigation. Ansonsten zeigt sie Fahrzeugdaten, Energieverbrauchstipps, Kontakte und Audio-Wiedergabelisten.

Skoda Citigo e iV Details (21 Bilder)

Drei Uhren und ein grobauflösender LCD-Teil in der Mitte. Die Lesbarkeit ist gut, eine Prozentanzeige für den Akku wäre trotzdem ganz schön.
(Bild: Clemens Gleich)

Den serienmäßigen Spurhalteassistent empfand ich aufgrund seiner mangelhaften Trefferrate als nutzlos. Manchmal interpretierte er gar reflektierende Bitumenstreifen als Spurmarkierungen.

Die meisten Fahrten fanden überland statt. Bei 20° bis 24° C und recht leeren Straßen maß ich bei normaler, flüssiger Fahrweise 15,7 kWh auf 100 km brutto (also inklusive Ladeverluste). Die Ladeverluste liegen im üblichen Bereich von rund 10 Prozent. Netto zeigt der Wagen dabei also 14,3 kWh an. Zum Autobahntest fuhr ich ausnahmsweise nicht die bei uns üblichen 130 km/h Richtgeschwindigkeit, weil der Höchstgeschwindigkeit des Wagens bei nur 135 km/h liegt.

Ich fuhr Tempomat 120 km/h, weil das eher die Geschwindigkeit ist, die Kunden auf der Autobahn fahren werden, wenn sie ein Stück weit kommen wollen. Dabei verbrauchte der Citigo e über zwei Drittel Autobahn und ein Drittel Landstraße 17,6 kWh (brutto) auf 100 km bei sehr günstigen 17° C Außentemperatur. Verwendet man die Abregelung bei 135 km/h als Tempomat, steigt der Verbrauch bei freier Bahn auf über 22 kWh / 100 km (brutto). Die Faustregel des Fahrdienstes von „150 km Autobahn gehen“ stimmt dann nicht mehr.

Man kann den Citigo e iV auch mit unter 12 kWh (brutto) / 100 km fahren, günstige Wetterbedingungen und etwas Hypermiler-Erfahrung vorausgesetzt. Ein Alltagswert ist das nicht, vor allem nicht für Umsteiger. Als Daumenregel können Sie von 200 km Landstraße oder 150 km Autobahn ausgehen. Im Stadtverkehr ist die Reichweite vor allem von der Temperierung abhängig, aber hier muss der Citigo wohl selten täglich an die Strippe.

Vor allem muss der Fahrer hier für die Effizienz sorgen, wo in teureren Autos schlaue Automatismen auch Einsteigern helfen. Auch die Anzeigen helfen nur sehr bedingt bei der Planung. Es gibt etwa in der Tachoeinheit keinen aufintegrierten Verbrauchswert über die gesamte Ladeetappe, es gibt ihn nur über die aktuelle Fahrt. Diesen Wert würde jedoch enorm bei der Schätzung helfen, wie weit in welcher Geschwindigkeit die Akkuladung einen noch tragen wird.

Das Konzept überzeugt trotz der nicht bearbeiteten Kritikpunkte: Ein kleiner, übersichtlicher Viersitzer mit fünf Türen, kräftiger Beschleunigung, und jetzt auch einem großen Akku für mehr Edge Cases reicht für so viele Einsatzzwecke aus, dass er für viele Kunden zum ersten E-Auto werden könnte. Vielleicht hilft er ihnen, die Freude an kleinen Autos wiederzuentdecken. Um die Häuserecken wuseln in der kleinen Hutschachtel, wie wunderbar! Die schwere Batterie gibt dem ganzen zwar eine unverkennbare Hängebauchschweinigkeit, doch der simple Eingang-E-Antrieb könnte nicht besser passen. Ich möchte immer noch einen, und welche Farbe oder Marke draufsteht, ist ziemlich egal.

Datenblatt
Hersteller Skoda
Modell Citigo e iV
Motor und Antrieb
Motorart Elektro
Leistung in kW 61
bei U/min 2750–11.000
Drehmoment in Nm 212
bei U/min 2750
Antrieb Front
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1428
Spurweite hinten in mm 1424
Radaufhängung vorn Unterer Querlenker, Feder-Dämpferbein
Radaufhängung hinten Verbundachse
Lenkung Zahnstange, elektrisch unterstützt
Wendekreis 9,8
Reifengröße vorn 185/50R16
Reifengröße hinten 185/50R16
Bremsen vorn Scheibe, innenbelüftet
Bremsen hinten Trommel
Maße und Gewichte
Länge in mm 3556
Breite in mm 1645
Höhe in mm 1481
Radstand in mm 2421
Kofferraumvolumen in Litern 251
max. Kofferraumvolumen in Litern 923
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1235
Zuladung in kg 370
Batteriekapazität in kWh 32,3 (netto)
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 12,3
Höchstgeschwindigkeit in km/h 130
Verbrauch
Testverbrauch Minimum Strom in kWh/100 km 11,8 (brutto)
Testverbrauch Strom Durchschnitt in kWh/100 km 15,8 (brutto)
Max. Ladeleistung DC (über CCS) 40 kW
Daten Stand 24. 04. 2020
Modell Skoda Citigo e iV
Ausstattungslinie Ambition (Basismodell)
Preis für diese Ausstattungslinie 20.950 €
Infotainment
DAB+ S
Soundsystem S
Navigationssystem S Smartphone-Adapter mit App und kostenlosen Offline-Karten
Verkehrsdaten in Echtzeit
Freisprecheinrichtung S
Head-up-Display
Assistenz
Tempomat 150
Abstandstempomat
Einparksensoren vorn
Einparksensoren hinten 320 im Komfort-Paket (Sitzheizung, Parksensoren, 6 Lautsprecher)
Einparkassistent
Rückfahrkamera
Totwinkelwarner
Müdigkeitserkennung
Spurhalteassistent S
Matrix-Licht
Funktion
LED-Scheinwerfer
elektrische Heckklappe
Alarmanlage
schlüsselloser Zugang
Fahrwerksoption
CCS-Ladestecker 590
Komfort
Sitzheizung 250
Ledersitze
Optionssitze
beheizbares Lenkrad
Lederlenkrad 320
Klimaanlage S
Klimaautomatik
Automatikgetriebe S
Schiebedach
festes Glasdach
Sitzhöheneinsteller Vordersitze 160
Sonstiges
Andere Farbe außer Gelb 180
Leichtmetallfelgen 730
Preisliste Stand 24.04.20

(cgl)