Elektro-SUV Aiways U5 im Fahrbericht: Nur wenig irritiert

Seite 2: Chinesische Wurzeln

Inhaltsverzeichnis

Weil in China das Smartphone eine noch größere Rolle im Alltag einnimmt als in Europa, ist es bei Autos in und aus der Volksrepublik üblich, viele Funktionen auszulagern, dafür aber ein erhöhtes Maß an Konnektivität zu bieten. Navigation bietet das System beispielsweise nicht – weil es in China üblich ist, die über das Handy laufen zu lassen. Die Möglichkeit, Radio zu hören, wurde erst nachträglich implementiert, weil in China Musik und Nachrichten über das Smartphone gestreamt werden.

Aiways U5 Teil 2 (5 Bilder)

Zehn Patente hält Aiways bei der sogenannten Sandwich-Batterie, die als besonders sicher gilt.

Dass es im Aiways U5 dennoch die Möglichkeit gibt, Radio zu hören, liegt an der Forschung und Entwicklung in Deutschland. In München werden europäische Kundenwünsche ins Fahrzeug implementiert. Mit der nächsten Modellgeneration lässt sich deswegen die Kofferraumklappe höher öffnen und die Kopfstütze in der Höhe verstellen.

Auch an der Sicherheit musste gefeilt werden. Denn der Marktstart begann mit einem Dämpfer – das Elektro-SUV bekam gerade einmal drei Sterne beim Euro NCAP-Crashtest. Die bedeuten zwar, dass das Fahrzeug sicher ist, aber nicht auf dem Niveau, das für 30.000 Euro von einem modernen Auto erwartet werden kann. Das Problem, so Aiways, sei die Elektronik gewesen, vor allem die Auslösezeiten der Airbags. Die seien aber mittlerweile angepasst worden, weswegen die Verantwortlichen beim bald erscheinenden U6 mit fünf Sternen rechnen würden.

Besonders stolz ist Aiways auf seine "Sandwich-Batterie". Die hat ihren Namen von einer Isolationsschicht, die zwischen Batteriemodul und Kühlplatte liegt. Insgesamt zehn Patente hält die Firma in dieser Technologie, die den Akku besonders sicher machen soll. So sei es nach Unternehmensangaben noch zu keinem einzigen Batteriebrand gekommen. Der Speicher im Aiways U5 hat einen nutzbaren Energiegehalt von 63 kWh, was in der Praxis für etwa 300 Kilometer reicht. Angegeben sind im WLTP 421 Kilometer Reichweite und ein Verbrauch von 16,6 kWh/100 km. Zum Vergleich: Die Batterie in der Basisvariante des Audi Q4 hat einen nutzbaren Energiegehalt von 51,5 kWh, beim BMW iX3 sind es 74 kWh.

Aiways setzt auf die verbreitete 400-Volt-Technik. An einer Gleichstromladestation reichen laut Katalog 35 Minuten, um den Akku von 20 auf 80 Prozent seiner Kapazität zu laden. 90 kW Ladeleistung gibt es bis etwa 35 Prozent Batteriefüllstand, danach wird die Leistung heruntergeregelt, wobei der Leistungseinbruch bei etwa 75 Prozent am höchsten ist. Da sackt er von 60 auf 40 kW ab.

Wechselstrom lädt der U5 nur einphasig, was bei der Kapazität seiner Batterie allenfalls mal eine Option für den Notfall sein kann. Nur an öffentlicher Ladeinfrastruktur lassen sich die 6,6 kW komplett nutzen, die an Wechselstrom im U5 möglich sind. An einer privaten Wallbox ist in der Regel bei spätestens 4,6 kW das Maximum erreicht, was 20 Ampere an einer Phase bedeutet. Wer eine von der KfW geförderten Wallbox nutzt, muss mit maximal 3,7 kW auskommen, denn in den Förderbedingungen sind 11 kW an drei Phasen festgeschrieben. Was bei vielen Plug-in-Hybriden schon nervt, wird in einem Elektroauto einfach lästig. Aiways sollte zügig ein dreiphasiges Ladegerät anbieten - zumindest optional.

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In China arbeitet Aiways schon an neuen Technologien. In der Provinz Shanxi südwestlich von Peking laufen derzeit Forschungsprojekte für Batteriewechselanwendungen und dezentralisierten Ladesystemen mit integrierten Photovoltaikanlagen.

Natürlich möchte der Aiways auch bei den Fahrassistenzsystemen vorne mit dabei sein. In China sind diese Technologien obligat und hierzulande kann zumindest für eine hohe Einstufung beim Crashtest nicht mehr auf sie verzichtet werden. Die Rundumkameras sind beim Ein- und Ausparken wirklich hilfreich, dazu kommen unter anderem Verkehrszeichenerkennung, automatisches Fernlicht, Notbremsfunktionen und Abstandstempomat. Letzterer funktioniert allerdings nur bis Tempo 130.

Die Fülle an Systemen kann und sollte – wie in jedem Fahrzeug – individualisiert werden, damit sie den Fahrer zwar unterstützen, aber nicht stören. Im U5 kann quasi alles aktiviert, deaktiviert oder zumindest stumm geschaltet werden. Das ist wichtig, denn einige Helferlein sind einfach zu streng. Die Geschwindigkeitswarnung springt beispielsweise bei der geringsten Überschreitung an. Wie viel gerade erlaubt ist, weiß das System dank präzise arbeitender Schildererkennung. Wer sich mit Bremsen oder Beschleunigen in die Arbeit des Tempomats einmischt, wird ebenfalls per Warnhinweis darauf aufmerksam gemacht, dass er genau das getan hat. Der Tempomat stellt sich zudem auf die Umgebungsvariablen ein: So wird beispielsweise langgezogenen Kurven wird abgebremst.

Grundsätzlich bietet der Aiways U5 das Fahrverhalten, das sich Kunden von einem Elektro-SUV mit 150 kW erwarten. Im Stadtverkehr braust der Wagen konventionellen Verbrennern beim Ampelstart davon, auf der Autobahn sind es vor allem die Sprintfähigkeiten, die beeindrucken, wenngleich bei Tempo 160 elektronisch abgeregelt wird. Der U5 ist komfortabel abgestimmt, lenkt und bremst präzise, wobei letzteres durch stufenweise einstellbare Rekuperation verschieden kräftig unterstützt werden kann.

Der Aiways U5 kostet inklusive Zulassung und Überführung und nach Abzug aller Prämien 29.993 Euro (Standard) bzw. 33.070 Euro (Premium-Modell). Die Serienausstattung ist sehr umfangreich, einziges Extra ist eine Zwei-Farben-Lackierung. Wer den Ausstattungsumfang mit einbezieht, wird rasch feststellen, dass es für dieses Geld kein vergleichbares Auto aus europäischer Fertigung gibt. Der ähnlich große Skoda Enyaq (Test) wird in entsprechender Konfiguration erheblich teurer, der Peugeot e-2008 (Test) ist kleiner.

(fpi)