Test Elektroauto Honda e: Cool statt funktional

Seite 2: Kaputtkamera

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Der ärgste Fehler sind jedoch ausgerechnet diese Kameraspiegel, die sich ja gerade nicht nur bei Honda durchsetzen. Bei Dunkelheit (Winter) und Dreck (Winter) sind die Dinger nicht nur nahezu nutzlos, sondern deshalb geradezu gefährlich. Ich fahre nachts nichtsahnend auf die Autobahn auf. In den Spiegelbildschirmen riesig aufblühende Scheinwerfer. Die Kamera blendet ab. Ich sehe nur noch Scheinwerfersonnen, aber keine Spurmarkierungen.

Ich hatte noch nie eine beängstigere Autobahnauffahrt, und letztlich behalf ich mir durch einen Blick durchs Fenster mit Eulenhals-Extremschulterblick. Da können die Zulieferer viel vom kleineren toten Winkel schwadronieren, ich bin etwas erstaunt, dass man so ein System für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen bekommt. Ich dachte, Sicherheit wäre aktuell so wichtig ...

Honda e Kabine (24 Bilder)

"Das ist ja cool!" Bildschirmleiste schindet Eindruck.
(Bild: Clemens Gleich)

Die Kameras sind optimiert auf Tages- bis Schwachlicht im Ort mit Straßenbeleuchtung. Für einen sicheren Betrieb überland und Autobahn bräuchten sie dringend Infrarotlampen und Infrarot-Empfindlichkeit plus eine automatische Waschanlage. Das ist nicht meine alleinige Einbildung. Kürzlich unterhielt ich mich mit einem Automotive-Ingenieur, der genau die Probleme "Winterwetter und Dunkelheit" als kritisch für Kamerasysteme ansah, die Spiegel ersetzen sollen.

Den Bildschirm im Rückspiegel verwendete ich folglich ebenfalls nie (man kann ihn abschalten und die Plexiglas-Spiegelung verwenden). Aktuell hoffe ich, dass sich Kameraspiegel auf so einem Niveau nicht durchsetzen, damit ich nicht noch einmal damit in einem Testwagen nachts auf die A3 einfädeln muss. Die EU soll mal Mindestanforderungen festlegen: schlechter als ein Spiegel darf es nicht werden.

Die ganzen Schwächen, das potenziell gefährliche Rückspiegelsystem, alles führt jedoch nicht dazu, dass man das Auto hasst. Man verzeiht ihm. Es zeigt schon durch die Gestaltung klar: "Ich bin ein Experiment. Ich zeige, wie ein Elektroauto aussehen kann. Ich zeige dabei, warum es meistens nicht so aussieht." Dieser Umstand positioniert den Honda e anders als etwa den Mini oder den Abarth, denn diese beiden Nischen sind trotz ihrer eigenen Probleme Produkte auf Großserienniveau. Im e fühlst du dich immer, als hätte dir Honda einen Prototypen zum Herumpesen überlassen. Und das Herumpesen ist dann auch noch so toll! Ich fuhr den Wagen wie viele Fahrspaßfahrzeuge: "Ach! Ich muss unbedingt noch nach, Dings: Würzburg fahren! Ja. Ich muss etwas essen. Das geht nur dort. Prepare the Honda!"

Den Interessierten sage ich daher immer dasselbe auf ihr "Das ist ja cool!": Ja, das ist cool. Es funktioniert aber vieles davon nur so lala. Deshalb kann ich den e, so sehr ich ihn mag, nicht als funktionalen Zweitwagen empfehlen. Trotz des hohen Verbrauchs bieten die PSA-Dinger über die Nutzungszeit mehr Funktion pro Euro. Aber wer schon immer mal ein cooles Konzept aus Hamamatsu fahren wollte, wird mit Hondas Konzeptkarre sehr glücklich werden. Angesichts des Preises, Hondas Produktionsplan und der funktionalen Probleme wird das Auto sowieso selten bleiben. Wer weiß, was er tut, bereut in zwanzig Jahren nichts. Siehe auch: Honda Zoomer. Wer jedoch einen Elektro-Zweitwagen sucht, findet nüchterne Funktion anderswo günstiger und winternachttauglicher.