Test Porsche 718 Spyder

Seite 2: Handgelenkschaltung

Inhaltsverzeichnis

Dieses Getriebe ist das erste neue Porsche-Handschaltgetriebe, das ich gefahren bin. Was soll ich also dazu sagen? Es ist genau so, wie es sich der Porsche-Fan vorstellt, denke ich. Oder besser: wie er sich das wünscht. Auf kurzen Wegen klicken die Gänge hinein. Eine Armbewegung ist fast zu viel, für den nächsten Gang reicht das Handgelenk. Beim Herunterschalten gibt das Auto auf Wunsch automatisch Zwischengas. Mit Gas, Massenträgheit, Fußkupplung und Handhebel das lange Drehzahlband dieses Motors zu dirigieren, das macht schon beim Herumgurken Freude – einfach, weil es funktioniert wie ein Uhrwerk. Statt Druck von unten sind hohe Drehzahlen angesagt: Maximalleistung bei 7600 U/min, dann 400 Umdrehungen Überdrehbereich, dann Begrenzer. Bedeutet: ausdrehen oder Rundenzeit verschenken.

Überhaupt prägt am Spyder die mechanistische Situation des Fahrers: Dort, zwischen Motor und Lenkung, ist dein Platz: nicht zu viel, nicht zu wenig, und dort sollst du genauso gut funktionieren können wie der Rest des Gesamtsystems Sportwagen. Ob du es dann tust, ist dein Bier. Es nicht wenigstens zu versuchen, fällt jedoch schwer. Das Zusammenspiel nimmt einen mit. Dort fühle ich das Rad, hier heult leise das Getriebe, daneben heult laut der Motor, also drehe ich am altmodisch dünnen Lenkrad diesen Winkel ein und schwimme in Endorphinen, wenn das kurveninnere Vorderrad sanft den Scheitelpunkt im Staub des Randstreifens küsst.

Porsche 718 Spyder Details (25 Bilder)

Es gibt kein schlechtes Wetter. Es gibt nämlich Regenreifen.
(Bild: Clemens Gleich)

An der Hinterachse überträgt ein Sperrdifferenzial mit Torque Vectoring die Motorleistung kurvenausgangs auf Michelin Cup Sport 2. Dieser Satz alleine verrät schon, an wen sich dieses Auto wirklich überhaupt nicht richtet: Cabrio-Fahrer, die einfach gechillt cruisen wollen.

Denn es gibt keinen „Sport“-Modus. Das Auto IST der Sportmodus. Mehr noch: Es ist der Mittelmotor-Sportmodus, und das auf eine Art und Weise, die man mögen muss. Der große Handling-Vorteil des Mittelmotors liegt in Massenzentralisierung, gepaart damit, dass die drehenden Massen dann ebenfalls mittiger liegen. Sie stabilisieren also weniger. Das hilft dem Handling, auf der Kehrseite bietet es jedoch auch nicht dieselbe Trägheits-Stabilität wie die Konfiguration „Motor vorn treibt Hinterräder an“.

Auf den Cup 2 im Regen reicht schon ein weniger griffiger Kreisverkehr, um beim Herausfahren genug Beschleunigung um die Gierachse für eine Drehung aufzubringen – bei eingeschalteten Fahrhilfen. Diese Fahrhilfen sollen nämlich tatsächlich dem Sportfahrer helfen, Grenzbereichsüberschreitungskosten gering zu halten. Sie helfen dir nicht, wenn du gar nicht Autofahren kannst. Es gibt keinen Vollkasko-Modus. Auch das eine absichtliche, bewusste Entscheidung hin zum Mittelmotor-Sportwagen-Erlebnis. Ein bisschen kitzelig soll es sein. Ich finde es wunderbar. Wer jedoch vorher nie Mittelmotor fuhr, lebt sicherlich günstiger, wahrscheinlich länger mit einem der anderen 718-Modelle.

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Nur kurz zum Verdeck: Ja, es gibt mehrheitlich einfachere Verdeck-Systeme. Ohne die Streben kam Porsche jedoch nicht aus, weil der Wagen 300 km/h fährt. Erinnern wir uns daran, wie schlimm es beim ersten Boxster Spyder war, dann erscheint das aktuelle Verdeck doch ganz okay.

Am Ende das, was alle ans Ende drucksen, die den Spyder fuhren: Dieses Auto kostet bald 100.000 Euro und wird selten unter diesem Preis konfiguriert werden. Alleine die tollen Vollschalensitze kosten 5500 Euro extra. Für die meisten von uns ist der Spyder daher eher ein Symbol, ein „Abgesang“ gar, auf eine altmodische Art von Auto. Ganz sicher wird es neue, tolle Sportwagen geben. Der Taycan zeigt es an. Ob es dagegen noch viele Autos wie den Spyder geben wird, ist viel fraglicher. Deshalb ist ein Umstand so schön: Der Porsche 718 Spyder ist ziemlich genau so, wie du ihn dir erträumst.

(cgl)