Berlin nimmt EU-Verfahren wegen "Lex Telekom" notfalls in Kauf

Die Bundesregierung eskaliert die Auseinandersetzung mit der EU-Kommission um die Regulierungsferien für das VDSL-Netz der Deutschen Telekom.

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Von
  • Jürgen Kuri
Im Konflikt zwischen Brüssel und Berlin um die Novelle des Telekommunikationsgesetzes verhärten sich die Fronten. Die Bundesregierung halte an ihrem Vorhaben fest und sei deshalb auch bereit, notfalls ein EU-Vertragsverletzungsverfahren zu Jahresbeginn hinzunehmen, verlautete laut dpa am heutigen Montag aus Regierungskreisen.
Reding wird am kommenden Donnerstag in Berlin Gespräche mit der Bundesregierung führen. Die Luxemburgerin will, falls das deutsche Gesetz wie geplant kommt, im Januar – und damit zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft – rechtlich gegen die Bundesregierung vorgehen. Das Verfahren könnte dann in letzter Konsequenz in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden. Die Gesetzesnovelle soll in den nächsten Wochen im Bundestag debattiert werden; dort sind noch Änderungen möglich.
Über die Regulierungsferien für das Glasfasernetz der Telekom gibt es in Deutschland und zwischen der Bundesregierung und der EU seit einiger Zeit heftigen Streit. Die Bundesregierung will bei der Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes (TKG) das neue Netz der Telekom für eine gewisse Zeit von der Regulierung ausnehmen und damit der Konkurrenz verschließen mit der Begründung, dadurch Innovation und Investition in neue Infrastrukturen zu fördern. Mit dem Glasfasernetz ermöglicht die Telekom VDSL-Anschlüsse beim Endkunden mit einer Bandbreite von biszu 50 MBit/s.
Die umkämpfte Klausel im neuen Telekommunikationsgesetz, die von der EU-Kommission strikt abgelehnt wird, sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Konkurrenten erst einmal abzuschotten; Wettbewerber sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen. Diese bereits im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot festgehaltene Regelung stieß von Anfang auf heftige Kritik der Konkurrenz.