Bundesrat gegen Entschädigung von Telcos für Überwachungsdienste
In ihrer Position zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes halten die Länder an den "Regulierungsferien" für die Telekom beim VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz fest, Forderungen von Verbraucherschützern fanden keine Mehrheit.
Der Bundesrat hat sich in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag gegen eine Klausel zur angemessenen Entschädigung von Telekommunikationsanbietern für die Erbringung von Überwachungsdienstleistungen ausgesprochen. Die Bundesregierung will mit ihrem Entwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) den Unternehmen eine Kostenerstattung dafür gewähren, dass sie auf gerichtliche Anordnung den Telefonverkehr überwachen oder Auskünfte über Verbindungsdaten an Strafverfolger geben. Die Länderchefs folgten dagegen einer Empfehlung der Innen- und Rechtsausschüsse der Kammer, wonach die Hilfssheriffstätigkeiten der Telcos zu den im Rahmen von Zeugenverpflichtungen jedes Bürgers zu erbringenden Leistungen gehören. Demnach sollen die Firmen für ihre Überwachungsdienste weiter nur nach den geringfügigen Sätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz "entlohnt" werden.
Die Branchenvereinigung Bitkom hatte gestern noch vehement für die Entschädigungsklausel Partei ergriffen. "Innere Sicherheit ist eine originäre Staatsaufgabe. Es darf nicht sein, dass de facto alle ehrlichen Telefonkunden zur Kasse gebeten werden, um der Polizei die Arbeit zu erleichtern", kritisierte der Verband. Er erinnerte zudem daran, dass der Bundesrat noch im vergangenen Herbst selbst die Forderung aufgestellt hatte, endlich angemessene Entschädigungssätze zu verabschieden.
Mehr Erfolg hatte die Industrie mit ihren Protesten gegen weitere Auflagen für Telcos zum Verbraucherschutz. So erhielten die entsprechenden Kernempfehlungen des Agrarausschusses im Plenum keine Mehrheit. Das Gremium hatte sich für eine Verpflichtung der Anbieter von Mehrwertdiensten eingesetzt, etwa bei Abos für Klingeltöne dem Endnutzer einen kostenlosen Hinweis in Form einer "Warn-SMS" bei anfallenden Gebühren von über 20 Euro im Monat zu schicken. Zudem sollten "Call by Call"-Anbieter sowie die Vermittler von Premium- oder Auskunftsdiensten generell eine Preisansage schalten müssen. Auch mit seinem Plädoyer, dass Mobilfunkbetreiber ihren Kunden auch bei der Nutzung von Prepaid-Karten einen zumindest elektronischen Einzelgesprächsnachweis zur Verfügung stellen müssen, konnte sich der Ausschuss nicht durchsetzen. Allein seine Forderung, dass Anbieter von Quiz-Sendungen oder anderen interaktiven Diensten im Fernsehen Preisanzeigen gut lesbar zu gestalten haben, erhielt den Segen der Länderfürsten.
Kritik an einem der am heftigsten umstrittenen Punkte des Regierungsentwurfs, den geplanten "Regulierungsferien" für das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom, üben die Länder kaum. Die Bundesregierung möchte erreichen, dass der Altmonopolist mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten in den Markt gehen darf. Die entsprechende Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Wettbewerbern erst einmal abzuschotten. Die Länderkammer spricht sich nun nur dafür aus, im weiteren Gesetzgebungsverfahren etwa den Begriff des "nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes" im Entwurf "konsequent" zu verwenden. Laut der Schlüsselpassage in Paragraph 9a soll die Regulierung eines "neuen Marktes" nur erfolgen, wenn der "nachhaltige" Wettbewerb langfristig in Gefahr zu geraten droht.
"Die Telekom hat es wieder einmal geschafft, politisch ihre Interessen durchzusetzen und eine durch den Wettbewerb notwendig gewordene Aufrüstung ihres Glasfasernetzes als Innovation zu verkaufen", meint dazu VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. "Die Mitglieder des Bundesrats sind damit auch dem Vorschlag ihres eigenen Wirtschaftsausschusses nicht gefolgt, der sich dafür ausgesprochen hatte, zumindest das Wort 'langfristig' aus dem Gesetzestext zu streichen."
Korrekturbedarf sehen die Länderchefs ferner bei den Formulierungen der Bundesregierung zum Einsatz von Mobilfunkblockern in Gefängnissen oder bei Großveranstaltungen. "Die Landesjustizverwaltungen dürfen auf dem Gelände der Landesjustizvollzugsanstalten technische Geräte zur Störung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen dienen", soll im TKG-Entwurf klargestellt werden. Eine gesonderte Frequenzzuteilung müsse dafür nicht erfolgen. Um den Mobilfunkverkehr außerhalb der Gefängnisgelände nicht zu beeinträchtigen, "soll die Bundesnetzagentur im Benehmen mit den Bedarfsträgern und den betroffenen Frequenzzuteilungsempfängern angemessene Rahmenbedingungen" für die Nutzung der Störsender festlegen. Jede Blockade sei der Regulierungsbehörde anzuzeigen, welche die betroffenen Frequenzzuteilungsempfänger unverzüglich darüber informieren soll.
Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch:
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(Stefan Krempl) / (anw)