Marktforscher: Intel steht vor wichtigen strategischen Kurskorrekturen

Die Marktforscher von In-Stat/MDR sehen den Chip-Weltmarktführer vor entscheidenden Strategiewechseln -- statt Taktfrequenz-Wettrennen soll jetzt das Feature-Hochrüsten kommen.

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Die Marktforscher von In-Stat/MDR sehen den Chip-Weltmarktführer vor entscheidenden Strategiewechseln -- statt Taktfrequenz-Wettrennen soll jetzt das Feature-Hochrüsten kommen.

Der Analyst Jim McGregor bringt seinen neuesten Bericht "Intels Fertigungskapazität und Die-Kosten" mit der Bemerkung auf den Punkt, der Hersteller stehe vor einer Fülle von Herausforderungen und Veränderungen. Er stellt Intels Entscheidung, im kommenden Jahr einen Dual-Core-Prozessor zu bauen, in einen Zusammenhang mit den zu stark angewachsenen statischen Leckströmen. Diese seien für Prozessoren, die auf hohe Taktfrequenzen ausgelegt werden, bei der 90- und 65-Nanometer-Fertigungstechnik nicht mehr in den Griff zu bekommen. Deshalb müsse Intel statt durch weitere Frequenzerhöhungen die Prozessorleistung durch andere Maßnahmen, also neue Funktionen und Produkteigenschaften, steigern.

Außerdem meint McGregor, dass Intel mit seinen vier bereits laufenden 90-Nanometer-Fabs und den zwei für die Inbetriebnahme bis Ende 2005 vorgesehenen 65-Nanometer-Fabs, die sämtlich 300-mm-Wafer verarbeiten, weit mehr Fertigungskapazität zur Verfügung habe, als zur Produktion von 32- und 64-Bit-Prozessoren nötig wäre. Deshalb werde Intel in Zukunft auch Chipsätze, Netzwerk-Chips und andere Produkte auf die kleineren Strukturgrößen migrieren -- bisher war es üblich, mit solchen Produkten die bereits amortisierten Anlagen für gröbere Strukturen auszulasten. Damit folgt man auch der wirtschaftlichen Vernunft, weil solche preiswerteren Produkte deutlich weniger Umsatz bringen als teure Mikroprozessoren. Intel hatte allerdings bereits im Herbst 2002 angekündigt, die 90-Nanometer-Prozesstechnik sehr flexibel nutzen zu wollen. Außerdem hat Intel auch für seine NOR-Flash-Speicherchips jeweils sehr moderne Fertigungsverfahren eingesetzt, oft wesentlich früher als die Konkurrenten.

Durch die im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten kleinere Die-Fläche der Chips liegen die Herstellungskosten niedriger, außerdem sind bei vielen Schaltungen höhere Frequenzen oder kürzere Zugriffszeiten (und damit höhere Verkaufspreise) möglich. Und Strukturverkleinerungen können auch die Leistungsaufnahme senken, wenn die Leckströme kontrollierbar bleiben.

Laut In-Stat/MDR gehe Intel außerdem zunehmend dazu über, nicht mehr komplett neue Werke für neue Fertigungsanlagen zu bauen, sondern vorhandene Fabs mit verbesserten Maschinen umzurüsten (Re-Tooling).

Mit der Bemerkung über die hohe Produktionskapazität lässt McGregor ein Thema anklingen, das auch andere Branchenkenner und vor allem Anleger umtreibt: Wie stark wird der aktuelle Aufschwung der Halbleiterbranche wirklich ausfallen? Intels leicht gesunkene Bruttogewinnmarge (über die viele andere Firmen allerdings überglücklich wären) und erhöhte Lagerbestände schüren Befürchtungen, dass hohe Produktionskapazitäten zu einem sehr raschen Preisverfall führen könnten, der das Umsatzwachstum reduziert. (ciw)