Vorstellung Lexus RZ: Elektroauto bekommt steer-by-wire

Lexus versieht das SUV RZ mit einem Facelift, das etwas Kosmetik und eine Lenkung mitbringt, die keine mechanische Verbindung mehr hat. Eine erste Proberunde.

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Lexus RZ

(Bild: Lexus)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Joaquim Oliveira
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Versuche, Lenkrad und Lenkung nicht mehr mechanisch miteinander zu verbinden, gab es in den vergangenen Jahrzehnten bei vielen Autoherstellern. In Serie tatsächlich gebaut haben das bislang nur Infiniti und Tesla. Der Toyota-Konzern hat es lange angekündigt, nun wird eine sogenannte Steer-by-wire im überarbeiteten Lexus RZ angeboten. Wir konnten bereits eine kleine Proberunde drehen.

Lexus hatte die Einführung von Steer-by-Wire bereits vor zwei Jahren geplant, aber es sei notwendig gewesen, die "Bedienung zu verbessern und das Ansprechverhalten weniger direkt zu gestalten", erklärt Chefingenieur Yasuyuki Terama. Ursprünglich benötigte der Fahrer einen Lenkwinkel von nur 150 Grad, um das Lenkrad von der Mittellage komplett zu drehen oder 300 Grad, um von einer Seite zur anderen zu gelangen. Das wurde es auf 200 und 400 Grad vergrößert. Deutlicher wird das vielleicht, wenn man sich vorstellt, dass nur etwas mehr als eine halbe Lenkradumdrehung für einen vollen Radeinschlag benötigt wird. Noch immer unterscheidet sich das Lenken damit fundamental von herkömmlichen Systemen.

Die Lenkstange entfällt, die Übermittlung von Lenkbefehlen erfolgt über ein Poti am Lenkrad und einen Stellmotor an der Lenkung. Es entfallen Antriebseinflüsse und Vibrationen, allerdings ist die Rückmeldung von der Fahrbahn eben auch dahin. Andererseits entfällt jegliches Kurbeln am Lenkrad, was insbesondere in engen Kurven gewöhnungsbedürftig ist. Es bedarf einer gewissen Eingewöhnung, um zu vermeiden, dass man übersteuert und damit einen Bordstein überfährt oder auf der Innenseite einer Kurve einen Gegenstand trifft. Doch man gewöhnt sich an das rein elektrische System überraschend schnell. Fraglos wird das nicht jedem Fahrer behagen, schon mit kleinen Lenkbefehlen große Spurveränderungen zu verursachen. Doch es braucht nicht viel, sich die nächsten Schritte vorstellen zu können. Zu denen wird vermutlich gehören, dass es dem Fahrer in gewissen Grenzen freigestellt wird, einstellen zu können, welchen Winkel er am Lenkrad für welche Richtungsänderung haben möchte.

Lexus RZ 2026 (10 Bilder)

Lexus hat den RZ nur dezent überarbeitet. Ein Käufer-Magnet ... (Bild:

Lexus

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Die Modellpflege bringt auch an anderen Stellen Fortschritte mit sich. An Wechselstrom kann nun mit bis zu 22 kW geladen werden. Die DC-Ladeleistung bleibt mit 150 kW gleich, allerdings steigt die durchschnittliche Nettoladeleistung leicht an. Denn die Zeit, in der von zehn auf 80 Prozent geladen wird, bleibt trotz leicht gestiegenen Energiegehalts mit 30 Minuten gleich. Statt 71,4 hat die Batterie nun 77 kWh. Bisher lag die Ladeleistung im besagten Fenster bei 100 kW, jetzt sind es knapp 108 – wie immer unter idealen Bedingungen und zuzüglich der Ladeverluste. Nachgeladen in diesen 30 Minuten knapp 54 kWh. Im Jahresmittel dürfte das für schätzungsweise 250 bis 270 km auf der Autobahn reichen, sofern man es mit dem E-SUV dort nicht krachen lässt.

Nur im Basismodell RZ 350e hat der Kunde die Wahl, statt 20- alternativ 18-Zoll-Felgen samt schmalerer Bereifung zu wählen. Auf die Reichweite hat das einen erstaunlich großen Einfluss, denn im WLTP verspricht Lexus mit den kleineren Rädern 568, mit den großen 508 km. Bei den Modellen mit Allradantrieb hat der Kunde keine Chance auf ein bescheideneres Format als 20 Zoll. Ihre Reichweite im WLTP gibt Lexus mit rund 450 km an. Der Verbrauch im Zyklus liegt bei 14,4 bis 18,4 kWh/100 km.

Vermutlich werden die meisten Kunden dennoch eines der Allradmodelle vorziehen, denn die fahren sich etwas angenehmer als ein leistungsstarker Fronttriebler. Das Grundmodell hat schon 167 kW und 269 Nm zu bieten. Es ist auf 160 km/h beschränkt und beschleunigt in 7,5 Sekunden auf 100 km/h. In den beiden Allradlern kommt ein 167-kW-Motor an der Hinterachse hinzu. Die Systemleistung liegt im RZ 500e bei 280, im RZ 550e bei 300 kW. Das E-SUV beschleunigt damit bis auf 180 km/h. In der "F Sport"-Variante simuliert ein "Interactive Manual Drive" eine Achtgang-Automatik, was vermutlich jene überzeugen soll, denen die klassischen Zugkraft-Differenzen eines Verbrenners samt dessen Getriebe fehlen. Ich halte das für ähnlich wichtig wie die optionale Einblendung synthetischer Antriebsgeräusche aus den Lautsprechern – nämlich gar nicht.

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Eingerichtet ist der RZ weiterhin hochwertig, die Verarbeitung wirkt solide. Das Platzangebot ist ausreichend, was bei einem 4,8 m langen Auto mit 2,85 m Radstand auch nicht anders zu erwarten ist. Das Kofferraumvolumen von nur 522 Litern enttäuscht dagegen – da bietet selbst ein deutlich kürzerer VW ID.5 etwas mehr. Eher schlicht ist die Instrumentierung, die grafisch nicht gerade modern wirkt und mit zu kleinen, schwer erkennbaren Zeichen bestückt ist. Sichtbare Schraubenköpfe am Lenkrad und keine ausgekleideten Türtaschen passen nicht zum Premiumanspruch von Lexus. Es fehlt ein Handschuhfach, und die einzig geschlossene Ablage zwischen den Vordersitzen ist mit Bedienungsanleitung, Warnweste und Fahrzeugpapieren belegt. Das Tastenbediensystem am Lenkrad ist alles andere als intuitiv. Schade auch, dass sich das große Glasdach auf Knopfdruck zwar verdunkeln, aber nicht öffnen lässt.

In den Handel soll der überarbeitete RZ Anfang nächsten Jahres kommen. Lexus verrät noch keine Preise, doch das Basismodell dürfte trotz etwas mehr Leistung weiterhin bei rund 56.000 Euro liegen. Die prall ausgestattete Spitzenversion kostete bisher 73.000 Euro. Spätestens für diese Summe hat der Lexus RZ reichlich Konkurrenz, die zwar keine zehn Jahre Batteriegarantie bieten, aber schneller laden und weiter fahren können. Größere Hoffnungen auf massiv erhöhte Verkaufszahlen dürfte sich Lexus daher kaum machen.

(mfz)