Benziner zu Hybriden

Verschiedene Start-ups in den USA wollen herkömmliche Automotoren zu Hybridantrieben umrüsten. Zielgruppe sind vor allem Nutzfahrzeugflotten, die damit ihre Betriebskosten senken könnten.

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Von
  • Kevin Bullis

Verschiedene Start-ups in den USA wollen herkömmliche Automotoren zu Hybridantrieben umrüsten. Zielgruppe sind vor allem Nutzfahrzeugflotten, die damit ihre Betriebskosten senken könnten.

Alle reden vom Elektroauto als der umweltfreundlichen Lösung für die Mobilität von morgen. Was aber macht man mit den Hunderten Millionen Wagen, die Benzin oder Diesel tanken? Man könnte sie zu Hybridautos umrüsten: Mit dieser Idee werben derzeit einige US-Start-ups Millionen an Investitionskapital ein. Die Kosten für die Umrüstung, betonen sie, könnten sich bereits nach wenigen Jahren amortisieren, weil die Halter Geld an der Tankstelle und in der Werkstatt sparen.

XL Hybrids aus dem US-Bundesstaat Massachusetts etwa will mit der Hybridisierung den Spritverbrauch von Taxis, Lieferwagen und anderen Nutzfahrzeugen um 15 bis 30 Prozent senken. Alt-E, eine Gründung von ehemaligen Tesla-Motors-Ingenieuren aus Michigan will Nutzfahrzeuge zu „Plug-in-Hybrids“ umfunktionieren. Deren Batterien können auch an der heimischen Steckdose aufgeladen werden und ermöglichen eine anfängliche Reichweite von gut 60 Kilometern. Danach wird der Akku wie bei herkömmlichen Hybridautos aus der Bremsenergie während der Fahrt wieder aufgeladen. Hybrid Elektric Vehicle Technologies (HEVT) aus Illinois wiederum will die Umrüstung sowohl zu Hybrid- als auch zu Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen anbieten.

Auch die großen Automarken haben Plug-in-Hybride ins Visier genommen. Ab Ende 2011 soll als erstes der neue Chevrolet Volt von General Motors auf den Markt kommen. Diese Plug-in-Hybride werden allerdings den Bedürfnissen von Nutzfahrzeughaltern noch nicht gerecht. Auch die konventionellen Hybridmodelle, die in den vergangenen Jahren immer populärer geworden sind, eignen sich nur bedingt etwa für Taxis. Die Städte Boston und New York schreiben Taxiunternehmen bereits den Umstieg auf Hybridantriebe vor. Doch die Taxifahrer wollten von den existierenden Modellen nichts wissen, sagt Amy Fazen, bei XL Hybrid für das operative Geschäft zuständig.

In diese Lücke wollen die neuen Umrüster stoßen. Alt-E ersetzt den alten Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor, Akkus, eine elektronischer Steuereinheit und einem Benzin-getriebenen Generator. Für dieses Konzept hat Alt-E 28 Millionen Dollar von privaten Investoren und staatlichen Förderprogrammen zusammenbekommen.

Die Umrüstungskonzepte der beiden anderen Firmen sind etwas bescheidener. Sie ergänzen den vorhandenen Verbrennungsmotor nur um einen Elektromotor (samt Akkus und Steuereinheit). Der wird mit der Kardanwelle eines Hinterachsantriebs verbunden. XL Hybrids hat für dieses Konzept 1,8 Millionen Dollar Kapital erhalten, HEVT rund eine Million Dollar.

Die Steuersysteme, die den Elektromotor mit der vorhandenen Bordelektronik verbinden, sind allesamt Eigenentwicklungen der drei Unternehmen. Billig wird die Umrüstung in keinem Fall: Alt-E gibt einen Preis von 26.500 Dollar an– soviel kostet ein Ford F150 Pickup neu –, XL Hybrids will Lieferwagen und Taxis für etwa 10.000 Dollar in umweltfreundlichere Autos verwandeln. Bislang haben die Start-ups ihre Technologie aber nur an ein oder zwei Fahrzeugen demonstriert.

Die Firmen betonen jedoch, dass eine Umrüstung gerade für Nutzfahrzeugflotten wirtschaftlich sinnvoll sei. Weil die pro Jahr deutlich mehr Kilometer zurücklegen als Privat-PKW, sind Kraftstoff- und Wartungskosten höher. Die Hybrid- oder Plug-in-Hybrid-Variante senkt nicht nur die Kosten für Benzin oder Diesel, sondern auch den Verschleiß der Bremsen. Die Umrüstung sei besonders interessant für Städte mit Finanzproblemen, die sich kaum Neuwagen für ihre Fahrzeugflotte leisten können, aber dennoch die CO2-Emissionen ihrer Wagen senken wollten, sagt Amy Fazen.

Nutzfahrzeugflotten seien ein „solider Markt“, bestätigt Eric Fedewa, Autoanalyst bei IHS Automotive. Viele Betreiber seien zu einmaligen Kosten bereit, wenn dadurch die Betriebskosten pro Kilometer sinken – der Posten, auf den sie am meisten achteten, so Fedewa. Ersparnisse beim Wartungsaufwand erhöhten wiederum die Zeit, die ein Wagen im Einsatz sein und zum Umsatz beitragen könne.

John Thomas, CEO und Gründer von Alt-E, sieht einen großen Markt bei Nutzfahrzeugen: „Wir sind bereits mit 55 Unternehmen im Gespräch, die zusammen 802.000 Fahrzeuge halten.“ Ziel von Alt-E sei, in den kommenden drei Jahren 90.000 Umrüstungen zu schaffen. Die kämen einer Einsparung von rund 380 Millionen Litern Benzin gleich. Angesichts von einer Milliarde Fahrzeugen, die derzeit weltweit im Einsatz sind und Unmengen CO2 ausstoßen, ist diese Einsparung freilich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Sollten die Umrüster Erfolg haben, könnte dies aber die großen Autohersteller motivieren, verstärkt auch Hybrid-Nutzfahrzeuge anzubieten, sagt Oliver Hazimeh, Analyst bei PRTM. Ford plant bereits eine Elektrovariante seines Transit Connect, der sich als kleiner Lieferwagen nutzen lässt. General Motors hat kürzlich eine Zusammenarbeit mit Bright Automotive angekündigt, das einen Plug-in-Hybrid-LKW entwickelt. Das ist nur der Anfang, ist sich Hazimeh sicher: „Wenn die ersten Fahrzeugflotten umgewandelt werden, wird dies in der Autoindustrie nicht unbemerkt bleiben.“ (nbo)