Elektronische Gesundheitskarte: Entwicklung kann entschleunigt werden

Während in Österreich die e-card ausgeliefert wird, befindet sich ihr deutsches Pendant, die elektronische Gesundheitskarte, am Anfang der Testphase; die aktuellen politischen Turbulenzen kommen dem medizinischen Reformprojekt sehr gelegen.

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Von
  • Detlef Borchers

Während in Österreich die e-card ausgeliefert wird, befindet sich ihr deutsches Pendant, die elektronische Gesundheitskarte, am Anfang der Testphase, in der die Machbarkeit des Gesamtsystems wie die Akzeptanz der Karte geprüft wird. Im Gegensatz zu anderen Vorhaben kommen die aktuellen politischen Turbulenzen dem medizinischen Reformprojekt sehr gelegen: Die Einführung der Gesundheitskarte als Paradestück sozialdemokratischer Technologiepolitik ist nicht mehr an die Bundestagswahl 2006 geknüpft. Entsprechend einfacher sei es, die Testläufe bei Bedarf zu verlängern, ohne gleich mit dem Image vom Maut-Debakel behaftet zu werden, heißt es aus Kreisen der Gematik. Diese ist die Projektgesellschaft, die die ersten Ausschreibungen zur Technik der Gesundheitskarte vorbereitet. Sie sollen Ende Juni veröffentlicht werden.

Kleinere Testreihen sind indes schon früher gestartet worden und liefern erste Ergebnisse. So hat nach einer Mitteilung des Nachrichtendienstes Facharzt.de die Fachhochschule Flensburg eine Umfrage unter 116 Ärzten durchgeführt, die in der Modellregion Flensburg mit einer frühen Version der Gesundheitskarte arbeiten. Obwohl nur 120 Versicherte eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) besitzen und die Datenbasis dementsprechend klein ist, zeichnen sich nach der Umfrage zwei Trends ab. Auf der einen Seite ist die Akzeptanz der Gesundheitskarte bei den Versicherten sehr hoch, weil sie sich "weniger Papierkrieg und eine schnellere Behandlung im Notfall" versprechen. Auf der anderen Seite sind die Ärzte noch nicht von der Gesundheitskarte überzeugt, weil die Technik einfach zu teuer sei. "Diejenigen Ärzte, die bereits die eGK einsetzen, mussten im Durchschnitt 7.000 Euro investieren", heißt es in der Flensburger Studie.

Obwohl das Ausstellen des elektronischen Rezeptes nur marginal vom papierbasierten Rezept abweichen soll, sei die Beratungszeit mit der eGK erheblich gestiegen. Die Ärzte mit der notwendigen Technik müssten durchschnittlich 16 Gesprächsminuten pro Patient in die Information über die Karte und ihre Funktionen investieren, so die Untersuchung. Das sei für manche Ärzte zu viel. Auf der anderen Seite seien es gerade die ärztlichen Informationen, die für die hohe Akzeptanz der Karte sorgen. Versicherte, die sich nur über die Medien zur eGK informierten, stünden der Karte deutlich reservierter gegenüber. Sie hätten auch die größten Sorgen, dass die Daten der eGK missbraucht werden können. Entsprechend fordert die Untersuchung eine bessere Aufklärung über Datenschutzkonzepte bei der Gesundheitskarte.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)