Norton Manx R: TVS bringt Rennsport-Legende als Superbike zurĂĽck
Die legendäre englische Marke Norton meldet sich mit dem Superbike Manx R zurück. 206 PS auf 204 kg dürfte atemberaubend sein, der Preis wahrscheinlich auch.
Die Norton Manx auf der Intermot in Köln
(Bild: Ingo Gach / heise Medien)
- Ingo Gach
Beim Comeback der englischen Traditionsmarke Norton ist, dem Anspruch entsprechend, auch ein Superbike mit dabei. Sein Name „Manx“ verweist auf das von 1947 bis 1963 gebaute, legendäre Rennmotorrad, mit dem Norton reihenweise Siege heimbrachte. Nach der Insolvenz gehört Norton seit 2020 dem indischen Motorradhersteller TVS und der hat im englischen Solihull für über 200 Millionen Pfund ein Werk aus dem Boden gestampft. Norton soll künftig als Premiummarke auftreten. Ob TVS sich und seiner neuen alten Marke allerdings einen Gefallen damit tut, gleich gegen die etablierte und kräftigere Superbike-Konkurrenz anzutreten, ist fraglich, denn Superbike-Klasse verzeichnet nur noch geringe Verkaufszahlen und ist ausgesprochen hart umkämpft.
Aprilia-V4-RR-Motor weiterentwickelt
Fünf Jahre hat es gedauert, bis das neue Modellprogramm stand, aber nun präsentiert Norton voller Stolz die beiden neuen 600er-Reiseenduros Altas und Atlas GT sowie das Naked Bike Manx. Spitzenmodell ist das vollverkleidete Superbike Manx R. Der 1200-cm3-Motor basiert auf dem 72-Grad-V4 aus der Vor-Insolvenz-Zeit, der wiederum von Aprilias 65-Grad-V4-Motor abstammt. Die Norton V4 RR war damals schon schnell und hatte einige eindrucksvolle Ergebnisse bei der TT Isle of Man herausgefahren. Allerdings litten die wenigen mit Straßenzulassung verkauften Exemplare unter etlichen Problemen. Derer hat sich das Entwicklungs-Team angenommen und hoffentlich beseitigt. Interessanterweise blieb Simon Skinner als Entwicklungs-Leiter, obwohl ihm eine Teilschuld bei der Insolvenz vorgeworfen wurde, er musste aber mit Gerry McGovern, der bei Land Rover Jaguar das Design leitet, zusammenarbeiten.
Modern gestaltet
Optisch zeigt sich die Manx R deutlich moderner, aber auch einen Hauch weniger spektakulär als die Vorgängerin. Verschwunden ist zudem der wunderschöne Rahmen aus polierten Aluminiumrohren. Stattdessen verdecken glatte Flächen Motor und Rahmen, die Vollverkleidung geht in den Tank über. Die Front erinnert stark an die Ducati Panigale, nur dass die Norton auf Winglets verzichtet. Die Manx R hat LED-Schweinwerfer mit integrierten Blinkern. Ihr Vorderradkotflügel, Teile der Verkleidung, die Abdeckung hinter dem Motor und vor allem die Felgen bestehen aus Kohlefaserlaminat. Sehr edel wirkt die Fußrastenanlage aus gefrästem Aluminium. Ein Endtopf existiert nicht mehr, die Abgase entweichen aus einem Under-engine-Exhaust. Den Sound soll ein variables Ventil je nach Motordrehzahl anpassen.
Ohne Soziussitz
Die Manx R verzichtet auf einen Soziussitz und bietet dem Fahrer ein recht großzügiges Platzangebot auf dem mit Ziernähten besticktem und mit „Norton“-Schriftzug versehenem Leder. Das Heck gerät sehr kurz und integriert das Rücklicht geschickt in die Schräge. Ein wenig verwundert, dass Norton bei seinem Superbike an der Einarmschwinge festhält.
Norton Manx R (4 Bilder)

Ingo Gach / heise Medien
)Selbst Ducati als einstiger Vorreiter hat sie inzwischen an der Panigale gegen eine Zweiarmschwinge getauscht, es spart nicht nur Gewicht, sondern auch Kosten. Der Kennzeichenträger samt Blinker ist über einen Ausleger an der Schwinge befestigt, um viel Platz über dem fetten 200er-Hinterreifen zu schaffen. Ein Trend, den nicht jeder mag, denn bei nasser Straße ist der Rücken des Fahrers im Handumdrehen eingesaut.
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Weniger Leistung, mehr Drehmoment
Für den 1200er-V4-Motor aus Aluminium gibt Norton eine Leistung von 206 PS bei 11.500/min an. Damit hat die Manx R einen Rückstand zu den Superbikes aus Japan, Italien und Deutschland, von denen die meisten zwischen 218 und 220 PS leisten und höhere Drehzahlen erreichen. Nicht auf jeder Rennstrecke dürfte die Norton das Nachsehen haben, denn die Manx R übertrumpft sie dank ihres Hubraumvorteils im Drehmoment mit 130 Nm bei 9000/min. Das soll laut Norton auch gewollt sein, denn die Entwickler hätten den Motor nicht auf maximale Spitzenleistung, sondern auf möglichst viel Drehmoment zwischen 5000 und 10.000/min abgestimmt. Dank eines Leergewichts von 204 kg erreicht die Manx R eine Leistungsgewicht von unter einem Kilogramm pro PS.
Acht-Zoll-TFT-Touchscreen
Im Cockpit beeindruckt ein acht Zoll großer TFT-Touchscreen mit voller Smartphone-Kompatibilität. Die obere Gabelbrücke unterstreicht den Leichtbau optisch mit großen Aussparungen. Sehr elegant wirken auch die Bedienknöpfe an den Lenkerenden.
Norton Manx R II (5 Bilder)

Ingo Gach / heise Medien
)Beim Probesitzen auf der Intermot in Köln ergab sich eine sportliche Körperhaltung, denn die Lenkerstummel sind recht tief positioniert. In den Rückspiegeln sind hauptsächlich die eigenen Unterarme zu bewundern. Deren Position sollte daher noch einmal überdacht werden. Von den drei auf der Messe ausgestellten Manx R hat eine ein semi-aktives Fahrwerk mit Komponenten von Marzocchi, an den anderen beiden muss die Upside-down-Gabel und das Federbein mit Werkzeug eingestellt werden. Ob beide Varianten in Serie kommen, wollte Norton noch nicht verraten.
Geizt nicht bei der Assistenz
Bei den Bremsen greift Norton mit zum Teuersten, was es aus dem Haus Brembo gibt: Hypure-Vierkolbenbremssättel mit 330-mm-Bremsscheiben am Vorderrad. Auch bei den elektronischen Assistenzsystemen geizt die englische Marke nicht, es kommen Kurven-ABS, Motorbremsmomentregelung, Schlupfregelung, Launch-, Stoppie- und Wheelie-Kontrolle, Berganfahrhilfe und ein bidirektionaler Quickshifter zum Einsatz. Angeblich soll die Manx R drei fixe und zwei frei konfigurierbare Fahrmodi bieten.
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Bestimmt nicht billig
Über den Preis der Manx R schweigt sich Norton noch aus, doch alles unterhalb von 25.000 Euro dürfte für das Edel-Bike unrealistisch sein. Angeblich will Norton seine Modellpalette 2026 auch in Deutschland anbieten, allerdings müsste dafür ein Händlernetz etabliert werden.