AMD will 2008 wieder Geld verdienen

Die AMD-Führungsriege versprach auf dem gestrigen "Analyst Day", ihr Unternehmen 2008 wieder auf Gewinnkurs zu bringen, und kündigte für 2008 und 2009 zahlreiche neue Produkte an.

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Gestern brachte die AMD-Führungsriege einen unangenehmen Auftritt hinter sich: Auf dem 2007 Financial Analyst Day bezogen CEO Hector Ruiz, Chief Operating Officer (COO) Dirk Meyer, CFO Bob Rivet und vier weitere Top-Manager Stellung zur aktuellen Situation ihres Unternehmens und gaben einen Ausblick auf ihre Ziele für 2008. Technikchef (CTO) Phil Hester trat dabei nicht auf.

Bob Rivet nahm kein Blatt vor den Mund, seine Präsentation beginnt mit dem Satz: "2007: The Good, the Bad and the Ugly". Er kündigt für 2008 an, dass AMD einerseits in allen Produktsegmenten deutlich stärker wachsen will als der Markt, und zwar unter anderem durch Konzentration auf Mainstream-Segmente. Andererseits steht ein harter Sparkurs an. Die Investitionen sollen im nächsten Jahr auf rund 1,1 Milliarden US-Dollar schrumpfen, nach geschätzten 1,7 Milliarden in diesem und 1,86 Milliarden US-Dollar im vorigen Jahr. Rivet hält aber viele der Probleme seines Unternehmens für zumindest teilweise überwunden, ungefähr nach dem Motto: 2008 kann nur besser werden. Er räumte freimütig ein, dass man 2007 im Servermarkt Anteile verloren habe und gravierende Fehler gemacht wurden, etwa in Bezug auf den Channel-Vertrieb im ersten Quartal 2007. Zudem kamen zwei Produkte (die Quad-Core-Prozessoren und die Radeon-HD-2000-Grafikkarten) zu spät, und auch bei den Handy-Grafikchips (ATI Imageon) habe man sich auf zu wenige Kunden verlassen.

Doch Rivet hob auch hervor, dass die fünf weltweit größten PC-Hersteller mittlerweile alle auch AMD-Prozessoren verkaufen, dass die Radeon-HD-3800-Serie gut gestartet sei und auch die Fab 36 für 65-nm-Prozessoren sehr gut arbeite. Auch den Channel-Vertrieb habe man in Ordnung gebracht.

Seit Oktober hat die AMD-Aktie rund 40 Prozent ihres Wertes eingebüßt, im Jahresvergleich sind es sogar fast 60 Prozent. Seit vier Quartalen schreibt AMD rote Zahlen, die zum Teil auf den dramatischen Preisverfall bei den x86-Prozessoren zurückzuführen sind und zum Teil auf die hohen finanziellen Belastungen durch den Kauf von ATI vor etwas mehr als einem Jahr. Eine Wandelanleihe brachte zwischenzeitlich etwa 2 Milliarden US-Dollar in die Kasse, außerdem ist eine arabische Beteiligungsfirma mit 8,1 Prozent bei AMD eingestiegen. Doch was AMD eigentlich braucht, um wieder auf Profitkurs zu kommen, sind erfolgreiche Produkte, die entweder die Stückzahlen dramatisch in die Höhe treiben oder den mittleren Verkaufspreis (Average Sales Price, ASP) steigern. Doch weder bei den AMD64-Prozessoren noch bei den Radeon-Grafikchips ist ein solches Produkt kurzfristig zu erwarten.

Im Segment der unteren Prozessor-Mittelklasse behauptet sich AMD aber recht gut – man konnte in den letzten Quartalen durchaus Marktanteile hinzugewinnen. Doch das gelingt bisher nur durch Preiskämpfe mit Intel respektive Nvidia, auch wenn diese in den letzten Monaten abgeflaut sind. Ob das ein Verdienst von AMD ist, ist aber unklar, denn die Hauptkonkurrenten Intel und Nvidia verdienen zurzeit so prächtig, dass sie wohl kaum an Preissenkungen interessiert sein dürften. Und mit den rundum missglückten Starts der "ersten nativen" Quad-Core-x86-Prozessoren für Server (Opteron/Barcelona) und Desktop-Rechner (Phenom/Agena) verfehlte AMD die für dieses Jahr selbst gesteckten Technik-Ziele. Zwischenzeitlich gingen auch noch wichtige Führungskräfte über Bord, darunter Vertriebschef Henri Richard.

Die Analysten wollen also von den AMD-Chefs wissen, wie sie sich die Rückkehr ihrer Firma in die Profitzone konkret vorstellen. Dirk Meyer verwies vor allem auf Marktsegmente, in denen AMD noch weitere Wachstumschancen sieht. Neben den klassischen x86-Bereichen Desktop-PC, Notebooks und Server, von denen AMD die beiden erstgenannten mit eigenen Plattformen stärker durchdringen will, erwähnte er die nun ab der zweiten Jahreshäfte 2009 erwarteten Accelerated Processor Units (für diese APUs hat AMD gerade den Ex-MIPS-Chef Mike Uhler angeheuert) sowie HDTV-Chips aus dem ATI-Portfolio. Dirk Meyer legte ein klares Bekenntnis zur Profitabilität ab. Man wolle 2008 in allen Geschäftsbereichen wieder operativen Gewinn machen, auch wenn durch die Belastungen durch den ATI-Kauf 2008 vielleicht insgesamt noch keine schwarzen Zahlen möglich würden.

Die Ankündigung konkreter Prozessoren übernahm auf dem diesjährigen Analyst Day Mario Rivas, Chef der Computing Products Group. Seine Präsentation bestätigt eine Fülle neuer CPU-Codenamen, die bereits als Gerüchte durchs Web geistern. So soll die aktuelle Spider-Plattform (65-nm-Phenom "Agena", Chipsätze der Baureihe AMD 700, Radeon-3800-Grafikchips/R6xx) in der zweiten Jahreshälfte 2008 von der Plattform Leo abgelöst werden. Neu sind hier vor allem die 45-Nanometer-Prozessoren Deneb (Quad-Core) und Propus (Triple-Core), beim Chipsatz gibt es bis auf die Southbridge SB700 keine Änderungen – und auch die GPUs der ATI-R700-Familie verortet Rivas erst 2009. Erst dann kommt auch der Umstieg auf DDR3-SDRAM als Hauptspeicher für Mainboards mit AM3-Prozessorfassung; die K10-Prozessoren bleiben dieselben, stecken dann aber im AM3-Gehäuse.

Die Plattformen Cartwheel und Perseus für Mittelklasse-PCs unterscheiden sich nur minimal – Cartwheel zielt auf Heimrechner, während Perseus mit DASH-Fernwartung und TPM als Intel-vPro-Konkurrenz für Bürocomputer gedacht ist. Auf beiden Plattformen lassen sich zwar auch Vierkerne einsetzen, AMD sieht hier 2008 aber vor allem die 65-Nanometer-K10-Prozessoren Kuma (Dual-Core) und Toliman (Triple-Core) im Einsatz. Als Mainboard-Chipsatz ist hier der Direct3D-10-taugliche Nachfolger RS780 des aktuellen und erfolgreichen AMD 690G vorgesehen. Erst ungefähr zur Mitte des Jahres 2009 will AMD hier auf die 45-nm-Prozessoren Propus, Heka und Regor umsteigen.

Erster 45-nm-Prozessor von AMD dürfte der ebenfalls bereits angekündigte Quad-Core Shanghai werden, der im Vergleich zum 65-nm-Barcelona vor allem einen dreimal so großen L3-Cache (6 MByte) bringt. Vier HyperTransport-3.0-Links, DDR3-Speicher und größere L2- und L3-Caches kommen für Server erst 2009 mit Montreal, den es in 4- und 8-Kern-Varianten geben soll. Dann will AMD auch wieder einen eigenen Server-Chipsatz offerieren, was die aktuellen Chipsatz-Partner Nvidia und Broadcom nicht freuen dürfte. RD890S, RD870S und SB700S sollen die Server-Chips heißen.

A propos Montreal: Den Sandtiger mit bis zu 16 Bulldozer-Kernen erwähnt die Präsentation von Mario Rivas nicht, möglicherweise bezeichnet Sandtiger also die Server-Plattform mit zwei Montreal-Prozessoren.

Bei den Notebooks hat AMD die 2008er-Plattform Puma bereits ausführlich angekündigt, die vor allem sparsamer sein soll als die aktuellen Mobilprodukte. Der Prozessor Griffin kombiniert eine K10-ähnliche Northbridge mit zwei Cores der K8-Generation; als Chipsatz soll eine Mobilversion des RS780 kommen. 2009 schlägt dann die Stunde des ersten AMD-Kombiprozessors, der CPU und GPU vereint: Diese APU soll Swift heißen und Herz der Plattform Shrike sein. Auch Intel plant 2009 Kombichips aus CPU und GPU, und zwar einerseits extrem sparsame (Moorestown) für MIDs und andererseits offenbar auch eine Version mit CPU-Kern der Nehalem-Generation.

Über die Fertigung des Swift haben sich Analysten schon den Kopf zerbrochen, schließlich muss AMD dazu einerseits CPU-Technik (genauer: die gemeinsam mit IBM entwickelte Technik für Silicon-on-Insulator-Wafer) und andererseits GPU-Technik (also die bei TSMC und UMC auf Bulk-Silicon-Wafern gefertigten Grafikchips) unter einen Hut bringen. Möglicherweise setzt AMD dabei zunächst auf Multi-Die-Packages. (ciw)