Microsoft: Windows 8 verkauft sich gut, Office schwächelt

Windows ist Windows. Oder doch nicht? Beobachter befürchteten schon Einbrüche, da Windows 8 die angestammte Microsoft-Klientel vergrätzen könnte. Erst einmal macht Microsoft einen neuen Rekordumsatz, während der Gewinn leicht zurückgeht.

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Von
  • Jürgen Kuri

Windows ist Windows. Oder doch nicht? "Eine neue Ära" werde mit Windows 8 bei Microsoft eingeleitet, wird Konzernchef Steve Ballmer nicht müde zu betonen: Mit Windows 8 und Windows Phone 8 will Microsoft endlich auch bei Tablets und Smartphones reüssieren – und gerät in Gefahr, nicht nur Privatnutzer, sondern auch Unternehmenskunden zu vergrätzen, die bisherige Windows-Versionen dem Kachel-Design und der App-Technik vorziehen. Laut Microsoft aber waren die Windows-8-Verkaufszahlen bislang ansprechend und auf dem Niveau von Windows 7.

Mit Spannung wurden daher die Zahlen des zweiten Quartals von Microsofts Geschäftsjahr erwartet, in dem Windows 8 erstmals voll zum Tragen kommt. Schließlich gab es von der PC-Branche schon einige Hiobs-Botschaften: Die Talfahrt setze sich trotz Windows 8 fort, hieß es von Marktforschern, und der Tablet-Boom schlage dauerhaft auf den PC-Markt durch.

Für das nun abgeschlossene zweite Geschäftsquartal weist Microsoft einen Rekordumsatz von 21,456 Milliarden US-Dollar aus, ein Plus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Nettogewinn lag bei 6,377 Milliarden US-Dollar und damit leicht unter dem Ergebnis des Vorjahresquartals (6,630 Milliarden US-Dollar), vor allem wegen schwächerer Verkäufe bei Office (in Erwartung einer neuen Office-Version) und der Spiele-Sparte. Der operative Gewinn sank ebenfalls, er lag mit 7,771 Milliarden US-Dollar um 3 Prozent unter dem gleichen Vorjahresquartal. Der Gewinn pro Aktie lag bei 76 US-Cent.

Die Börsianer hatten mit 75 US-Cent je Aktie gerechnet, allerdings auch mit einem leicht höheren Umsatz. Im vorangegangenen ersten Geschäftsquartal musste Microsoft noch Umsatz- und Gewinnrückgang hinnehmen – unter anderem durch die auf das zweite Geschäftsquartal verschobene Verbuchung der Einnahmen für die Windows-8-Offerten und -OEM-Verkäufe, die vor der offiziellen Verfügbarkeit des Systems verkauft wurden.

Im zweiten Geschäftsquartal konnte die Windows-Division einen Umsatzzuwachs von 24 Prozent auf 5,88 Milliarden US-Dollar erzielen. Unter Ausschluss von Umsätzen, die aufgrund von Upgrade-Offerten und Pre-Sales erst in kommenden Quartalen verbucht werden, und unter Einbeziehung von solchen Umsätzen aus dem vorangegangenen Quartal stieg der Divisions-Umsatz immer noch um 11 Prozent. Der operative Gewinn der Windows-Sparte stieg von 2,880 auf 3,296 Milliarden US-Dollar. Bislang wurden über 60 Millionen Windows-8-Lizenzen verkauft. Für Steve Ballmer erzeugt "das große Vorhaben, Windows neu zu erfinden, ebenso wie der Start von Surface und Windows Phone 8 wachsende Begeisterung unter den Kunden". Angaben zum Verkauf von Surface RT, der ARM-Version des Windows-8-Tablets, machte Microsoft in seinen Bilanzveröffentlichungen allerdings nicht.

Bislang sehen viele Beobachter vor allem Microsofts Schwierigkeiten bei Tablets und Smartphones – und betrachten dies teilweise schon als Scheitern der Bemühungen, einmal ein ähnlich cooles Image wie Google oder Apple zu erreichen. Und weisen einen Großteil der Schuld daran Steve Ballmer zu, der es schaffe, selbst solche Wettbewerbsvorteile wie ein Quasi-Monopol bei Betriebssystemen und Office-Paketen erodieren zu lassen. Andere warnen aber davor, bei der Beurteilung Microsofts sich nur auf die "coolen" Bereiche zu fixieren: Schließlich könne Microsoft auch hinter den Kulissen punkten und mache mit Server-Software, Datenbanken und Entwicklertools ebenfalls Milliarden-Umsätze, während die Windows-8-Verkäufe keineswegs das von einzelnen Beobachtern prophezeite Desaster seien.

Immerhin macht Microsoft etwa mit dem Bereich Server & Tools fast so viel Umsatz wie mit der Windows-Sparte. Der Bereich steigerte den Umsatz um 9 Prozent auf 5,19 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn wuchs von 1,950 auf 2,121 Milliarden US-Dollar. Die Business-Division (u.a. Office) dagegen operiert zwar weiter auf hohem Niveau und macht ebenfalls fast so viel Umsatz wie die Windows-Sparte, musste allerdings einen Umsatzrückgang um 10 Prozent auf 5,69 Milliarden US-Dollar hinnehmen, der operative Gewinn ging von 4,188 auf 3,565 Milliarden US-Dollar zurück. Microsoft führt dies vor allem darauf zurück, dass demnächst noch eine neue Office-Version herauskommen soll.

In den Bereichen, die man wohl zu den "coolen" Bereichen zählen muss, sehen die Zahlen von Microsoft immer noch nicht danach aus, als könne hier die Zukunft des Konzerns liegen. Die Online-Sparte macht im Vergleich etwa zum Windows- oder Server-Bereich immer noch Peanuts aus; sie konnte den Umsatz um 11 Prozent auf 869 Millionen Euro steigern und den Verlust von 459 auf 281 Millionen Euro verringern. Bei der Sparte "Entertainment and Devices" (zu der die Smartphone- und die Spiele-Aktivitäten einschließlich Xbox gehören) ging der Umsatz um 11 Prozent auf 3,722 Milliarden US-Dollar zurück, der Gewinn stieg von 517 auf 596 Millionen US-Dollar.

Zufrieden waren die Anleger mit den Zahlen allerdings erst einmal nicht: Zum Beginn des nachbörslichen Handels (Microsoft legte die Bilanz wie in den USA üblich nach Schluss des offiziellen Börsenhandels vor) sackte der Aktienkurs um 2,24 Prozent auf knapp über 27 US-Dollar ab.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.
3/09 13.648 Mio. 2.977 Mio.
4/09 13.099 Mio. 3.045 Mio.
1/10 12.920 Mio. 3.574 Mio.
2/10 19.022 Mio. (17.31 Mio. ***) 6.662 Mio.
3/10 14.503 Mio 4.006 Mio
4/10 16.039 Mio. 4.518 Mio.
1/11 16.195 Mio. 5.410 Mio.
2/11 19.953 Mio. 6.634 Mio
3/11 16.428 Mio. 5.232 Mio.
4/11 17.367 Mio. 5.874 Mio.
1/12 17.372 Mio.
5.738 Mio.
2/12 20.890 Mio. 6.630 Mio.
3/12 17.407 Mio. 5.108 Mio.
4/12 18.059 Mio. -492 Mio.****
1/13 16.008 Mio. 4.470 Mio.
2/13 21.456 Mio. 6.377 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
*** ohne Deferred Revenue, der durch Einnahmen mit Windows 7 vor der allgemeinen Verfügbarkeit des Betriebssystems erzielt wurde
**** maßgeblich beeinflusst durch Abschreibungen in Höhe von 6,2 Milliarden US-Dollar auf die Übernahme von Aquantive.

(jk)