Revolution nach der Elektroauto-Revolution

Elektroautos und autonom gelenkte Fahrzeuge bedeuten eine Revolution in der Automobilindustrie. Doch als Folge davon dürfte sich auch die Gesellschaft grundlegend verändern.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jamie Condliffe

Elektroautos werden gut für den Planeten sein und autonome Autos die Zahl der Unfälle auf den Straßen verringern. So viel scheint sicher. Aber was für Folgen wird die kommende Automobil-Revolution noch mit sich bringen?

Zuerst zwei kleine Einschränkungen: Ohne staatliche Anreize dürfte die Verbreitung von Elektroautos in den USA nur langsam vorankommen, und die erste Welle von autonomen Autos könnte sich als wenig überzeugend erweisen. Früher oder später aber dürften sich diese Technologien durchsetzen, denn Autohersteller und Technologieunternehmen arbeiten mit Hochdruck daran.

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Weniger sicher ist, wie sie die Welt verändern werden. Benedict Evans, Partner bei der Wagniskapitalfirma Andreesen Horowitz und erfahren in der Analyse von Technologietrends, hat jetzt einige Überlegungen dazu veröffentlicht. In einem Blog-Beitrag beschreibt er Auswirkungen zweiter und dritter Ordnung der Disruption, die sich auf unseren Straßen ereignen wird. Demnach würden die neuen Auto-Technologien zu einer grundlegend anderen Zukunft führen.

Nehmen wir die Elektrifizierung. Bekannt ist, dass der Verzicht auf Verbrennungsmotoren positiv für die Umwelt wäre. Doch wie Evans erklärt, wird sich darüber hinaus viel verändern, wenn die Infrastruktur für Spritschlucker verschwindet: Viele Werkstätten werden nicht mehr gebraucht, weil sie bislang vor allem mit Motoren zu tun haben. Auch Tankstellen verlieren zum Teil ihre Existenzberechtigung – und was wird dann aus den Supermärkten, die in ihnen zu finden sind, und aus den 50 Prozent der Zigaretten-Verkäufe, die in den USA bislang an Tankstellen erfolgen? Welche Elektroautos diesem Markt gefährlich werden könnten, zeigt die Bilderstrecke.

Elektroautos für den Massenmarkt (14 Bilder)

Der e6, eines der Elektroautos vom chinesischen Hersteller BYD, ist auch auf dem deutschen Markt erhältlich, für knapp 50.000 Euro. Mit seiner Batteriekapazität von 80 Kilowattstunden liegt die Reichweite bei 400 Kilometern.
(Bild: BYD)

Bei autonomen Autos wiederum erklärt jedes Unternehmen in dieser jungen Branche bereitwillig, dass es mit ihnen weniger Unfälle geben wird als mit von Menschen gelenkten. Doch selbstfahrende Autos haben noch mehr Vorteile, als nur Personen von A nach B zu bringen: Sie können anschließend an Orten parken, die für menschliche Passagiere zu unbequem wären, und kommen zum Abholen, wenn sie wieder gebraucht werden. Das bedeutet: Riesige Flächen in Innenstädten, die derzeit als Parkplätze dienen, könnten eine neue Verwendung bekommen. Der Immobilienmarkt wird dadurch möglicherweise auf den Kopf gestellt.

Dies sind nur einige der von Evans angeführten Beispiele, und es gibt noch viele weitere. Auch auf die Strombranche könnten bedeutende Änderungen zukommen, wenn Haus-Solarsysteme zum Aufladen von Elektroautos das Problem der Nachfragespitzen lösen helfen. Außerdem würden autonome Autos, die schneller und mit weniger Abstand zueinander fahren, längere Entfernungen für das Pendeln zur Arbeit realistisch machen. Und auch beim Nahverkehr ist mit enormen Verschiebungen zu rechnen, wenn bei Bedarf verfügbare autonome Fahrzeuge die Grenzen zwischen Autos, Taxis und Bussen verschwinden lassen.

Wirklich interessant aber ist die Kombination aus all diesen Entwicklungen. In Ländern ohne Tankstellen und Innenstadt-Parkhäuser, in denen on-demand-Fahrdienste dem öffentlichen Nahverkehr Konkurrenz machen und es keine Unfälle mehr gibt, wird die urbane Landschaft neu definiert. In Europa sind die meisten Städte Jahrhunderte älter als Autos, so dass sie so gebaut wurden, dass sie sich für Fußgänger eignen. Dieses Prinzip könnte zurückkehren. Amerikanische Städte wiederum wurden um Autos herum entworfen. Das bedeutet, dass sie sich in Zukunft stark verändern könnten.

Letztlich könnte die Revolution bei Auto-Technologie, wenn sich Evans' Szenarien bewahrheiten, also nicht die Autos grundlegend verändern, in denen wir fahren, sondern auch unser ganzes Umfeld.

[11.4.2017, 11.30 Uhr: Update der Bilderstrecke um des Model 3 von Tesla. (jle)]

(sma)