Aufmerksamkeitsassistent

Test: Suzuki Jimny 1.5 Allgrip

Am Suzuki Jimny gab es nur wenig Modernisierungsbedarf. Nach 20 Jahren kommt nun ein größerer Motor und ein paar Ausstattungsdetails. Seine aufsehenerregend nüchterne Blechgestaltung orientiert sich an den noch älteren, legendären SJ-Modellen. Die beste Nachricht aber ist, dass sich eigentlich nichts ändert

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen
Suzuki Jimny 40 Bilder

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 17 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Alle Linien senkrecht und waagerecht, je ein großes Rad an jeder Ecke. So zeichnen Kinder Autos – und insofern erfüllt der Suzuki gewissermaßen ein Kindchenschema. Auf kein anderes Testfahrzeug wurde ich diese Saison so häufig so erfreut angesprochen, nicht mal auf den höchst auffälligen Alfa 4C (Test). Wobei diese Art von Beachtung mit dem Titel der Geschichte gar nicht gemeint ist.

Gern unterstellt man Suzuki gelungenes „Retrodesign“. Das trifft es zwar vor allem in direktem Bezug auf den modernistischen Vorgänger – doch folgt die Neugestaltung des Jimny nun einfach wieder ganz der Funktion. Gelände-Nutzfahrzeuge wie Land Rover Defender oder Toyota HZJ wurden seit Jahrzehnten äußerlich und im technischen Konzept kaum verändert, weil sie formal und technisch ausgereift waren. Käufern solcher Geräte konnte auch nie jemand einreden, dass die neue Generation anders aussehen muss. Jeder Kunde wusste, dass alles schon erfunden war. Auch am Jimny gab es nur wenig Modernisierungsbedarf, er beschränkt sich nach 20 Jahren auf einen größeren Motor und ein paar Ausstattungsdetails.

Akt der Befreiung

Mit der neuen Blechgestaltung nahm man die Ansätze des Vorgängers zu einer Art Aerodynamik mutig zurück und setzte ein paar Zitate zu den noch früheren SJ-Modellen – das darf man tatsächlich „retro“ nennen. Vor allem aber berücksichtigt sie die Freigängigkeitswinkel vorn, hinten und in der Mitte sowie die Übersicht über das Fahrzeug, um es im Einsatz richtig beherrschen zu können. Im normalen Straßenverkehr ist die Kombination aus hoher Sitzposition, weit heruntergezogenen Glasflächen und Kanten, die zeigen, wo die Kiste endet, natürlich auch eine Bank. Bei vielen anderen Autos schränkt die Rücksichtnahme auf die Aerodynamik und mittlerweile leider auch eine zweifelhafte Mode mit Fensterunterkanten auf Augenhöhe und Lichtschlitzen im hinteren Teil des Wagens die Sicht vergleichsweise krass ein. Geländewagen-Unerfahrene rufen laut „ah!“ und „oh!“, weil sie bereits das Probesitzen als Akt der Befreiung empfinden.

Die Achsen des Guten

Ob sie sich aber im Stadtverkehr immer noch so wohl fühlen, wie es diese perfekte Übersicht nahelegt? Das Auto ist auch im Aufbau ein Geländewagen geblieben. Ohne Abstriche an der Grundkonstruktion, wie sie sich für den Einsatz abseits aller Wege seit Jahrzehnten durchgesetzt hat: Um bei der Überwindung von stark verworfenen Oberflächen genügend Vortrieb zu haben, müssen so viele Räder wie möglich so lange wie möglich Kraft auf den Boden übertragen können. Am besten funktioniert das mit zwei Starrachsen.

Diese Art der Radaufhängung bietet die beste Möglichkeit, durch Einfedern auf der einen und gleichzeitiges Ausfedern auf der gegenüberliegenden Seite den Bodendruck möglichst gleichmäßig zu verteilen. Zugleich heben durchgehende Achsen dabei immer auch das Differenzial aus der Gefahrenzone. Das funktioniert umso besser, je weicher die Federung ist und je weitere Federwege die Aufhängung überhaupt zulässt. Für den kombinierten Betrieb geht man Kompromisse ein: Der Jimny ist auf der Straße in der Lage, die minimalen Anforderungen an Fahrdynamik zu erfüllen, fährt sich aber noch immer recht speziell. Im Gelände muss er wegen der Straßeneignung auf die maximal mögliche Fahrwerksbeweglichkeit verzichten und erreicht nicht ganz die Leistungen, zu denen er grundsätzlich in der Lage wäre.

Gegen Schmerz und Verspannung

Erster Eindruck: lebhaft! Man fühlt sich rund doppelt so schnell wie auf dem Tacho angezeigt. Das liegt vor allem an der straffen Dämpfung, die nur dazu gebraucht wird, die vergleichsweise zu Einzelradführungen riesigen ungefederten Massen der Achsen so im Zaum zu halten, dass sie auf dem Asphalt nicht einfach auf- und davonhüpfen. Daran, dass sich das Achs-Trampeln dennoch nicht ganz verhindern lässt, erinnert jeder Kanaldeckel. Orthopäden würden so ein Fahrwerk auf Rezept verschreiben, wenn es die Kasse zahlen würde. Sie sollte es tun: Die ständige Bewegung trainiert die Rückenmuskulatur. Das ist nachhaltig wirksam gegen Verspannung und Schmerz.