Umweltliste zur IAA: VCD kann nur 19 Elektroautos empfehlen

16 reine E-Autos und drei Plug-in-Hybride erfüllen die ökologischen Anforderungen des Verkehrsclubs Deutschland. BMW, Smart und VW schafften es auf die Liste.

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(Bild: guteksk7 / shutterstock.com)

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Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat am Mittwoch im Vorfeld der IAA eine neue Ausgabe seiner Auto-Umweltliste vorgelegt. Nach dem Dieselskandal bei Volkswagen und gefälschten Abgaswerten hatte der Zusammenschluss zwischenzeitlich zunächst auf die Schau der saubersten Autos verzichtet. Nun hat er mit Blick auf die klimapolitischen Notwendigkeiten in einer Spezialausgabe erstmals nur E-Autos einbezogen.

Stromflitzer seien "einer der wichtigsten Bausteine für die klimaneutrale Mobilität der Zukunft", begründet der VCD diesen Schritt. Er will mit der überarbeiteten Variante der Liste zeigen, "für wen sie sich eignen, wie die Umweltbilanz im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ausfällt und welche E-Autos bereits heute alltagstauglich und effizient sind".

Auf die nicht nach einer speziellen Reihenfolge geordnete Positivliste geschafft hat es etwa der BMW i3, der mit einem Strombedarf zwischen 15,3 und 16,3 kWh pro 100 Kilometer und einem CO2-Ausstoss von 73 bis 77 Gramm je Kilometer punkten kann. Dazu kommen der e-Golf, die Kompakt-SUVs Kia e-Niro und e-Soul jeweils in Varianten mit 100 kW (136 PS) und 150 kW (204 PS) sowie der Hyundai Kona EV mit vergleichbaren Werten. Mit dabei sind ferner von Smart der EQ Fortwo Coupé und der ForFour, die auf einen Stromverbrauch von 16,6 beziehungsweise 17,2 kWh/100 Kilometer kommen und 79 beziehungsweise 82 Gramm CO2/km emittieren.

Mit ähnlichen Werten finden sich von Renault die Modelle Zoe Life Z.E. 40 und 50 sowie der Kangoo Z.E. in den Empfehlungen. Dazu kommen von Nissan die Limousinen Leaf und Leaf e+, bei denen ersterer mit einem Strombedarf von 20,6 kWh/100 km und 98 Gramm CO2/km schon etwas schlechter abschneidet. Noch mit auf die Liste geschafft haben es von dem japanischen Autobauer die Großkombis e-NV200 Evalia und Kastenwagen, die 25,9 kWh auf 100 km benötigen und pro Kilometer 123 Gramm CO2 in die Luft blasen.

Eine vorsichtige Empfehlung spricht der VCD zudem für drei Plug-in-Hybride aus. Dabei handelt es sich um den Hyundai IONIQ PHEV, den Kia Niro und den Toyota Prius. Der Club warnt hier aber vor einer "Mogelpackung". Die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor sowie extern aufladbarer Batterie verspreche zwar Vorteile bei der Reichweite. Die gemeldeten niedrigen Verbrauchswerte seien in der Realität aber kaum erreichbar. Das gelte vor allem für große und schwere Modelle. Sei der Akku leer, "werden sie zum Spritfresser", betonte die VCD-Vorsitzende Kerstin Haarmann. Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Clubs, unterstrich, dass dieser "klar gegen eine Steuerbegünstigung von Plug-in-Hybriden" sei.

Elektroautos (14 Bilder)

Tesla Model 3. Bild: Mariordo (Mario Roberto Durán Ortiz) / CC-BY-SA-4.0

Der Fahrlärm beträgt bei allen berücksichtigten Autos nicht mehr als 73 dB(A). Sie erfüllen zudem die Kriterien für die staatliche Kaufprämie. Die batterieelektrischen Fahrzeuge in der Liste haben laut Herstellerangaben Reichweiten zwischen 100 und 450 Kilometer, was für die meisten Strecken reiche. Als "keine Alternative" schätzt der VCD Brennstoffzellenfahrzeuge ein. Diese führen im Betrieb zwar ebenfalls emissionsfrei, der benötigte Wasserstoff werde aber überwiegend aus Erdgas hergestellt. Dabei entstehe viel CO2. Zudem gebe es derzeit nur 70 Tankstellen und nur drei Modelle von Hyundai, Mercedes und Toyota.

Insgesamt freut sich der Club, dass mit der steigenden Vielfalt bei E-Autos auch die Nachfrage in Deutschland zunehme. Das Ergebnis der Recherche für die aktuelle Liste sei aber ernüchternd: Für viele neue Modelle gebe es noch gar keine Verbrauchsdaten. Dies gelte auch für Elektromodelle, die derzeit bei Facelifts größere Batterien und stärkere Motoren erhielten. Erschreckenderweise lieferten viele Hersteller nach wie vor keine Verbrauchs- und CO2-Werte nach dem neuen, realistischeren Messverfahren WLTP, das seit September 2018 gilt. Dies treffe vor allem bei Plug-in-Hybriden von Daimler, BMW, Mitsubishi und Volvo zu.

"Für die Kundeninformation müssen nach wie vor die Werte nach dem veralteten und völlig unrealistischen NEFZ-Messverfahren kommuniziert werden", beklagt der VCD. Das Bundeswirtschaftsministerium habe es bisher versäumt, die entsprechenden Regeln anzupassen. Daher würden Verbraucher häufig mit zu niedrigen Angaben in die Irre geführt. In der Fahrzeugübersicht sind daher nur E-Modelle aufgeführt, "für die die Hersteller WLTP-Werte geliefert haben und die einen akzeptablen Verbrauch haben". Daimler und Mitsubishi wollten oder konnten hier keine Angaben machen.

Enttäuscht hat den Club das Elektro-Angebot bei VW. Lediglich der e-Golf sei aktuell erhältlich. Andere Hersteller wie Fiat, Ford, Honda, Mazda, Seat und Skoda hätten schlicht noch gar keine E-Autos im Angebot. Audi sowie PSA mit den Konzernmarken Citroen, Peugeot und Opel hätten ihre Teilnahme an der Umweltliste abgesagt, Tesla habe keine Werte für das Model 3 liefern können. Gebremst werde die Nachfrage ferner oft durch lange Lieferfristen mit Wartezeiten von bis zu einem Jahr etwa "bei den Stromern von Kia und Hyundai". Ebenfalls nicht dabei ist der günstige Stadtstromer e.GO Life, denn die Erstserie sei ausverkauft und "wann die Großserie startet, ist unklar".

Elektroautos sind laut dem VCD vor allem dann ein Teil der Klima-, Energie und Verkehrswende, "wenn sie mit regenerativem Strom fahren". Große, schwere E-SUVs mit riesigen Batterien seien Energiefresser, bei denen schon die Produktion der Batterie und der Karosserie die Umweltbilanz verschlechterten. Jedes Auto mit Verbrennungsmotor, das heute neu auf die Straßen komme, stoße ferner noch die nächsten 15 Jahre klimaschädliches CO2 aus. Darum müsse der Ausstieg bei Benzin und Diesel jetzt erfolgen.

Der VCD fordert, dass die Politik bei Stromtankstellen für einen einheitlichen Zugang und für transparente und faire Preise sorgt. Eine CO2-Steuer würde Benzin und Diesel teurer und strombetriebene Autos dadurch attraktiver machen. Auch Tempolimits könnten hilfreich sein für die anstehende E-Offensive. E-Fahrzeuge starteten zwar mit einem "ökologischen Rucksack" vor allem aufgrund der Batterieproduktion, man müsse aber die Bilanz über den gesamten Lebenszyklus mit allen Vorketten betrachten. In allen Fällen sei das E-Auto hier schon heute klimaschonender unterwegs als ein Verbrenner.

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(kbe)