Irgendwas mit Wasserstoff

FDP-Chef Christian Lindner schafft das seltene Kunststück, Technik-Gläubigkeit und Technik-Gleichgültigkeit miteinander zu verbinden.

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„Immerhin könnten Verbrennungsmotoren auch mit Wasserstoff fahren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner bei Anne Will.

Ja, könnten sie. Aber warum sollten sie?

Die ohnehin grenzwertige Energiebilanz von Wasserstoff-PKWs sinkt dadurch ins Bodenlose. Die Herstellung von Wasserstoff ist energieaufwendig. Was die Bilanz noch halbwegs rettet, ist die relativ effiziente Verstromung von Wasserstoff durch eine Brennstoffzelle (effizient im Vergleich zu einem Verbrenner, nicht zu einem batterieelektrischen Antriebsstrang). Bei der Verbrennung in einem Otto-Motor kommen aber noch die üblichen Umwandlungsverluste einer Wärmekraftmaschine hinzu. Wertvollen Wasserstoff zu verbrennen ist aus energetischer Sicht also vollkommen gaga.

Lediglich BMW hielt das mal für eine schlaue Idee, und das ist auch schon fast zwanzig Jahre her. 2002 bauten die Bayern 100 Exemplare der 7er-Klasse auf Wasserstoffbetrieb um und verleasten sie an Promis. Ein Wagen steht heute im Deutschen Museum. Niemand, niemand, niemand hat das krude Konzept seitdem wieder aufgegriffen. Aber so etwas ficht einen Christian Lindner offenbar nicht an.

Ich vermute mal, ihm war der Unterschied zwischen Brennstoffzelle und Verbrennung nicht klar. Kann ja mal vorkommen. Klingt schließlich beides ähnlich, und hat beides was mit Wasserstoff zu tun, und das wiederum klingt irgendwie hip.

Genau in dieser Ignoranz liegt das Problem: Lindner hält technische Fragen wie die Energiebilanz für Detailkram, den die Ingenieure doch bitteschön untereinander ausdiskutieren mögen, und den ein Politiker nicht zu verstehen braucht. Stattdessen hofft er darauf, dass der Markt auf mirakulöse Weise irgendwelche Wundertechnologien ausspucken wird, wenn man in Talkshows nur oft genug das Wort „Technologieoffenheit“ fallen lässt. Damit schafft Lindner das seltene Kunststück, Technik-Gläubigkeit und Technik-Gleichgültigkeit miteinander zu verbinden.

Dies erinnert an die angebliche „Mein-Strom-kommt-aus-der-Steckdose“-Haltung, die Konservative gerne den Atomkraftgegnern vorwerfen. Heute muss man sie selbst daran erinnern, dass Strom irgendwo und irgendwie produziert werden muss. Die ganze Debatte um Synfuel und Wasserstoff erfolgt erkennbar nur dem einen Ziel, nämlich den Menschen möglichst wenig Änderungen zuzumuten.

Ist legitim, kann man machen. Aber das bedeutet auch: Man braucht dafür richtig, richtig viel Strom. Wo genau soll der herkommen, wenn man weder die Windkraft ausbauen will noch irgendeinen anderen Plan hat? Gleichzeitig die Klimaziele erreichen, aus Kohle und Kernkraft aussteigen, die Windkraft meucheln und weiterhin mit Verbrennern fahren, das geht jedenfalls nicht. Was also sollen wir als erstes sein lassen? Dies ist keine technische, sondern eine politische Frage. Politiker, die diese Entscheidung Ingenieuren oder einem ominösen Markt überlassen wollen, betreiben Arbeitsverweigerung.

(grh)