Ingenieur der Emotion, Teil II

Hans Mezgers Konstruktionen prägen die Marke Porsche noch heute. Teil zwei des kursorischen Rückblicks auf ein beeindruckendes Lebenswerk

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Hans Mezger

Hans Mezger mit seinem 80-Grad-V6-TAG-Porsche-Turbo-Motor, der es am Ende auf weit über 1000 PS brachte.

(Bild: Porsche)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Neben den großen Ferdinands Porsche und Piëch sollte man Hans Mezger nicht vergessen. Er konstruierte nicht nur die größten Rennerfolge von Porsche mit 917 und 956, er zeichnete den 911-Motor. Das Autogenie ist am 10. Juni 2020 im Alter von 90 Jahren gestorben. Dies ist die zweite Hälfte seiner Geschichte bis zum Porsche 917. Den ersten Teil finden Sie hier.

Als der 917 nach zwei Le-Mans- und WM-Siegen in Europa nur noch Opfer, aber keine Gegner mehr kannte, lag es nahe, auch die USA erobern zu wollen. Schon seit 1969 hatte Volkswagen of America Porsche um einen dortigen Einsatz ersucht. Man hatte nämlich die "Porsche Audi Division" gegründet. Über dieses separate Händlernetz wurden die Porsche-Sportwagen und die Fahrzeuge der Marke Audi vertrieben.

Die in den USA noch nahezu unbekannte Marke Audi sollte durch die Assoziation mit Porsche ein Image als technologisch fortschrittliche Premiummarke gewinnen. Deshalb wurde der 917 PA Spyder (PA stand für "Porsche Audi", diese Schriftzüge prangten mehrfach riesig auf dem Spyder) in der Can-Am-Serie eingesetzt. Es war der Wagen, der bei Tests am Nürburgring gezeigt hatte, dass es die Aerodynamik war, die die 917-Coupés unfahrbar machte.

Hans Mezgers Porsches II (15 Bilder)

1969 stellte Porsche auf dem Genfer Salon diesen Rennsportwagen mit 12-Zylinder-Boxermotor aus. Sein Schöpfer Hans Mezger posiert hier neben seiner verwegensten Schöpfung. Anfangs erwies sich der, von der Papierform her, unschlagbare Wagen als unfahrbar. Erfahrene Rennfahrer brachen Trainings mit dem Hinweis ab, dass sie Todesangst hätten.

Inzwischen hatte Hans Mezger mit dem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Weissach sein eigenes Reich bekommen. Es wurde 1971 direkt neben der von Helmuth Bott entworfenen, hauseigenen Versuchsstrecke eröffnet. Hinzu kam eine zusätzliche kurze Versuchsstrecke, die von Anfang an "Can-Am-Strecke" hieß. Aufgrund einer familiären Übereinkunft, nach der kein Porsche-Spross mehr in die operative Führung der gleichnamigen Marke eingebunden sein dürfe, war Heinz Mezgers kongenialer Chef und Mentor Ferdinand Piëch aus der Porsche-Führung ausgeschieden. Stattdessen kam ein alter Bekannter und ebenfalls genialer Ingenieur zu Porsche zurück: Ernst Fuhrmann wurde neuer Vorstandsvorsitzender.

Nach den großartigen Erfolgen mit den Gulf-Porsches wollte Porsche in gleicher Art und Weise mit einem kompetenten Rennstall zusammen die amerikanische Serie aufmischen. Das John-Wyer-Team wurde aber von seinem Hauptsponsor ausgebremst. Gulf Oil glaubte nicht daran, die bereits mehrere Jahre andauernde Dominanz von McLaren brechen zu können. In der Saison 1971 konnte nicht einmal Gastfahrer Jackie Stewart mit dem neuesten Lola den McLaren Herr werden. Das heftig umworbene Penske-Team hingegen entschied sich für Porsche als Partner.

Der Rennfahrer Mark Donohue war in die Entwicklung stark eingebunden. Sein technisches Verständnis, analytisches Geschick und Fahrkönnen gaben ihm viel mehr Einfluss als bei Testfahrern üblich. Das große Defizit, das den 917 für die Can-Am-Serie plagte, war die Leistung. Anders als in der Gruppe 4 gab es bei der Can-Am kein Reglement für die Motoren. Man durfte alles einbauen, was unter die Haube passte.

Um die amerikanischen V8-Monster in Schach halten zu können, waren mindestens 800 PS nötig. Mezger konstruierte zunächst einen Sechszehnzylinder-Boxer, der aber niemals an einem Rennen teilnahm. Mezger und sein Turbo-Projektleiter Valentin Schäffer hatten mit einem aufgeladen 12-Zylinder schon die gleiche Leistung erreicht. Und der Turbo zeigte dabei noch deutlich größeres Potenzial. Porsche, Penske und Donohue entwickelten gemeinsam den 917/30 mit bis zu 1500-Turbo-PS. Er war für Mark Donohue der "perfekte Rennwagen".

Sein Sieg der Can-Am-Serie 1973 fiel so überlegen aus, dass die amerikanische Motorsportbehörde den 917/30 zukünftig verbieten musste. Man zimmerte eine Spritverbrauchsregel in das Reglement, deren Höhe exakt den Porsche traf. Der Protest von Porsche-Rennleiter Manfred Jantke erhielt eine provozierend ehrliche Antwort: "Enge Rennen erzeugen hohes Publikumsinteresse." Allerdings hatte der Turbo-Porsche schon für eine weltweit großartige Resonanz gesorgt.