Elektroauto Renault Mégane E-Tech Electric: VW ID.3 bekommt frische Konkurrenz

Mit einem vergleichsweise kleinen SUV will Renault auf dem Markt der Elektroautos erneut reüssieren. Die Chancen für einen Erfolg stehen gut.

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Renault Mégane E-Tech Electric
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Verzögerungen bei der Auslieferung, Probleme mit der Software, nur durchschnittliches Ladetempo, dazu ein Innenraum, dessen Materialien mit dem Begriff „kostenoptimiert“ wohlwollend umschrieben sind: VW hat mit seinem Hoffnungsträger ID.3 vorgemacht, wie ein Start versemmelt werden kann. Die Situation wird für VW nicht einfacher, denn das Angebot an ähnlich konzipierten Elektroautos wächst. Noch deckt Renault nicht alle Karten auf, doch mit dem Mégane E-Tech Electric dürfte im März 2022 ein beinharter Konkurrent die Bühne betreten.

Naheliegenderweise verbietet es sich, von Pressebildern auf die Innenraumanmutung zu schließen. Sollte Renault in der Realität liefern, was sich auf den ersten Fotos andeutet, wäre es eine schallende Ohrfeige Richtung Wolfsburg, denn billig wirkt hier nichts. Das kantige Armaturenbrett ist eher klassisch als übertrieben modisch geformt. Wie im nächsten Opel Astra hat das Kombiinstrument keine Sonnenblende mehr. Renault verspricht, dass selbst bei schönstem Sonnenschein alle Displays problemlos ablesbar sind.

Renault Mégane E-Tech Electric innen (10 Bilder)

Kantiges Armaturenbrett mit großen Displays

Anders als VW hat Renault zudem erst gar nicht den Versuch unternommen, ein eigenes Betriebssystem zu etablieren. Der Mégane E-Tech Electric bekommt Android Automotiv, was eine gute Idee zu sein scheint. Renault nennt es „OpenR Link“. In den Testwagen, die wir mit Android Automotiv bislang in der Redaktion hatten, lief das System stabil und – auch vor dem Hinblick schmaler Hardwareanforderungen – ziemlich flüssig. Es bietet nicht alles ab Werk, was es gibt, aber das, was im Alltag gefragt ist. Besondere Wünsche lassen sich über den Appstore unkompliziert nachrüsten. Keine steile These: Das aktuelle Renault-Infotainment wird kaum einer vermissen.

Der Mégane E-Tech Electric unterscheidet sich grundlegend vom bisherigen Mégane mit Verbrennungsmotor. Er ist von vornherein ausschließlich mit batterieelektrischem Antrieb geplant, der für den Motor vorgesehene Platz ist also kleiner als in einem Fahrzeug mit Verbrenner. Damit verschieben sich die Proportionen: Mit 4,21 m ist der Mégane E-Tech Electric etwa so lang wie ein Renault Captur und etwas kürzer als VW Golf (Test) oder ID.3. Den noch aktuellen Mégane mit Verbrennungsmotor unterbietet er um immerhin rund 15 cm. Der Radstand ist im E-Auto mit 2,7 m jedoch gut 3 cm länger. Das spricht für ordentliche Platzverhältnisse, was nicht zulasten des Gepäcks gehen soll: 440 Liter fasst der Kofferraum. Allerdings ist auf den ersten Bildern eine deutliche Kante zu sehen, wenn die Rücklehne umgeklappt wird. Vielleicht entschärft Renault das noch mit einem höhenverstellbaren Ladeboden.

Noch lässt sich Renault bei Antrieb, Batterie und Aufladung nicht komplett in die Karten schauen. Fest steht bisher: Es wird zwei unterschiedlich starke E-Motoren geben, die 96 und 160 kW bzw. 205 und 300 Nm bieten. Beide sind fremderregte Synchronmotoren, benötigen demnach keine seltenen Erden für die Magneten. Inklusive der Übersetzung wiegen sie 145 kg. Renault macht nur zum Topmodell eine Angabe zu den Fahrleistungen: 7,4 Sekunden soll der Sprint auf 100 km/h dauern, wie bei allen künftigen Renault ist bei spätestens 180 km/h Schluss.

Etwas ausführlicher äußert sich Renault zur Batterie. Die sei nur 11 cm hoch und flüssiggekühlt. Gegenüber dem Zoe liegt die Energiedichte mit 600 Wh/Liter um 20 Prozent höher. Renault verzichtet darauf, aus Kostengründen auf vergleichsweise preiswerte LFP-Zellen zu setzen und verbaut stattdessen NMC-Zellen. Unklar ist noch, wie der Materialmix genau aussehen wird. BMW beispielsweise setzt inzwischen NMC811-Zellen ein, also 8 Anteile Nickel, 1 Anteil Mangan und 1 Anteil Kobalt. Spannend zudem: Das Auto ist auf bidirektionales Laden vorbereitet. Die Batterie kann also auch Strom ins Netz speisen.

Der Kunde kann zwischen zwei Energiegehalten wählen: 40 und 60 kWh. Das ist jeweils etwas weniger, als VW im ID.3 an Basis und Spitze einsetzt. Die kleine Batterie soll im WLTP für bis zu 300 km genügen, die große für maximal 470 km. Diffus bleibt Renault bei der Ladeleistung: Je nach Version liegt die DC-Ladefähigkeit bei bis zu 130 kW. Auch aus den Angaben, die Renault zu den Ladezeiten macht, lässt sich kaum auf die tatsächlichen Lademöglichkeiten schließen. So ist beispielsweise von 8 Stunden an einer 7,4-kW-Wallbox für 400 km Reichweite im gemischten Fahrbetrieb die Rede und von 30 Minuten für 50 km im Stadtverkehr an einer öffentlichen 22-kW-Ladestation. 30 Minuten an einer 130-kW-Ladestation reichen aus, um ausreichend Strom für 200 km Autobahn nachzuladen.

Renault Mégane E-Tech Electric außen (6 Bilder)

Mit einer Länge von 4,21 m ist der Renault Mégane E-Tech Electric nur ein paar Zentimeter länger als ein Opel Mokka-e.

Trotz dieser Nebelkerzen gehen wir davon aus, dass Renault den Mégane E-Tech Electric schlussendlich serienmäßig mit einem dreiphasigen Ladegerät zu den Kunden schickt, das in Verbindung mit einer förderfähigen Wallbox eine Ladeleistung von 11 kW ermöglicht. Alles andere wäre zumindest erstaunlich. Bei der Aufladung mit Gleichstrom wird es wahrscheinlich Unterschiede zwischen den beiden Batterien geben. Möglicherweise bietet Renault die vollen 130 kW Ladeleistung nur gegen Aufpreis in Verbindung mit dem großen Speicher an.

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Spannend wird es beim Preis, den Renault noch nicht verrät. Wir vermuten, dass der günstigste Mégane E-Tech Electric knapp unter dem ID.3 positioniert wird, inklusive einer etwas besseren Serienausstattung. Denn die kleinere Batterie muss irgendwie eingepreist werden. Wenn Renault aggressiv vorgehen wollte, würde er als Basismodell nach Abzug der Förderung weniger als 20.000 Euro kosten und damit dort liegen, wo VW mit der billigsten Ausführung des ID.3 auch hin wollte. Was dagegen spricht: Renault müsste dafür den Preis des Zoe senken, der aktuell ab einem Listenpreis von 29.900 Euro angeboten wird. Es bleibt spannend, denn der Erfolg von Opel Mokka-e und Peugeot e-2008 (Test) hat gezeigt, dass der Markt für kleine, batterieelektrische SUV sehr empfänglich ist. Renault könnte also zur rechten Zeit mit dem richtigen Fahrzeug am Start sein.

(mfz)