SCO vs. Linux: Ohne Profitstreben kein Copyright

Der SCO-Chef fährt im Streit um angeblich geklauten Unix-System-V-Code in Linux schweres Geschütz gegen die GPL auf. Linus Torvalds und Rechtsexperte Lawrence Lessig weisen die Vorwürfe zurück.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit einem Offenen Brief über das amerikanische Copyright und die unamerikanischen Umtriebe der GPL hat sich SCO-Chef Darl McBride ein weiteres Mal in Szene gesetzt. Der Offene Brief, der nach Auskunft des zunächst veröffentlichten Word-Dokumentes im Original weder von McBride noch von der Anwaltskanzlei stammt, die die SCO Group vertritt, fährt schweres Geschütz auf. So wird die Auffassung der SCO Group wiederholt, dass die Free Software Foundation, Red Hat und alle anderen Linux-Firmen das Copyright missachten und stattdessen ein Copyleft befolgen, das zutiefst gegen das uramerikanische Streben nach Profit und Erfolg gerichtet ist.

Der eigentliche Autor des Briefs, Dean Zimmerman, greift in seiner Argumentation auf die Väter der amerikanischen Verfassung zurück und erklärt gleichzeitig die SCO Group zum Bündnispartner der RIAA. So wie diese die Verletzung des Urheberrechts an Musikstücken mit allen Mitteln bekämpfe und dafür vom amerikanischen Kongress die Waffe des Digital Millennium Copyright Acts (DMCA) bekommen habe, so werde SCO die GPL mit allen Mitteln bekämpfen.

"SCO argumentiert, dass die Beschlussfassung des Kongress, unter der amerikanischen Verfassung 'den Fortschritt der Wissenschaften und Bildenden Künste zu fördern', ein inhärentes Profit-Motiv enthält und dass der Schutz dieses Profit-Motives eine verfassungsrechtliche Dimension besitzt," lautet die zentrale Aussage des Offenen Briefes. Die starke Betonung des Profit-Motives und des US-Copyright-Gesetzes DMCA, das gleich mehrfach erwähnt wird, macht deutlich, dass die amerikanischen Kongressabgeordneten die eigentlichen Adressaten des Offenen Briefes sind. Von ihnen wünscht sich die SCO Group eine schärfere Waffe, den angeblichen großen Fehler zu bekämpfen, den die Software-Industrie begangen habe.

Mit der wiederholt aufgestellten Behauptung, dass Open Source jedes Copyright missachte, dürfte allerdings eine ernsthafte Argumentation vor Gericht kaum möglich sein. Dementsprechend enthält der Offene Brief keinen Hinweis auf den verletzten SCO-Code, auf dem die Klage der SCO Group beruht. Stattdessen vermischt der Offene Brief das Copyright mit dem Patentrecht, um auf diese Weise Firmen wie Red Hat anprangern zu können, die sich gegen weit reichende Patente ausgesprochen haben.

In den USA wird der offene Brief heftig kritisiert. So hat sich der an der Stanford Law School lehrende Lawrence Lessig zu Wort gemeldet und auf die Missinterpretation des Copyright-Gedanken der quelloffenen Softwareproduktion aufmerksam gemacht. So wie Microsoft seine Software nicht verschenke, sondern gegen Geld lizenziere, so verschenkten die GPL und ähnliche Lizenzen nichts. Stattdessen werde die Software gegen Offenheit lizensiert, unter voller Anerkennung des Copyrights aller Beteiligten. Sarkastisch kommentiert Lessig den Rekurs auf das von SCO reklamierte Profit-Motiv. Es gebe keine einzige Entscheidung eines US-Gerichtes, dass der Inhaber eines Copyrights dieses Copyright verkaufen müsse. Wenn Bill Gates 20 Milliarden US-Dollar seines aus Microsoft-Lizenzen stammenden Vermögens ohne Profit-Motiv nach Afrika vergebe, um Leben zu retten, dann dürfe er das, ohne die US-Verfassung zu verletzen.

Noch ironischer als Lessig kommentierte Kernelmeister Linus Torvalds in einem Mail-Interview den Offenen Brief und besonders das Profit-Motiv: "Wenn Darl McBride die Macht hätte, würde er wahrscheinlich die Ehe als Verletzung der Verfassung auslegen, weil sie ganz klar die kommerzielle Natur der menschlichen Interaktion entwertet und damit ein großes Hindernis für die kommerzielle Entwicklung der Prostitution darstellt."

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)