Im Test: BMW 745e
BMW senkt mit dem Plug-in-Hybrid im 745e den Flottenverbrauch. Das ist der Grund, warum es ihn ĂĽberhaupt gibt. FĂĽr den Fahrer liegt der Vorteil jedoch nicht in einer makellosen Umweltbilanz. Im 7er-Programm sollte er dennoch in die engere Wahl gezogen werden
Nein, zum Design des jüngst überarbeiteten BMW 7er ist genug gesagt. Daher nur so viel: In den 15 Tagen, die der 745e uns für einen Test zur Verfügung stand, habe ich tatsächlich jemanden gefunden, der die doch recht eindrückliche Front samt der knapp einen Meter messenden Niere als elegant und wunderschön bezeichnete – mein Nachbar Vlad hat sich als Fan der Form geoutet. Im Test interessierten uns natürlich andere Dinge. Der Plug-in-Hybrid, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, ist ein bemerkenswerter Antrieb und im 7er aktuell sicher nicht die schlechteste Wahl. Die geringere Umweltbelastung gegenüber anderen Motoren ist dabei freilich minimal.
Kompletter Unsinn?
Ein Plug-in-Hybrid kann eine äußerst sinnvolle Angelegenheit sein, sofern das Profil passt. Es besteht im Idealfall aus kurzen Strecken mit langen Pausen zum Laden dazwischen und dürfte damit diametral zur gewöhnlichen Nutzung eines 7er sein. Ist der 745e damit also kompletter Unsinn? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig.
Im Test: BMW 745e (34 Bilder)
Für den Hersteller ist jeder neu zugelassene 745e ein glänzendes Geschäft. Mit einem Verbrauch im Zyklus von 2,2 Litern lässt sich nicht nur gut werben, sondern auch der Flottenverbrauch senken. Letzteres ist auch der Grund, warum es dieses Auto gibt. Der Staat subventioniert die 5,12 Meter lange Limousine übrigens nicht mit dem reduzierten Steuersatz auf die private Nutzung eines Dienstwagens – der Basispreis liegt weit oberhalb von den laut Förderrichtlinie maximal erlaubten 60.000 Euro. Eine Liste mit allen förderfähigen Autos finden Sie hier bei der BaFa.
Vermutlich kaum ein potenzieller Kunde nähert sich ernsthaft einem BMW 7er, um damit der Umwelt einen Gefallen zu tun. Mit einem Plug-in-Hybrid ändert sich daran: Nichts. Wer auf der Autobahn kräftig Gas gibt, landet rasch deutlich oberhalb von 12 Litern. Nach 630 km ließen sich aber zumindest 114 km rein elektrische Fahrt ablesen. Im gemäßigten Autobahnbetrieb zwischen 120 und 130 km/h waren es im Test 8,7 Liter.
Der Umstieg auf Strom
Unter 25 kWh/100 km haben wir es im elektrischen Modus nicht gebracht, mehr als 35 sind es schon im normalen Gebrauch sehr schnell. Vielleicht verdeutlicht eine Rückrechnung in CO2, warum ein 745e die Greta-Jünger kaum glückselig machen wird. Das Bundesumweltamt schätzt, dass 2018 im deutschen Strommix 474 Gramm CO2 je Kilowattstunde angefallen sind. 25 kWh/100 km bedeuten demnach 118,5 Gramm CO2 je Kilometer. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass dieser Teil des Antriebs in der CO2-Bilanz jedes Jahr ein bisschen besser wird.
Dazu nerven noch ein paar Eigenheiten beim Thema Laden. Die Batterie des 745e lässt sich gewissermaßen nur mit der Pipette befüllen. Das serienmäßige Ladegerät ist mit 10 A abgesichert – bei 2,4 kW Ladeleistung, von denen noch die Ladeverluste abgehen, ist also Schluss. Da sich die Stromstärke im Bordmenü zwischen 6 und 16 A einstellen lässt, ist das einigermaßen unverständlich. An einer Wallbox sind bis zu 3,7 kW möglich, also das, was eine Leitung, die mit 16 A abgesichert ist, auch hergibt.
Ach wenn man doch nur ...
Mehr geht nicht, was Menschen, die den 745e maximal elektrisch nutzen wollen, ziemlich nerven dürfte. Wie schön wäre es, bei einer kurzen Rast die mit 10,79 kWh netto ohnehin nicht allzu üppig dimensionierte Batterie wieder aufladen zu können. Mit 50 kW Gleichstrom wäre das in einer knappen viertel Stunde erledigt. Doch kein Mensch macht mehr als drei Stunden Pause, um eine 11-kWh-Batterie wieder zu füllen. Ein Mercedes S 560 e lässt sich immerhin mit 7,2 kW aufladen.
So richtig durchdacht wirkt auch das Zusammenspiel von Ladung, Vorklimatisierung und geplanter Abfahrtszeit nicht. Wenn ich am Vorabend eine Abfahrtszeit von 7:50 Uhr inklusive dem Wunsch einer Temperierung vorgeben, verstehe ich nicht, warum dann die Batterie erst um 8:08 Uhr vollständig geladen ist. Das scheint nicht so ganz ausgereift, um es einmal höflich zu formulieren.
BMW verspricht im NEFZ eine elektrische Reichweite zwischen 55 und 58 km, im WLTP sollen es laut Konfigurator 47 km sein. Im Test unter herbstlichen Bedingungen waren es laut Anzeige bestenfalls 37 km, bei Temperaturen um 5 Grad noch 29 km. Die Anzeige ist recht verlässlich, wobei sich mit etwas Geschick auf der Bremse immer noch etwas herausholen lässt.
Chance verdient
Mit dem Plug-in-Hybrid wird der 7er also nicht zu einem Ökomobil, was wohl auch keiner erwartet hat. Doch es lohnt sich trotzdem, dem Hybridantrieb eine Chance zu geben – als Komfortbaustein. Denn es erweitert den 7er um eine Eigenschaft, die zu verlockend ist, um sie sich entgehen zu lassen. Wie geschmeidig der 7er elektrisch losfährt, ja eigentlich eher ablegt, das hat was Majestätisches. Kein (Mit-)Fahrer blieb davon unbeeindruckt. Wie oft ein 745e in der Praxis geladen wird, kann ich nicht sagen. In meinem Alltag würde ich ihn vermutlich ziemlich oft anstöpseln, weil ich das elektrische Fahren sehr mag. Der Gedanke, beim Bremsen die Batterie zu füllen anstatt vor allem Wärme zu produzieren, hat auch etwas für sich.