Im Test: Mitsubishi L200 DI-D+ 4WD

Inhaltsverzeichnis

Nicht mehr so gut zum Nutzungsprofil passt die Zahnstangenlenkung, ziemlich sicher aus Kostengründen. Auf der Baustelle oder schlechten Pisten ist eine Kugelumlauflenkung die Lösung der Wahl, weil sie dank ihrer inhärenten Eigendämpfung aufgrund der starken Übersetzung ihrer Schnecke verhindern kann, dass Schläge von den Vorderrädern bis ans Lenkrad durchdringen. Sie verhindert so Ermüdung, im Extremfall sogar an Lenkradspeichen gebrochene Finger. Um die Zahnstangenlenkung fürs Gelände zu adaptieren, musste sie so stark überdämpft werden, dass sie nun auf der Straße mit schwacher Rückstellkraft und weitgehender Gefühlstaubheit jede Kugelumlauflenkung in den Schatten stellt, womit sie auch nicht zum SUV-Anspruch auf Straßenfahrdynamik passt. Ob Boulevard oder Baustelle – diese Lenkung ist ein Rückschritt.

Differenzial als Zentralorgan

Permanenter Allradantrieb in Verbindung mit einer Geländereduktion ist bereits eine begehrenswerte Alleinstellung im Segment, vor allem, weil starrer Durchtrieb bei drei Metern Radstand schon bei geringsten Kursabweichungen zu heftigsten Verspannungen führt. Ein Zentralorgan im Form eines sperrbaren Differenzials ist damit eigentlich prädestiniert für Autos mit langem Radstand, wird aber gerade bei Pickups aus Kostengründen fast nie angeboten.

Mitsubishi setzt sogar noch drei Extras drauf, zwei davon sehr sinnvoll. Erstens eine mit 40:60 fahrdynamisch orientierte Kraftverteilung per Planetengetriebe aus dem Technik-Spender Mitsubishi Pajero, die in einem unbeladenen Pickup natürlich rein gar nichts bringt und von der man in einem beladenen auch nicht viel haben dürfte. Die einzige Parallele findet sich im VW Amarok, dessen permanenter Allradantrieb allerdings nur ohne Geländereduktion zu haben ist. (Hier kann man eine Adaption aus dem VW Touareg vermuten). Zweitens, und das ist nun ausgesprochen vernünftig, eine Viskobremse im Mitteldifferenzial. Sie verhindert, dass man mit einem einzigen durchdrehenden Rad schon stehenbleibt, ohne dass man etwa auf Schnee gleich die mittlere 100-Prozent-Sperre aktivieren und in der Folge dann ein in Kurven über alle möglichen Achsen schiebendes Gefährt bändigen muss. Und drittens ist die Vorderachse trotz des permanenten Allradantriebs abschaltbar, was auf schnell gefahrenen Strecken immerhin einige Zehntel Liter Sprit sparen kann.

Mehr Variabilität geht nicht – oder?! Doch, theoretisch: Fahren in Reduktion und offenem Mitteldifferenzial. Doch genau das ist leider nicht möglich. Gerade zum Rangieren mit schweren Hängern an Steigungen auf festem Untergrund wäre es aber sehr wünschenswert. Unseres Wissens können das nur noch die Land Rover-Modelle Discovery und Sport, Toyota Landcruiser und Mercedes G. Jammern auf hohem Niveau? Vielleicht. Aber das Allradsystem böte diese Flexibilität. Man müsste ja nur die Aktoren anders miteinander verschalten. Sagte ich eben „Aktoren“? Ja, leider wurde die bewährte, unübertroffen betriebssichere und transparente mechanische Betätigung der verschiedenen Allradstufen per Hebel durch einen albernen Drehschalter ersetzt, von dem aus Stellmotoren befehligt werden. Wir können keine Prognose für dieses Auto machen, aber in allen anderen bisher bekannten Anwendungsfällen macht so eine Lösung irgendwann Ärger. Es dürfte sich auch im L200 um einen Spielspaß für Leasingkunden handeln. Außerhalb der Garantiezeit werden solche Sachen, die sich übrigens aus uns unerklärlichen Gründen weltweit breitmachen, oft zu einem Schlag ins TCO-Kontor.