Abgasnorm Euro 7: Die überschaubare Herausforderung

Seite 2: Wege zur Stickoxidminimierung

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Um die Abgasnachbehandlung zu verbessern, gibt es bei Dieselmotoren derzeit drei Ansätze: Die erste Lösung ist eine doppelte Harnstoff-Einspritzung (selektive katalytische Reaktion, abgekürzt SCR). Eine motornahe, die schon kurz nach dem Kaltstart funktioniert. Und eine zweite, die für höhere Temperaturen zum Beispiel auf der Autobahn zuständig ist. Fast alle TDI-Motoren im Volkswagen-Konzern haben das bereits ("Twin Dosing"). Der zweite Ansatz ist die Kombination aus einem traditionellen NOx-Katalysator, der schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen arbeitet, und einer SCR-Eindüsung bei warmem Motor.

Der dritte Lösung ist die milde Hybridisierung. Ein typisches 48 Volt-System entlastet den Dieselmotor beim Beschleunigen durch einen kleinen Elektromotor. Dadurch sinken die hochlastbedingten Emissionen im Rohabgas. Solche Mildhybridsysteme haben eine Pufferbatterie, die eine elektrische Vorheizung des Abgasstrangs möglich machen würde. Auch das wäre ein Weg, um die Kaltstartphase zu verkürzen.

Die Debatte dreht sich, wie gehabt, vorwiegend um den Selbstzünder. Wahrscheinlich ist der Mehraufwand in den höheren Fahrzeugklassen gering, denn Mercedes und Volkswagen haben als Konsequenz aus dem aufgeflogenen Abgasbetrug inzwischen Motoren im Markt, die sehr niedrige Stickoxid-Werte nachweisen können.

Für die Benziner sind lediglich bessere Partikelfilter notwendig. Auch diese kommen teilweise schon zum Einsatz. Eine unüberwindbare Hürde wird die Euro 7 für Benzinantriebe nicht im Geringsten darstellen, und die Kosten werden dadurch kaum steigen.

Die elementare Schwäche der Verbrennungsmotoren ist weniger das vielfach kolportierte Anfahren mit Hänger am Berg, sondern die Kaltstartphase. Viele Pkw werden nur wenige Kilometer am Stück bewegt, darum hat das Abgasverhalten auf Kurzstrecken eine hohe Bedeutung für die Luftqualität. Mit dem neuen Ansatz der Budgetierung der Stickoxid- und Partikelemissionen wird ein milder Druck auf die technische Weiterentwicklung und damit auf die Kosten ausgeübt.

Es wird neben der Budgetierung noch weitere Neuerungen bei der Abgasnorm Euro 7 geben. Die Umstellung der Messung auf RDE bei gleichzeitiger Abschaffung des Conformity Factors wurde schon erwähnt. Darüber hinaus soll die Dauerhaltbarkeit der Abgasnachbehandlung verbessert werden. Im aktuellen Papier sind zehn Jahre oder 240.000 km als Mindestschwelle angesetzt. Vor allem an der kalendarischen Haltbarkeit bestehen noch Zweifel; sie könnte auf bis zu 15 Jahre verlängert werden, weil der Fahrzeugbestand etwa in Deutschland im Durchschnitt über neun Jahre alt ist.

Was nun tatsächlich für den Entwurf der Europäischen Kommission zur Abgasnorm Euro 7 verhandelt wird, ist weit entfernt von der Befürchtung der Abschaffung des Verbrennungsmotors über die Grenzwerte. Im Gegenteil besteht eher die Gefahr, dass zu laxe Vorgaben keine oder eine nur minimale Verbesserung gegenüber der gültigen Euro 6d-ISC-FCM notwendig machen.

Die eigentliche Veränderung beim Antriebsmix in der Europäischen Union wird so wie in den anderen wichtigen Weltmärkten USA und China über die CO2-Flottengrenzwerte erfolgen. Volkswagen prognostizierte auf dem sogenannten Power Day einen Anteil von 60 Prozent der Neuwagen im Jahr 2030, die batterieelektrisch fahren. Die verbliebenen 40 Prozent haben also einen Verbrennungsmotor. Das ist eine erhebliche Steigerung gegenüber den zehn Prozent reiner Elektroautos, die zurzeit in Deutschland verkauft werden. Zugleich aber ist es eine Beruhigung für alle, die weiterhin mit Diesel- oder Ottomotoren unterwegs sein wollen.

(fpi)