Auf dem Sprung​: Vorstellung der neuen Modellfamilie Triumph Tiger 1200 ​

Triumphs große Reiseenduro wurde nicht nur stärker, sondern – viel wichtiger – deutlich leichter. Wie bisher ist sie in Straßen- oder Geländeversion erhältlich.

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Bereits die deutliche Erleichterung dürfte ein großer Vorteil für die Fullsize-Reiseenduro von Triumph sein.

(Bild: Triumph)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Triumph präsentiert die Tiger 1200 für 2022 als eine komplette Neukonstruktion. Die große Reiseenduro bietet nicht nur mehr Leistung und modernste Elektronik, sondern ist vor allem auch deutlich leichter geworden. Wie gewohnt kommt die Tiger 1200 in mehreren Versionen, entweder mehr straßenorientiert oder mehr geländetauglich, je nach Geschmack.

Es ist schon vielsagend, dass im Triumph-Pressetext zu der neuen Tiger 1200 ganz oben steht: "signifikant leichter". In der Tat war das Gewicht der bisherigen 1200er Reiseenduro ein schwerwiegendes Problem. So angenehm das Reisen auf ihr war und so kräftig der Dreizylinder sich auch ins Zeug legte, das Leergewicht von 269 kg bei der Version mit Gussrädern und gar 272 bei der Drahtspeichen-Variante ließ sich nicht wegdiskutieren. Mit einigem Zubehör ausgestattet näherte sich die Tiger 1200 schon bedenklich der 300-Kilogramm-Marke. Nun verkündet Triumph über 25 kg Gewichtverlust und kann sich den Seitenhieb nicht verkneifen, dass die Tiger 1200 nun bis zu 17 Kilogramm leichter ist als die nächste Reiseenduro-Konkurrentin mit Kardanantrieb. Womit natürlich der Bestseller BMW R 1250 GS gemeint ist.

Das Einzige, was von der Vorgängerin blieb, ist die Modellbezeichnung. Das Herz der Tiger 1200 bildet der aus der Speed Triple 1200 bekannte Dreizylindermotor mit 1160 Kubikzentimeter Hubraum. Durch seine sogenannte "T-Plane"-Kurbelwelle zündet der Motor in Abständen von 180, 270 und wiederum 270 Grad Kurbelwellenwinkel. Ursprünglich sollten solche Modifikationen im Zündabstand auf der Rennstrecke zu einer verbesserten Traktion bei niedrigen Drehzahlen führen. Die kleine Abweichung zu einer je Zylinder um 120 Grad gekröpften Welle dürfte in dieser Hinsicht aber kaum etwas bringen, zudem ist die Tiger ja auch keine Rennmaschine. Wir vermuten vielmehr eine Art "Hardware-Sounddesign" durch den veränderten Auspuff-Rhythmus.

Triumph Tiger 1200 (7 Bilder)

Triumph hat seine Tiger 1200 komplett neu konstruiert. Von der Vorgängerin wurde nur die Modellbezeichnung übernommen.

Leistet der Dreizylinder in der Speed Triple eindrucksvolle 180 PS bei 10.750/min und 125 Nm Drehmoment bei 9000/min, ist er in der Reiseenduro deutlich mehr Richtung Drehmoment abgestimmt. Bei identischem Bohrung-Hub-Verhältnis kommt die Tiger 1200 auf 150 PS bei 9000/min und 130 Nm bei 7000/min. Bulliger Durchzug ist also garantiert. Dabei ging die Vorgängerin mit 141 PS und 122 Nm aus 1215 Kubikzentimeter schon recht kräftig zur Sache. Interessant ist, dass die Speed Triple 1200 über Kettenantrieb zum Hinterrad verfügt, die Tiger 1200 aber einen wartungsarmen Kardanantrieb hat. Offensichtlich haben die Motorenentwickler schon im Frühstadium des neuen Dreizylinders beide Antriebsarten berücksichtigt.

Optisch ähnelt die Tiger 1200 sehr der kleineren Tiger 900. Im Design wirkt die 1200er nun deutlich schlanker als die etwas pummelige Vorgängerin. Das macht vor allem die filigranere Front mit den beiden LED-Scheinwerfern aus, deren Halterung von einem Loch durchbrochen ist. Statt eines breiten Kühlers vorn bekommt die neue Tiger 1200 zwei, aber seitlich unterhalb des Lenkkopfs. Selbst der Schalldämpfer erscheint für die Reiseenduro-Klasse erstaunlich kompakt. Ein um 5,4 Kilogramm leichterer Gitterrohrrahmen aus Stahl fungiert als Rückgrat und der Aluminium-Heckrahmen ist endlich daran verschraubt und nicht mehr wie früher verschweißt. Ein durch Sturz verbogenes Heck lässt sich nun deutlich günstiger mit dem Schraubenschlüssel reparieren. Das Hinterrad wird nicht mehr von einer Einarmschwinge geführt, sondern von einer Mehrgelenk-Zweiarmschwinge. "Tri-Link" spart 1,5 kg ein und soll die Antriebseinfüsse minimieren: Triumph behauptet, dass die Tiger 1200 neue Maßstäbe für das Handling auf der Straße und im Gelände setzt.

Was uns zu den fünf Modellvarianten bringt. Bei den Tiger 1200-Modellen erscheint die Vielfalt zunächst verwirrend, ist aber im Grunde einfach: Entweder Aluminium-Gussräder mit 19 Zoll vorne und 18 Zoll (bislang 17 Zoll hinten) für den überwiegenden Straßeneinsatz oder Drahtspeichenräder mit vorne 21 und hinten 18 Zoll, um auch im Gelände adäquat unterwegs zu sein. Die Asphaltversionen nennen sich GT und die Off-Road-Varianten Rally. Alle fünf Modelle verfügen über denselben Motor, Rahmen, Schwinge und Bremsen sowie ein semi-aktives Fahrwerk von Showa, allerdings mit unterschiedlich langen Federwegen.

Die Sitz-Ergonomie der Tiger 1200 zeigt sich neu gestaltet und soll zur gesteigerten Fahrdynamik beitragen. Die Sitzbank ist vorne schmaler geschnitten für eine geringere Schrittbogenlänge und ist in zwei Stufen von 850 und 870 Millimeter (GT) bzw. 875 und 890 Millimeter (Rally) einstellbar, auch die Position der Fußrasten wurde verändert. Der neu geformte Windschild lässt sich mit nur einer Hand verstellen und besitzt Diffusoren, die den Wind von Fahrer und Sozius abhalten sollen. Alle Tiger 1200 besitzen ein schlüsselloses System für Zündung, Lenkschloss und Tankdeckel.