Der Aufstieg von Lexus

Seite 2: Der Durchbruch von Lexus: Der Hybridantrieb

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In den Toyota-Zentralen in Japan und Amerika bricht daraufhin hektisches Treiben aus. Im Jahr 1985 hat die Marke umgerechnet bereits 1,5 Milliarden Mark in die Entwicklung einer Luxuslimousine investiert. Das Geld ging für 24 Entwicklerteams mit 2300 Technikern, 1400 Ingenieuren und 60 Designern drauf. Parallel kriegt die Agentur "Lippincott & Margulies" aus New York den Auftrag, einen Namen für Toyotas neue Marke zu finden. Das Ergebnis ist wenig hilfreich: eine Liste mit 219 Namensvorschlägen. Auf eine Shortlist schaffen es unter anderem Vectre, Verone, Chaparel, Calibre und Alexis.

Die Legende will es, dass die Wahl auf "Alexis" hätte fallen sollen, bis jemandem auffällt, dass dies der Name eines bösen Charakters aus dem "Denver Clan" ist. Deswegen soll sich John Francis, der amerikanische Projektleiter, Block und Stift geschnappt und mit den Namen gespielt haben. Bei „Alexis“ strich er das „A“ weg und wenig später stand "Lexus" als Name fest. Es gilt die Faustregel: Lieber einen guten Freund verlieren als eine gute Geschichte, weswegen wir diese mal so glauben wollen.

Die für Toyota typische Zuverlässigkeit und eine für die damalige Zeit beeindruckende Dämmung kennzeichneten den konservativ gezeichneten Lexus LS400.

(Bild: Toyota)

Auch die 24 Entwicklerteams hatten ganze Arbeit geleistet. Der entstandene Lexus LS 400 hatte einen Vierliter-V8 unter der Haube, schaffte aber trotzdem mehr als 22,5 Meilen pro Gallone (was rund zehn Liter auf hundert Kilometer entspricht). Damit umging der Wagen die „Gas Guzzler“ Strafsteuer, was Kunden etwa 1000 Dollar sparte. Genau das bekamen die Konkurrenten auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit 1989 zu sehen. Eine neue Luxusmarke, die deutlich sparsamer war als ihre eigenen Schlitten. 1500 Händler hatten sich um das Recht beworben, Lexus verkaufen zu dürfen. Ganze 73 davon – vornehmlich in Ballungszentren – bekamen den Zuschlag.

Lexus reüssierte und etablierte sich als Nischenhersteller. Der ganz große Durchbruch war noch nicht abzusehen. Dann trafen zwei Entwicklungen aufeinander. Die langfristig betrachtet wichtigste ist die "Earth Charta". Als erstes Land überhaupt verbannt Japan Autos ohne Katalysator von der Straße. Die Politik würde den Umweltschutz in Zukunft immer ernster nehmen. Angesichts endlicher fossiler Energieträger und wachsender Umweltprobleme ein notwendiger Schritt.

Das Projekt G21 als Studie im Jahr 1995: Zwei Jahre später kam es als Toyota Prius auf den Markt.

(Bild: Toyota)

Weil Toyota aber nicht von der Politik, sondern der eigenen Entwicklung getrieben sein wollte, legte sich der Konzern im Jahr 1992 selbst die „Earth Charta“ auf. Deren Kernaussage ist, dass dem Umweltschutz bei der Fahrzeugentwicklung "höchstmögliche Priorität" einzuräumen sei. Die Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid hätte „herausragende Bedeutung“. Erster Schritt in diese Richtung ist das "Projekt G21". Das kennt mittlerweile jeder. Es kommt 1997 als Prius auf die Straße.

Die zweite Entwicklung sollte Lexus endlich den erhofften Durchbruch bescheren. Es ist der RX300. Das „weltweit erste Premium-SUV“, wie es Lexus nennt. Und tatsächlich: Der RX300 kommt im August 1997 auf den Markt. Die Mercedes M-Klasse erst im September. Der Range Rover, der 1994 erscheint, hat noch Starrachsen und fliegt wohl deswegen aus der Wertung. Der Lexus RX300 brachte der neu gegründeten Marke den Durchbruch. Er trat – mit einigen anderen Autos gemeinsam – eine Welle an Luxus-SUV los und wurde zum wichtigsten Modell der Marke.

Der Lexus RX 300 kam 1997 auf den Markt und begründete das Segment der luxuriösen SUV. Dass er im Gelände nicht brillieren konnte, interessierte die Kundschaft schon damals nicht.

(Bild: Toyota)

Er passte aber nicht zur eigenen "Earth Charta". So gar nicht. Genau genommen torpedierte Lexus dieses Vorhaben sogar. Erst die Studie "LF-S" (für Luxury Future Sedan) sollte das ändern. Im Jahr 2003 zeigte Toyota eine Luxuslimousine, in der ein V8- und ein Elektromotor zusammenarbeiteten. Eine Idee, die in der Szene nur wenige ernst nahmen. Der Hybridantrieb hatte ein Gesicht – das des Toyota Prius. Und der passt nicht in die Luxuswelt. Und hier kommt Lexus ins Spiel. Denn die Marke hat, bei allem Erfolg, ein Problem.

Die 2003 gezeigte Studie LF-S hatte einen V8-Benziner und einen E-Motor. Damals mag manch einer der Konkurrenten über diese Idee in dieser Klasse gelächelt haben.

(Bild: Toyota)

Es fehlt Lexus an Kontur und Image. Cadillac und Lincoln, Mercedes und BMW haben allesamt eine lange Geschichte. Kunden identifizieren mit den Fahrzeugen eine bestimmte Eigenschaft, einen bestimmten Wert. Bei Lexus ist das nicht der Fall. Bis zum Lexus RX 400h. Ein Luxus-SUV mit Hybridantrieb, das im Jahr 2005 auf den Markt kam.

Der Lexus RX 400h - das erste Luxus-SUV mit Hybridantrieb.

(Bild: Toyota)

Kein Jahr später folgte der GS 450h – eine Luxus-Limousine mit Hybridantrieb. Plötzlich hatte der Nobelableger ein Image, Charakter, einen Markenkern. Lexus war fortan die sparsame Luxusmarke mit Hybridantrieb. Alles kriegen, ohne schlechtes Umweltgewissen. Fortschrittlich, weniger umweltschädlich und damit erkennbar anders als die Konkurrenz. Um im Marketingsprech zu bleiben.

Der Lexus RX 400h leistet insgesamt 272 PS. 211 PS stammen von einem V6-Benziner. Weitere 167 PS von einem Elektromotor an der Vorderachse. Der Elektromotor an der Hinterachse leistet zusätzlich 68 PS. Weil die Motoren ihre Leistung in unterschiedlichen Fahrsituationen und Drehzahlbereichen des Benziners abgeben, lassen sich die Werte für die Systemleistung nicht einfach addieren. Obwohl die Technik neu ist, gibt es kaum Kinderkrankheiten. Das ist kein Zufall. Dafür hat Toyota keine Kosten gescheut. Die sensiblen Teile sind allesamt eigene Entwicklungen. Sowohl die Halbleiter-Chips für das zentrale Steuergerät als auch die Wicklung der E-Motor-Spulen.

Teile, bei denen Toyota zusätzliches Knowhow braucht, wie die Batterie, werden nicht etwa ausgelagert, sondern entstehen in Joint-Ventures. Im Falle des Akkus mit Panasonic. So haben Toyota und Lexus die Kontrolle über alle notwendigen Teile und deren Produktion.

Entsprechend euphorisch fallen die Tests aus. Trotz hochkomplexer Technik ist der Toyota Prius im TÜV-Report 2011 das zuverlässigste Auto seiner Klasse. Seine Technik und seine Komponenten sind es, die hochskaliert werden. Aktuell können zehn Lexus-Modelle mit Hybridantrieb geordert werden. Die Taktik zahlt sich aus. Bevor die Coronavirus-Krise einen Pfropfen in die Automobilwirtschaft rammte, setzte Lexus im Jahr 2019 immerhin 765.330 Autos ab. So viel wie nie zuvor.

(chlo)