Jobs in der Autoindustrie: Projektleiter für KI, Cloud und Virtualisierung

Amir Namazi hat sein Jobprofil selbst mitgestaltet: Er untersucht, wie sich neue Technologien gewinnbringend bei Continental einsetzen lassen.

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(Bild: Continental)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich

Die Autoindustrie und auch ihre Zulieferer befinden sich mitten in einem disruptiven Wandel. Allein schon der Wechsel vom Verbrennungs- auf den Elektromotor wird eine der Schlüsselindustrien fundamental verändern, auch und gerade in der Arbeitswelt. Zahlreiche Jobs werden entfallen, gleichzeitig neue entstehen und viele sich verändern. In einem Themenschwerpunkt wollen wir Arbeitsplätze in der Autoindustrie und ihren Zulieferern beleuchten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gab, aber in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung zunehmen werden. Firmen werden sich, noch stärker als aktuell schon, auf die Suche nach entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern machen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dürften exzellent sein.

Continental-Chef Nikolai Setzer sprach in einem Interview mit der FAZ (hier, Paywall) vor einigen Monaten die Probleme an, die der Zulieferer durch den Strukturwandel der Autoindustrie und die Disruptionen aus der Pandemie wie Lieferkettenprobleme und Chip-Versorgungsdürre zu bewältigen hatte und hat. Setzer benannte hierbei auch die Chancen der Transformation. Continental will den "Wandel aktiv mitgestalten", und zwar auch in der Fahrzeugtechnologie. Ein Schlüsselelement sind Hochleistungsrechner in den Fahrzeugen, bei denen sich immer wieder neue Verbesserungsmöglichkeiten zeigen. In diesem Bereich arbeitet Amir Namazi bei Continental. Er gestaltet die Zukunft von Conti und der Autoindustrie und die seines Jobs aktiv mit, und das mit viel Freude an seinem Tun.

In einem einfachen Satz, als würde man es der Oma sagen: Was ist der Kern des Jobs?

Ich recherchiere, wie wir neue Technologien gewinnbringend integrieren können. Es ist wie ein Puzzle, nur mit Technologien als Bausteinen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir verwenden mittlerweile zur Entwicklung von Steuergeräten einen "Digital Twin", also eine Datenrepräsentation des Steuergeräts, mit der wir in der Entwicklung arbeiten. Dieser digitale Zwilling hat alle Vorteile der Übereinstimmung: Wenn ich einen Anzug schneidern lassen will, könnte ein Zwilling von mir in einer anderen Stadt für mich Maß nehmen lassen. Da der digitale Zwilling aus Daten besteht, kann man von überall auf ihn zugreifen.

Die Vorteile von Daten statt Prototypen gehen jedoch weit darüber hinaus. Die digitale Repräsentation kann zum Beispiel in kürzester Zeit massiv parallel getestet werden. Wir setzen zudem eine KI beim Testen ein, deren Optimierungsfunktion in der Maximierung von Abstürzen besteht. Sie verkürzt den Testprozess erheblich. Und so greifen diese zwei Puzzlestücke ineinander für eine deutliche Verbesserung unserer Arbeit: Wo wir früher 5 Jahre gebraucht haben für die Entwicklung eines Produkts, sind wir jetzt bei anderthalb Jahren. Das ist für die Automobilindustrie, die sich an so viele Standards, Sicherheitsvorgaben und Gesetze halten muss, schon ein sehr kurzer Zyklus.

Arbeitsplätze in der Autoindustrie auf heise Jobs

Was sind die typischen Aufgaben darin?

Ich suche nach neuen Ideen aus der IT, betrachte sie und denke darüber nach, wie wir sie zur Verbesserung unserer Abläufe und Produkte nutzen könnten. Ein Beispiel habe ich ja bereits gegeben.

Worin besteht die Besonderheit des Jobs?

Die größte Besonderheit besteht wohl in Partnerschaften mit anderen Firmen. Teilweise sprechen wir mehrmals die Woche oder gar jeden Tag. Diese anderen Firmen sind zum Beispiel Cloud-Anbieter, Technologieunternehmen, andere Zulieferer und Chip-Hersteller. Besonders viel arbeiten wir mit Fahrzeugherstellern zusammen, deren Anforderungen wir ja erfüllen wollen. Das ist ein großes, vernetztes System, in dem es viele Inspirationen gibt.

Continentals Produktlinie "Smart Cockpit" folgt einem Trend der Autoindustrie: Hochleistungs-Rechner werden per Virtualisierung für mehrere Anwendungen verwendet, was es zum Beispiel erlaubt, Rechnerressourcen dynamisch zuzuteilen und im Idealfall höhere Performance zu geringeren Kosten zu liefern.

(Bild: Continental)

Was bedeutet die Stelle im Konzern?

Unsere Arbeit sorgt für mehr Effizienz, und wir dürfen, ja: müssen selber effizient arbeiten. Effizienz kommt auch von Flexibilität, die bei Continental groß geschrieben wird. So entscheiden wir in der Abteilung selbst, wie wir unsere Ziele am effektivsten erreichen. Ich glaube, dass alle irgendwann hoch flexibel und effizient arbeiten müssen, weil sich die Technik so schnell ändert. Wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss ein hohes Tempo gehen.

Der Anteil von Software an der Wertschöpfung im Automobilbereich hat sich erkennbar erhöht, sodass unsere Abteilung wichtiger wird. Wir sprechen da vom "Software-defined vehicle", vom Fahrzeug, dessen Funktionen sich aus Nutzer-Sicht zu immer größeren Teilen aus Software definieren. Früher fragte der Markt nach Hubraum oder Zylinderzahl. Wissen Sie, was heute die meistnachgefragte Funktion ist? Smartphone-Anbindung. Die Leute wollen wissen, wie sie das Fahrzeug in ihren Smartphone-Alltag sinnvoll integrieren können. Und letztlich führt unsere Arbeit schlicht zu innovativen und nachgefragten Produkten, wie sie jeder Konzern braucht.

Wie sind Sie in diesen Job gekommen?

Ich habe schon ein ganzes Stück Weg hinter mir bei Continental, denn ich habe als Werkstudent in der Software-Entwicklung angefangen. Zuletzt arbeitete ich als Software-Architekt im High-Performance-Computing. Der Software-Architekt kümmert sich wie das Pendant im Hausbau um den Plan des Gesamtprodukts. Für meinen jetzigen Job würde ich sagen, war der vorherige Job eine Voraussetzung. Man sollte als Software-Architekt gearbeitet haben, um die Rahmenbedingungen im High Performance Computing kennenzulernen. Meine aktuelle Stelle gab es jedoch vorher nicht. Meine Vorgesetzten und ich haben sie gemeinsam entwickelt, weil wir erkannten, dass es da wichtige Arbeit zu tun gibt. Das war auch so ein Beispiel für organisatorische Flexibilität, das zeigt, dass nicht alles von oben kommen muss.

Spannende Jobs in der Autoindustrie

Welche Ausbildung(en) brauchen Leute, die sich für den Job interessieren?

Ideal zur Vorbereitung auf den Job sind die Studiengänge Informatik und eventuell Maschinenbau. Das Ende des Informatikstudiums bedeutet hier jedoch nur den neuen Anfang. Es ändert sich so viel so schnell in der Technik, dass man eigentlich nur die Grundlagen anwenden kann und große Teile einfach aktuell nachlernen muss. Der Automotive-Bereich ist zudem sehr speziell. Man sollte also dauerhaft lernbereit sein, denn unsere Arbeit ist ein komplexes Feld, das sich sehr dynamisch verändert.

Welche Interessen sollte man haben, um den Job motiviert machen zu können?

Dieser Job ist super für Leute, die immer Neues wollen. Ich bin so jemand: Ich mag keine Wiederholung, sondern brauche immer wieder Neues. Gleichzeitig sind im Automotive-Bereich die Bereiche Sicherheit und Standards extrem wichtig. Wir haben hohe Qualitätsstandards, entsprechend genau muss die Arbeit ablaufen.

Vervollständigen Sie den Satz für Interessierte an diesem Job: "Um hier einen Platz zu finden, brauchst du ..."

... Spaß an dieser Arbeit! Ich wünsche mir, dass wir jeden Tag Spaß haben. Manche Leute gehen ja nicht so gern in ihre Arbeit, aber ich mache diesen Job einfach total gerne. Auch im Team höre ich oft, dass die Kolleginnen und Kollegen Spaß haben an dem, was sie tun. So sollte es sein.

(cgl)