MarktĂĽbersicht: Was Wissensmanagementsysteme leisten

Seite 3: BlueSpice: das Enterprise-MediaWiki

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BlueSpice ist ein Unternehmenswiki, das auf der quelloffenen Software MediaWiki basiert, die das Fundament der Wikipedia bildet. Wer BlueSpice jedoch als Abklatsch von MediaWiki betrachtet, tut der Software unrecht. Denn das Regensburger Unternehmen Hallo Welt! GmbH hat sich in den vergangenen elf Jahren viel MĂĽhe gegeben, MediaWiki zu einem potenten System fĂĽr Wissensmanagement zu machen, das agilen AnsprĂĽchen gerecht wird.

Seine interne Struktur übernimmt BlueSpice allerdings weitgehend von seinem Urahn, was zu deutlichen Unterschieden etwa zu Confluence führt – Unterbereiche wie die Spaces bei Confluence sind möglich, werden aber nicht so bequem unterstützt. Wer Spaces analog zu Confluence haben will, muss zur BlueSpice Farm greifen. BlueSpice-Nutzer legen möglichst viele Seiten in einen zentralen Namespace und klassifizieren sie anhand verschiedener Kriterien, etwa nach der Art des Inhalts. So ist das Arbeiten mit Unterseiten möglich, sie spielen im Alltag jedoch eine merklich untergeordnete Rolle. Kategorien sind implementierbar und erlauben die Einführung einer gewissen Hierarchie – die strenge hierarchische Struktur, wie Confluence sie vorgibt, ist bei BlueSpice aber nicht zu erreichen. Das kommt den Nutzern entgegen, die ihre Daten lieber qualitativ als hierarchisch organisieren, verwirrt aber alle, die schon mal mit Systemen wie Confluence zu tun hatten. Zumal Kategorienseiten innerhalb von BlueSpice letztlich auch wieder nur Tags sind, die keine bestimmte Hierarchie erzwingen.

In der Pro-Farm-Variante bietet BlueSpice die Möglichkeit, Subwikis innerhalb einer BlueSpice-Installation zu betreiben.

Um etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen, liefert BlueSpice nicht nur eine Suchfunktion mit, sondern bietet eine erweiterte Suche als Erweiterungspaket an. Die Suche ab Werk entstammt MediaWiki und erlaubt das Durchforsten der Inhalte über Schlüsselwörter. Mittels der SemanticData-Erweiterung lässt sich in BlueSpice aber auch eine semantische Suche erreichen. Seiten lassen sich dann anhand verschiedener Parameter so katalogisieren, dass ihre Inhalte für Computer interpretierbar werden. Das SemanticData-Paket übernimmt BlueSpice von MediaWiki; es erleichtert die Suche gerade in techniklastigen Wikis erheblich. Semantische Suche ist ein Feature, das BlueSpice der Konkurrenz voraushat, denn in Confluence etwa lässt sich semantische Suche nur über externe Anwendungen per Plug-in integrieren.

BlueSpice bietet neben der Standardsuche in der Pro-Variante als eine der wenigen Lösungen im Test auch eine semantische Suche.

Beim Thema Compliance zeigt sich BlueSpice auf der Höhe der Zeit. Das gilt sowohl für die wichtigsten Security-Features als auch für die Anpassbarkeit des Erscheinungsbilds. LDAP- oder AD-Integration übernimmt die Software unmittelbar von MediaWiki, wo beides seit vielen Jahren gut funktioniert. Eine eigene Benutzerdatenbank lässt sich alternativ direkt in BlueSpice verwalten. Ein simples GUI ermöglicht das zudem intuitiv und durchaus leistbar auch für Nicht-Profis. Nutzer- und Gruppenrechte lassen sich unabhängig von einem zentralen Benutzerverzeichnis verwalten. Sobald BlueSpice an LDAP oder AD angeschlossen ist, können aber die Gruppenzugehörigkeiten auch von dort kommen. Auf der Wiki-Ebene lässt sich dann festlegen, welche Gruppe auf welche Bereiche des Wikis Zugriff haben soll. Seitenbasierte Rechte sind möglich, können aber im Unterschied zu Confluence nicht über eine integrierte Oberfläche gesteuert werden – zum einen weil Wikis hier eine andere Philosophie verfolgen, zum andern aber weil das laut Hersteller auch nur selten benutzt wird. Auch deshalb ist das Feature weder sonderlich feingranuliert noch sehr komfortabel.

Wer bereits mit MediaWiki gearbeitet hat, weiß, dass dessen grafische Schnittstelle ab Werk nun nicht gerade den Preis für das modernste Design erhält. Wer bei BlueSpice deshalb mit ähnlich altbackener Optik rechnet, sieht sich eines Besseren belehrt – denn das Programm wartet mit einem – natürlich blauen – Standardthema auf, das modern und elegant wirkt. Obendrein lässt sich BlueSpice an die GUI-Anforderungen von CI/CD-Guidelines anpassen, Theming ist also möglich.

BlueSpice sieht deutlich schicker aus als sein Urahn MediaWiki und lässt sich zudem mit Themes gut an CI/CD-Anforderungen anpassen.

Wer schon mal einen Artikel in der Wikipedia bearbeitet hat, erinnert sich vielleicht noch mit Schrecken an den alten MediaWiki-Editor. Den hat die Software aber seit einiger Zeit hinter sich gelassen, stattdessen steht auch hier ein moderner WYSIWYG-Editor zur Verfügung, den auch BlueSpice übernimmt. Der neue MediaWiki-Editor präsentiert sich zeitgemäß und ermöglicht auch weniger erfahrenen Anwenderinnen und Anwendern das unkomplizierte Ändern von Seiten in der Wissensdatenbank. Aber "übernehmen" stimmt nur zum Teil: Der Editor in BlueSpice basiert zwar auf dem VisualEditor von MediaWiki, jedoch reichern die Entwickler die Lösung mit ein paar Komfortfunktionen und optischen Verbesserungen an.

BlueSpice übernimmt die Plug-in-Schnittstelle von MediaWiki und damit auch die Fähigkeit, MediaWiki-Plug-ins zu verwenden. BlueSpice selbst steuert verschiedene Features in Plug-in-Form bei, einen Plug-in-Store wie bei Confluence suchen Anwender aber noch vergebens. Der Hersteller arbeitet derzeit an einem solchen Store. Einstweilen hält sich die Erweiterbarkeit dadurch in Grenzen, denn die verfügbaren MediaWiki-Plug-ins decken vornehmlich Spezialfälle ab und sind für die meisten Benutzer im Alltag vermutlich von untergeordnetem Interesse.

In Summe präsentiert sich BlueSpice als zeitgemäße Wissensmanagementsoftware, die die im Enterprise-Umfeld gängigen Funktionen bietet. Sie lässt sich problemlos on Premises hosten, erscheint jedoch in mehreren Varianten mit unterschiedlichem Funktionsumfang. Die meisten hier vorgestellten Funktionen sind Bestandteil der "BlueSpice free"-Version, die sich jederzeit aus dem Netz herunterladen und sofort nutzen lässt. Wer auf die semantische Suche steht, verschiedene QA-Features braucht oder die Option haben will, Seiten aus BlueSpice gleich in ein Format zu exportieren, das sich für den Buchdruck eignet, braucht die Pro-Variante. Die umfasst zudem Support und kostet mindestens 83 Euro pro Monat. Die Module, die BlueSpice nur als Teil der Pro-Version ausliefert, sind übrigens ebenso wie die Komponenten der Free-Edition Open-Source-Software.

Wer Subwikis will, muss zur "BlueSpice Farm"-Variante greifen, die 235 Euro pro Monat kostet. Alle BlueSpice-Varianten sind ohne Einschränkung nutzbar, was die Anzahl der verfügbaren Accounts angeht. Angesichts der gebotenen Funktionen ist BlueSpice (Download) gerade im KMU-Sektor ausgesprochen konkurrenzfähig.