Missing Link: Service Provider, Internet und Politik – eine langsame Annäherung

Die erste Generation von IT-Netzwerkern geht in den Ruhestand. Quereinsteiger Sebastian von Bomhard hat mit SpaceNet einen der ersten deutschen ISP gegründet.

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(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

Lesezeit: 46 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Sebastian von Bomhard hat einen der ersten Internet Service Provider (ISP) in Deutschland gegründet, sich den Börsengang verkniffen und den Konzentrationsprozess im deutschen Providermarkt auf seine ganz eigene Art überstanden. Der Politik stellt er kein so gutes Zeugnis aus, anerkennt aber, dass auch sie dazugelernt hat, wenn auch nicht immer das Richtige. Außerdem ist von Bomhard einer der Quereinsteiger unter den deutschen Netzpionieren. Informatik hat er nie studiert und der fehlende Uni-Stallgeruch hat den Münchner Unternehmer wohl in mancher Hinsicht zum Außenseiter gemacht. So war für ihn der Aufbau seiner ersten Netzverbindung gar nicht so einfach. Vielleicht liegt es an den dedizierten Ansichten des Bayern.

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Dies ist eine weitere Folge unserer Gesprächsserie mit Pionieren des deutschen Internets:

heise online: Von „pseudorelativkomplementären Verbänden“ zum Internet – wie geht denn das?

Sebastian von Bomhard

(Bild: SpaceNet AG)

Sebastian von Bomhard: Wieso ich kein Informatiker bin, ist schnell beantwortet. Ich bin einfach schon grauenhaft alt. Als ich anfing zu studieren, konnte man gerade mal in Karlsruhe, Dortmund und München Informatik studieren. Berlin kam neu hinzu. Aus familiären und romantischen Gründen zog es mich aber nach Heidelberg und da führte überhaupt kein Weg zur Informatik. Viele Mathematiker waren geradezu stolz drauf, dass man Mathematik mit Papier und Bleistift betreiben kann. Dass man überhaupt keinen Rechner braucht dafür, und was soll ich sagen, ich bin ja voll auf dieser Linie. Es hat mir großen Spaß gemacht, Mathematik zu studieren, und die Informatik hätte vielleicht auch gar nicht die Antworten für mich gehabt, die ich damals haben wollte. Studiert habe ich es nicht, aber am Ende noch eine Diplomprüfung in Informatik abgelegt, im Nebenfach.

Sie haben auch schon programmiert.

Von Bomhard: Genau. Das wurde damals auch nicht so scharf abgetrennt. Es ist ja auch die Frage, was genau ist eigentlich Informatik. Auch Informatikern ist es gelungen, innerhalb kürzester Zeit ihr Fach zu einer echten Wissenschaft zu machen. Man hat sich schnell mit Dingen beschäftigt, die sehr nach Elfenbeinturm geklungen haben. Busy Beaver, der unglaublich dumme, aber endlos geduldige Automat oder aber der unendliche Automat, der alles konnte. Alles spannend, aber ich bin eben Algebraiker und es hat mir Spaß gemacht, mit Ordnungen zu arbeiten – vielleicht um meinen Hang zur Unordnung auszugleichen. Die pseudorelativkomplementären Verbände sind eigentlich nichts anderes als Ordnungs-induzierte algebraische Konstrukte. Als es dann ans Geldverdienen ging, war die Informatik beziehungsweise die IT oder EDV, wie es damals noch hieß, eine wunderbare Möglichkeit, Geld zu verdienen.