Missing Link: Service Provider, Internet und Politik – eine langsame Annäherung

Seite 5: Bang-Adressen: Lange Liste mit Ausrufezeichen

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Also steht eine Internetwiege im Freistaat?

Von Bomhard: Die allererste Leitung, die überhaupt über den Teich an eine Uni hingelegt wurde, war 1989 die Leitung zur Uni Dortmund. Nur, was war denn das eigentlich für ein Internet? Zunächst war Dortmund einfach der wichtigste Knoten für Kommunikation diesseits des Teichs. Damals hatte man noch diese Bang-Adressen. Das war eine lange Liste mit Ausrufezeichen dazwischen, also: "mein Rechner!dein Rechner!dein Knoten!der Empfängerknoten!", usw. usw.. Ganz am Schluss kamen ein letztes Ausrufezeichen und der Username auf dem letzten angegebenen System. Das Problem war natürlich, dass man den Weg komplett beschreiben musste. Als das Netz immer größer wurde – von Internet will ich noch gar nicht sprechen – wurde das ziemlich unhandlich. Man kann nicht den Pfad zu allen seinen Freunden im Kopf haben, und das Herumschicken von UUMaps, aus denen man die Standardpfade mit einer Applikation herausziehen konnte, war auch aufwändig. Da hat sich die UniDo mit der Einrichtung eines „wissenden Pfads“ verdient gemacht. Jeder, der seinen Bang-Pfad zur UniDo gekannt hat, konnte registrierte User, die riesig lange Pfade hatten, dort erreichen. Als die Dortmunder ihre Leitung hatten, hat der Professor Zorn in Baden-Württemberg gesagt: Das kann ja wohl nicht angehen. Die Nordrhein-Westfalen haben etwas, was wir hier nicht haben, und er hat deswegen noch im Dezember desselben Jahres auch eine Leitung bekommen. Tja, und dann hatte man zwei Leitungen nach Deutschland. Oldenburg war auch früh dabei, denn dort gab es zwei merkwürdige Rechner, die für die Stabilität des Nameservers in Deutschland sehr wichtig waren. Der eine heiß deins und der andere meins, tatsächlich hießen sie D1 und M1. Kommerziell hat Oldenburg keine große Rolle gespielt. Aber was ist jetzt mit der Geburtsstunde des Internets? Da geht es meiner Meinung nach um mehr als wer mal eine Leitung hatte. Also das LRZ hat jedenfalls sehr schnell mitgezogen. Dort gab es den Herrn Dr. Läpple und als ich mich beim verantwortlichen Professor Hegering eigens bedankt habe, dass wir unseren Verkehr beim LRZ abliefern durften, wusste der davon noch gar nichts. Ich habe ihm schnell versichert, dass der Herr Dr. Läpple den Ruf des Lehrstuhls gemehrt und nach außen getragen habe, und das hat der Zusammenarbeit nicht geschadet. Rückblickend muss ich sagen, vielleicht hätte ich die SpaceNet nicht gegründet, wenn man damals Internet schon hätte kaufen können. Aber das gab es eben nicht. Also musste ich eine Firma gründen, um es zu bekommen.

Die SpaceNet hat im Lauf der Jahre mehrere eigene Rechenzentren gebaut, richtig?

Von Bomhard: Die SpaceNet hat zunächst ihr einzelnes Rechenzentrum immer weiter vergrößert. Als wir dann 1998 als schon unglaublich erwachsene Firma (lacht) an den Dollinger Bogen gezogen sind, war es ausgemachte Sache, dass wir den ganzen Keller Rechenzentrums-tauglich ausbauen. Aus heutiger Sicht war das ein Minirechenzentrum, mit 350 Quadratmetern, gekühlt und mit einer später nachgerüsteten USV. Heute wird das ganze nur noch als Netzknoten verwendet. Da wird nichts mehr gehostet. Dann haben wir das Rechenzentrum von Cable & Wireless in der Landsberger Straße übernommen, das war ein guter Deal für uns, auch weil wir ein paar gute Mitarbeiter mit dazu gekriegt haben. Als dieses Rechenzentrum auch voll wurde, haben wir wieder ein neues eröffnet, das war die EMC hostco. Dahin haben wir schon viele Rechner aus dem Dollinger Bogen migriert. Mittlerweile sind wir dort Kunde bei meinem ehemaligen Partner, Herrn Hutter.

Derzeit bauen Sie aber neu, oder?

Von Bomhard: Genau, und dieses Mal von Grund auf. Einmal wollten wir, dass etwas zu Beton und Draht wird, was wir uns ausgedacht haben: ein beeindruckender PUE-Wert (Power Usage Efficiency), sicher, ökologisch und klug. Es war eines der größten Projekte in der Firmengeschichte.

Ist es fertig?

Von Bomhard: Na ja, wann ist schon mal irgendwas wirklich fertig. Also wir arbeiten schon drin, aber es ist noch nicht zur Gänze abgenommen.

Sie nutzen da Strom aus erneuerbarer Energie, nur im neuen RZ?

Von Bomhard: Wir haben schon mit erneuerbarem Strom gearbeitet, als wir das neue RZ noch nicht geplant hatten. Aber da bin ich mehr Unternehmer als Indoktrinator. Es war früher immer so, dass die Kunden sich das selbst aussuchen durften. Das halte ich nur für fair. Dadurch, dass ich beide Stromarten angeboten habe, konnten Firmen entscheiden, ob sie den grünen Strom wollen. Wem finanziell das Wasser bis zum Hals steht, dem zwinge ich das nicht auf. Wer es macht, bewirbt es auch selbst. Im neuen Rechenzentrum schaut es anders aus. Die Preisunterschiede sind nicht mehr so gravierend. Daher war es organisatorisch einfacher, dass wir alles an erneuerbaren Strom angehängt haben.