Missing Link: Service Provider, Internet und Politik – eine langsame Annäherung

Seite 4: Einwahl ins Netz für schmales Geld

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Kommen wir zur SpaceNet zurück, wer waren denn die ersten ISP-Kunden 1994?

Von Bomhard: Dazu gehörte beispielsweise ein Rechenzentrum, also ein Anbieter, der für Kunden Jobs gerechnet und Ergebnisse auf grün-weiß-gestreiftem EDV-Papier geliefert hat. Die fanden es spannend, mit dem Internet herumzuspielen, um sich das künftig zu sparen. Dann kamen verschiedene Abrechnungsanbieter. Eine Menge größerer Firmen haben schon ein bisschen Budget vorgesehen und sind so nach und nach dazugekommen.

Wie hat sich denn die Kundenstruktur geändert seither?

Von Bomhard: Das hat sich sehr stark verändert. Mit muc.de waren wir ursprünglich in der glücklichen Lage, Privatkunden nicht abweisen zu müssen. Das hätte ja arrogant geklungen. Bei SpaceNet haben wir uns aber von Anfang an ausschließlich auf gewerbliche Kunden konzentriert. An die 10000 dürfte der Höchststand gewesen sein, genau kann ich das nicht mehr sagen. Unser bekanntestes Produkt war anfangs die Einwahl ins Netz für schmales Geld. Allerdings haben damals die Telefongebühren reingehauen. Die Post hat ja schon verdient, als sie noch gar nicht wusste, wie man Internet schreibt. Inzwischen gibt es den reinen Wählzugang oder den kleinen Webserver nicht mehr bei uns. Das kommt daher, dass wir nichts im Bereich 9,95 Euro oder 99 Cent haben.

Dafür sind dann die großen Hoster angetreten. Wie hat sich SpaceNet finanziert?

Von Bomhard: In den ersten Jahren war es ein Hungerleiderjob. Die Banken waren damals noch nicht bereit, für so etwas komplett Unbrauchbares wie Internet Geld bereitzustellen. Ich ging also auch nach der Gründung parallel noch "anschaffen“ (lacht) und habe Systeme aufgesetzt und als Berater gearbeitet. Das hatte ich ja schon davor gemacht und damit ließ sich nach wie vor hervorragend Geld verdienen. Sobald ich es mir leisten konnte, habe ich alles abgegeben, was die Finanzen anbelangt. Ich kenne meine Stärken und meine Schwächen und Geld hat mich nie so sehr interessiert. Es ist schön, wenn ich meinen Ideen nachgehen und die realisieren kann. Inzwischen habe ich auch einen Ko-Vorstand, weil ich mich aus dem Operativen etwas zurückgezogen habe. Das Tagesgeschäft macht er. Ich fühle mich immer noch mehr zuständig, für das, was man nicht sieht – also das, was in fünf Jahren ist.

Hat München eigentlich auch an der Wiege des deutschen Internets mitgeschaukelt? Es wird ja meist nur von Dortmund oder Karlsruhe gesprochen.

Von Bomhard: Der Streit zwischen Dortmund und Karlsruhe ist schnell erklärt. Es waren zwei Unis, die sich da beharkt haben, und die waren als Uni sofort angeschlossen. Man darf dabei allerdings nicht vergessen, das DFN war auch schon ziemlich alt zu dem Zeitpunkt. Interessant ist doch, dass München lange nicht am DFN hing. Das liegt daran, dass das Leibniz Rechenzentrum vorher schon Internet hatte. Dem DNF-Konzept hat man sich in München eher zähneknirschend untergeordnet. Das ist so eine alte München-Berlin-Sache.

Freistaat Bayern ...

Von Bomhard: Klar. Baden-Württemberg hat mit dem BelWü aber das Gleiche gemacht. Einfach ein eigenes Netz gebaut, das man nicht vom Wohl und Wehe der Berliner abhängig macht, die zwar viele Ideen haben, aber nie Geld – und die außerdem super sind im Ausdenken von Regularien. Kleines Beispiel: Die Email-Adress-Konvention des DFN war so lang, dass sie kaum auf eine Seite passte. Die Technische Universität München hatte beispielsweise ursprünglich die Domain tum.edu. Die mussten sich dann aber tu-muenchen.de nennen. Intern hat man weiter tum.edu genutzt. Auch bei der LMU und der tubl.de, das war die Uni Berlin, war es so. Selbst in Berlin hat man sich also nicht so recht dran gehalten.