Motorräder, die Geschichte schrieben, Teil zwei

Seite 2: Legendäre Maschinen

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Die Harley-Davidson XR 750 ist aufgrund ihrer langen Bauzeit das erfolgreichste Sportmotorrad überhaupt. Erst nach 47 Jahren Bauzeit wurde das Sportgerät 2017 durch die XG 750 R abgelöst. Man kann sich wundern, warum daraus nie ernsthaft Straßenmotorräder abgeleitet wurden.

(Bild: Harley-Davidson)

Wer glaubt, Harley-Davidson könnte keinen Sport, tut der Marke unrecht. Bei den in den USA sehr populären Flattrack-Rennen hat sie mehr Meisterschaften geholt, als jeder andere Hersteller, die XR 750 ist aufgrund ihrer langen Bauzeit sogar das erfolgreichste Sportmotorrad überhaupt.

Als 1969 das Hubraumlimit für Flattrack-Rennen auf 750 cm3 neu festgelegt wurde, brauchte Harley-Davidson für die Teilnahme ein neues Modell. Weil aber das Geld knapp war, reduzierten die Entwickler 1970 den Hub an dem bereits existierenden 900er-Rennmotor auf Basis der Sportster, so dass sie auf 748 cm3 und etwa 79 PS kamen. Geänderte Zylinderköpfe ermöglichten, beide Vergaser rechts zu montieren. Zunächst bestanden die Zylinderköpfe aus Eisen und überhitzten rasch, erst als sie 1972 aus Aluminium gegossen wurden, stellte sich der Erfolg des 135 kg leichten Bikes ein.

Die XR 750 holte bis 2015 nicht weniger als 37 Meisterschaften unter berühmten Rennfahrern wie Jay Springsteen (dreimal Champion in Folge) und den späteren 500er-Grand-Prix-Weltmeistern Kenny Roberts, Eddie Lawson, Freddie Spencer und Nicky Hayden. Am Ende ihrer ruhmreichen Karriere leistete die XR 750 gut 100 PS – in einem luftgekühlten 750er-V2-Motor, der aus den 1960er-Jahren stammte. Topspeed lief der Flattracker bis zu 185 km/h, wenn er die Geraden auf den Rennovalen hinunterdonnerte. Vorderradbremsen besitzen Flattracker übrigens nicht, die Kurven werden genommen, indem die Fahrer die Maschinen spektakulär querstellen.

Rechts die Harley-Davidson XR 750, links ihr Nachfolger XG 750 R. Die ganze Geschichte

(Bild: Harley-Davidson)

Erst 2017 wurde die XR 750 durch die XG 750 R abgelöst – nach 47 Jahren Bauzeit. Verkauft wurde die XR 750 ausschließlich an Rennteams, leider hat Harley-Davidson den Flattracker nie konsequent in ein straßenzugelassenes Serienmodell umgesetzt, die 1983 präsentierte XR 1000 sowie die XR 1200 von 2008 waren eher halbherzige Versuche, die nicht dem Potenzial der XR 750 entsprachen und nur kurze Bauzeiten fanden.

Mit leichterem Kettenantrieb, Scheibenbremsen (ihre Vorgängerin hatte sie bereits!) und einem konkurrenzfähigen Preis hätte die MV Agusta der Honda CB 750 Four gefährlich werden können. Immerhin – den Ruhm des ersten quer eingebauten Reihenvierers in Serie kann Honda MV nicht nehmen.

(Bild: Felix Hasselbrink)

MV Agusta hatte bis weit in die 1970er Jahre hinein einen Ruf wie Donnerhall. Den ersten WM-Titel holte die italienische Marke 1952 in der 125er-Klasse. Insgesamt sammelte MV Agusta 38 Weltmeisterschaften und stellte mit 17 aufeinanderfolgenden WM-Titeln in der 500er-Klasse einen Rekord für die Ewigkeit auf. So verwundert es nicht, dass der Fahrer mit den meisten WM-Titeln, Giacomo Agostini, 13 seiner 15 Weltmeisterschaften auf MV Agusta holte, den letzten für die italienischen Marke im Jahr 1973.

Natürlich wollte MV Agusta die Siege in klingende Münze umwandeln. 1966 erschien die MV Agusta 600 als erstes straßenzugelassenes Motorrad mit quer eingebautem Reihenvierzylinder. Er ging auf eine Konstruktion von Piero Remor aus dem Jahr 1928 zurück. Der Ingenieur baute den Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen 1934 in das Rennmotorrad C.N.A. Rondine ein. Zwei Jahre später wurde sie zur Gilera Rondine und die Marke eroberte von 1951 bis 1957 sechs Weltmeisterschaften.

Zu dem Zeitpunkt war Remor bereits zu MV Agusta gewechselt und verhalf ihr zu WM-Siegen. Die MV Agusta 600 wies 1966 zwar mit ihrem um 30 Grad nach vorne geneigten und zwei obenliegenden Nockenwellen versehenen Reihenvierzylinder bereits die Merkmale moderner Motorenkonstruktionen auf, war jedoch mehr als Tourer ausgelegt und fand lediglich 127 Käufer.

  • 75 Jahre MV Agusta
  • Die Marke holte von 1951 bis 1957 Siege mit einem im Prinzip über zwei Jahrzehnte alten Vierzylinder, der seiner Zeit dennoch unerhört weit voraus war.

(Bild: MV Agusta)

Erfolg brachte erst 1970 die 750 S, die dem Rennbike wesentlich ähnlicher sah. Mit 743 cm3 Hubraum leistete der Zweiventiler mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zwei Vergasern 72 PS und brachte 200 km/h. Das bildschöne Sportmotorrad hatte den damals typischen langen Tank und tief angebrachte Stummellenker, nach denen sich der Fahrer weit strecken musste. Ihre vier verchromten Auspuffrohre ließen keinen Zweifel über die Zylinderzahl aufkommen.

Zum Leidwesen der Sportfahrer versah MV Agusta die 750 S aber mit einem schweren Kardanantrieb zum Hinterrad, was ihr Gewicht auf 230 kg trieb und unnötig Leistung fraß. Auch kamen lediglich Trommelbremsen zum Einsatz, während Honda an der CB 750 Four längst Scheibenbremsen bot. Ein Jahr später debütierte die MV Agusta 750 Super Sport mit einer Vollverkleidung und 76 PS. Da die italienischen Diven damals schon sehr teuer waren, blieben ihre Produktionszahlen übersichtlich. Heute erzielen die 750er von MV Agusta bei Auktionen sechsstellige Summen.

Damals exotisch, heute nahezu unvorstellbar: Suzuki GT 750 mit Dreizylinder-Zweitakter. Man nannte sie Wasserbüffel wegen ihrer Flüssigkeitskühlung und des guten Durchzugs.

(Bild: Suzuki)

Zu Beginn der 1970er Jahre wollte Suzuki zunächst nicht dem Trend der Viertaktmotoren folgen, sondern setzte auf einfachere, aber leistungsstarke Zweitaktmotoren. 1970 präsentierte die Marke seine GT-Baureihe mit Dreizylinder-Zweitaktmotoren in den Hubraumgrößen 371, 543 und 739 cm3. Die GT 750 verfügte, sechs Jahrzehnte nach der 1908 in Bradford/England gebauten Scott Standard, wieder einmal über eine serienmäßige Wasserkühlung. Erst die GT ebnete der Flüssigkühlung den Weg in die dauerhafte Anwendung.

Die Ingenieure von Suzuki kühlten den großen Zweitakter mit seinen 67 PS mit einem Wassermantel im Motor und einem breiten Kühler vor dem Brustrohr des Rahmens. Die Kühlung und ihr bulliger Durchzug brachten der ab 1972 auch in Europa (hier allerding mit nur 52 PS) erhältlichen GT 750 den Spitznamen "Wasserbüffel". Ihre Fahrleistungen waren für damalige Zeiten beeindruckend, so erreichte sie fast 200 km/h und beschleunigte in unter fünf Sekunden von 0 auf 100 km/h, trotz ihres relativ hohen Gewichts von 251 kg. Die Kurbelwelle des Dreizylinders wies einen Hubzapfenversatz von 120 Grad auf, was ihr einen kultivierten Motorlauf bescherte.

Den Komfort erhöhte ein serienmäßiger Anlasser, der Kickstarter blieb – zur Sicherheit. Dass ein großer Zweitakter nicht gerade sparsam mit Sprit und Öl (trotz Getrenntschmierung) umging, versteht sich von selbst und trotz der über acht Liter Verbrauch galt sie als gutes Tourenmotorrad. Die GT 750 blieb bis 1978 in Produktion und kam auf 65.700 verkaufte Exemplare, dann sorgten strenger werdende Emissionsvorschriften für ihr Ende. Aber nach ihr erhielten zunehmend mehr Modelle aller Marken Flüssigkeitskühlung, bis sie schließlich heute (fast) gar nicht mehr ohne auskommen, um die Emissionsvorgaben zu erfüllen.

(fpi)